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Die Legenden von Attolia 1: Der Dieb (German Edition)

Die Legenden von Attolia 1: Der Dieb (German Edition)

Titel: Die Legenden von Attolia 1: Der Dieb (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Whalen Turner
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geschrieben worden war, und auch Dinge, die nie jemand niedergeschrieben hatte. Wenn der König wissen musste, wie viele Getreidehalme auf einem bestimmten Morgen Land wuchsen, konnte der Magus es ihm sagen. Wenn der König wissen wollte, wie viele Bauern verhungern würden, wenn er diesen Morgen Land abbrannte, dann wusste der Magus auch das. Sein Wissen, dem seine Überredungskunst in nichts nachstand, verlieh ihm die Macht, auf den König einzuwirken, und das machte ihn bei Hofe zu einem einflussreichen Mann. Er hatte meiner Gerichtsverhandlung beigewohnt. Ich hatte ihn auf einer Galerie hinter den Richtern sitzen sehen, die Beine übereinandergeschlagen und die Arme vor der Brust verschränkt.
    Sobald ich mich aus den Ketten entflochten hatte, schlossen die Wärter die Ringe an meinen Füßen mit einem Schlüssel auf, der so dick wie mein Daumen war. Sie beließen die Handschellen an meinen Handgelenken, lösten aber die Kette, mit der sie an dem Ring um meine Taille befestigt waren. Dann zerrten sie mich auf die Füße und aus der Zelle. Der Magus musterte mich von oben bis unten und rümpfte die Nase, vermutlich über meinen Geruch.
    Er wollte meinen Namen wissen.
    Ich sagte: »Gen.« Der Rest interessierte ihn nicht.
    »Nehmt ihn mit«, sagte er, als er mir den Rücken zuwandte und davonschritt. All meine eigenen Instinkte, wie ich das Gleichgewicht halten und mich vorwärtsbewegen konnte, schienen denen der Wachen entgegengesetzt zu sein, und so wurde ich ungefähr so anmutig wie eine kranke Katze den Portikus entlanggeschleift. Wir durchquerten die Wachstube und gelangten zu einer Tür, die durch die Außenmauer des Gefängnisses zu einer steinernen Treppenflucht und einem Hof führte, der zwischen dem Gefängnis und dem Südflügel des königlichen Megarons lag. Die Mauern des Megarons ragten zu drei Seiten vier Stockwerke hoch über unseren Köpfen auf. Die winzige Festung des Königs war unter der Ägide der Eroberer zu einem Palast geworden – und seitdem zu einem noch größeren Palast. Wir folgten einem Wärter, der eine Laterne trug, quer über den Hof zu einer kürzeren Treppe, die zu einer Tür in der Mauer des Megarons hinaufführte.
    Jenseits der Tür reflektierten die weißen Wände eines Ganges das Licht so vieler Lampen, dass es drinnen taghell war. Ich warf den Kopf herum und entwand einer der Wachen meinen Arm, um mir die Augen zu beschirmen. Das Licht traf mich wie Speere, die meinen Schädel durchdrangen. Beide Wärter blieben stehen, und der eine versuchte, meinen Arm wieder zu packen, aber ich entzog ihn ihm erneut. Der Magus blieb stehen, um herauszufinden, was der Lärm zu bedeuten hatte.
    »Lasst seinen Augen einen Moment Zeit, sich an das Licht zu gewöhnen«, sagte er.
    Es würde länger als einen Moment dauern, aber die Minute half. Ich blinzelte mir einige Tränen aus den Augen, als wir unseren Weg durch den Flur fortsetzten. Ich hielt den Kopf gesenkt und die Augen fast geschlossen, und so sah ich erst nicht viel von den Gängen. Sie hatten Marmorböden. Die Fußleisten waren hier und da mit einem Bund Lilien, einer Schildkröte oder einem ruhenden Vogel bemalt. Wir gingen eine Treppe hinauf, wo eine gemalte Hundemeute einen Löwen um die Ecke zu einer Tür hetzte, vor der wir stehen blieben.
    Der Magus klopfte an und ging hinein. Die Wachen manövrierten sich und mich unter einigen Schwierigkeiten durch die enge Tür. Ich blickte mich um, um zu sehen, wer mein unbeholfenes Hereinstolpern mitbekommen hatte, aber das Zimmer war leer.
    Ich war aufgeregt. Mein Blut rauschte wie Wein, der in einem Krug herumschwappte, aber ich war zugleich zu Tode erschöpft. Der Gang die Stufen hinauf hatte sich wie eine Wanderung auf einen Berg angefühlt. Mir waren die Knie weich geworden, und ich war froh, die Wachen zu haben, die zwar ungehobelt waren, mich aber immerhin an den Ellbogen festhielten. Als sie losließen, verlor ich das Gleichgewicht und musste mit den Armen rudern, um nicht hinzufallen. Meine Ketten rasselten.
    »Ihr könnt gehen«, sagte der Magus zu den Wachen. »Kommt in einer halben Stunde zurück, um ihn abzuholen.«
    In einer halben Stunde? Die Hoffnung, die in mir aufgekeimt war, schwand wieder ein wenig. Nachdem die Wärter gegangen waren, sah ich mich im Zimmer um. Es war klein und enthielt einen Schreibtisch und ringsum verteilt mehrere bequeme Stühle. Der Magus stand neben dem Schreibtisch. Die Fenster hinter ihm mussten auf den größeren Hof des Megarons

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