Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Legenden der Albae: Tobender Sturm (Die Legenden der Albae 4) (German Edition)

Die Legenden der Albae: Tobender Sturm (Die Legenden der Albae 4) (German Edition)

Titel: Die Legenden der Albae: Tobender Sturm (Die Legenden der Albae 4) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
Vom Netzwerk:
Einfluss auf die Unauslöschlichen«, sagte er zum rothaarigen Kartenmeister, als müsste er es ihm erklären, »die gegen eine Ausbreitung des Reiches waren. Im Gegensatz zu den Kometen.« Er richtete die schwarz gefärbten Augen auf die Wipfel. »Wenn ich es recht bedenke: Wir hätten uns auch Bäume nennen können: tief verwurzelt, mächtig und stark, dem Sturm trotzend und ausharrend, um die Erde zu halten, in der man aufgewachsen ist.«
    Irïanora hüstelte sehr deutlich, Hitze und Geschwafel machten sie ungeduldig und forsch. »Oheim, sei mir nicht böse, doch Bethòras und ich würden gerne unseren Rundgang und die Prüfung der Karte fortsetzen.«
    Shôtoràs schnalzte mit der Zunge. »Sicherlich. Ich gerate schon wieder ins Erzählen.« Er drehte sich schwungvoll um; dabei erzeugte sein wirbelnder Gewandsaum einen leichten Windzug, der ausreichte, um die Karte anzuheben.
    Das dünne Papier rutschte vom Stein und drohte, in die Tiefe zu gleiten.
    »Vorsicht!« Bethòras schnellte nach vorne und griff nach einer Ecke, um zu verhindern, dass die Zeichnung hinab in Dsôn Dâkiòns Straßen segelte und umständlich gesucht werden musste.
    Shôtoràs setzte indes seine Drehbewegung um die eigene Achse fort. Der gebogene Griff des Stocks traf den jungen Alb überraschend zwischen die nackten Schulterblätter und schob ihn mit kräftigem Druck über die Mauer hinaus. Während Bethòras schreiend in die Tiefe verschwand, zuckte der metallene Schnabel hinab und pinnte die Karte fest.
    »Nimm sie«, verlangte er schneidend von Irïanora, die ihn entsetzt anstarrte.
    »Du … du hast …« Zitternd vor Angst und Wut brachte sie das Papier in Sicherheit.
    Shôtoràs nutzte den Griff, um genau in die Falte ihres blauen Kleides zu stoßen, wo sie die Schiffszeichnung verborgen hatte. Der gebogene, spitze Schnabel aus Tionium durchbohrte das Papier und ritzte ihre Haut. Ein Ruck, und der Regent hatte es an sich gebracht. Den Schnitt in der Haut der Albin und den Schlitz in ihrem Gewand ignorierte er.
    Bastard! Irïanora sog die Luft ein, der Kratzer brannte. Sie kannte den kalten Ausdruck auf dem Antlitz ihres Oheims, daher schwieg sie vorsichtshalber.
    Durch die Stille erklangen die ersten, weit entfernten Aufschreie der Albae, die Bethòras’ zerschmetterten Leichnam auf der Straße entdeckt hatten.
    »Einigkeit«, wiederholte Shôtoràs und hob zum Unterstreichen seiner Worte die gefaltete Zeichnung, an der ihr Blut haftete. »Das gilt auch für unsere Stadt. Ich kann es nicht hinnehmen, dass meine eigene Nichte Pläne betreibt, die dem zuwiderlaufen, was ich als richtig erachte und was für unser Überleben notwendig ist.«
    »Ich wollte nur ein Boot bauen, um den Tronjor entlangzufahren und …«, sprach sie bebend und ballte die Hände zu Fäusten.
    »Du«, unterbrach er sich zischend, »möchtest eine Flotte erschaffen, um damit Fluss und Küste entlang bis nach Elhàtor zu fahren, um die Insel anzugreifen.«
    »Es ist nur ein kleines Schiff «, widersprach sie.
    »Es ist ein Anfang «, fuhr Shôtoràs sie an. »Ein Anfang, der in einen Krieg mündet und zum Untergang beider Städte führt. Schau dich um: Was geschah mit den anderen Siedlungen? Sie stritten sich und gingen unter. Denkst du« – er machte einen hinkenden Schritt auf sie zu –, »dass ich das zulassen darf?«
    »Und wenn ich einen Plan hätte, um Modôia und ihre Gefolgschaft in die Knie zu zwingen?« Irïanora reckte das Kinn.
    »Den hast du nicht. Solltest du auf deine kindischen Versuche anspielen, die Onwú und andere Seevölker gegen Elhàtor aufzuwiegeln, rate ich dir: Lass ab davon, Nichte.«
    »Bedenke, welche Macht wir hätten, wäre Elhàtor uns tributpflichtig. Ihre Flotte ist unbesiegt und unschlagbar.« Sie schluckte aufgeregt. »Und wir können uns endlich dafür rächen, dass Modôia uns viele Bewohner abspenstig machte, als sie auf dem Weg zum Meer …«
    Shôtoràs griff den Stock blitzschnell um und versetzte ihr einen harten Hieb in die Seite, sodass sie mit einem Schmerzensschrei einknickte und an der Mauer zu Boden rutschte. »Wage es nicht noch einmal«, drohte er. »Beim nächsten Mal trifft dich der Schnabel. Zwei Städte, verbunden durch Achtung und wachsamen Respekt. Mehr wird es nicht geben.«
    Vor ihren Augen zerriss er den Schiffsplan in kleine Fetzen und warf ihn über die Mauer. Schneegleich stoben die Stückchen auseinander und trudelten davon, verteilten sich im Flug und schienen in der Hitze zu schmelzen wie

Weitere Kostenlose Bücher