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Die Legenden von Attolia 1: Der Dieb (German Edition)

Die Legenden von Attolia 1: Der Dieb (German Edition)

Titel: Die Legenden von Attolia 1: Der Dieb (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Whalen Turner
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mit nur einem Saal zu einem vierstöckigen Palast herangewachsen war.
    Als wir auf die Straße hinausritten, verschwamm der Hufschlag unserer Pferde mit den anderen Geräuschen der Stadt. Es war unmittelbar vor Mittag, und wir befanden uns mitten in der letzten Aufwallung von Geschäftigkeit, bevor die Menschen sich in ihre Häuser zurückzogen, um die Nachmittagshitze auszusitzen. Es waren noch ein paar Pferde und weitaus mehr Esel auf der Straße unterwegs. Andere Leute gingen zu Fuß oder ließen sich von Dienern in Sänften tragen. Händler brachten ihre Waren in Karren die Straße hinauf und führten dann Esel die schmalen Gässchen entlang zu den Hintertüren der herrschaftlichen Häuser, in der Hoffnung, ihr Gemüse an den Koch, ihr Leinen an die Haushälterin oder ihren Wein an den Kellermeister verkaufen zu können. Es herrschten Getriebe, Geschrei und Lärm, und das genoss ich nach der ständigen erstickten Stille im Gefängnis.
    Wir suchten uns einen Weg durch den Verkehr und zogen neugierige Blicke auf uns. Meine Gefährten waren in robuste Reisekleider gehüllt, während ich noch immer trug, was ich schon im Gefängnis angehabt hatte. Meine Tunika hatte ihr Leben in einem fröhlichen Gelb begonnen, das ich für sehr fesch gehalten hatte, als ich sie mir bei einem Händler in der Unterstadt besorgt hatte. Nun war sie zu einem schmierigen Beige verblasst. Abgesehen von den kleineren Rissen an den Ellbogen wies sie dank der Aufmerksamkeiten des königlichen Magus einen breiteren quer über meinen Schultern auf. Ich fragte mich, was ich seiner Meinung nach tragen sollte, wenn er vorhatte, meine Kleidung noch weiter zu zerfetzen.
    Wir überquerten den oberen Teil der Heiligen Straße, dann den unteren, an dem sich die schönsten Läden der Stadt befanden. Als ich mich von der Kreuzung aus in beide Richtungen umschaute, konnte ich die Sänften und edlen Kutschen sehen, die vor Türen warteten, während die hochwohlgeborenen Besitzer drinnen ihre Einkäufe erledigten. Ein Laden an der Ecke verkaufte ausschließlich Ohrringe, und ich sah betrübt hin, als er an uns vorbeizog. Wir waren zu weit entfernt, und es herrschte zu viel Verkehr, als dass ich auch nur einen Blick auf die Ware, die im Fenster ausgestellt war, hätte erhaschen können.
    Als wir die Unterstadt erreichten, wurde der Verkehr spärlicher, da die Leute sich nach drinnen zurückzogen. Ich hielt vergeblich Ausschau nach einem vertrauten Gesicht. Ich hätte gern jemandem, den ich kannte, gesagt, dass ich frei war, aber ich kannte nicht sehr viele Leute, die mitten am Tag auf offener Straße herumgelaufen wären. Als wir den Hafen erreichten, bogen wir ab und ritten an den Docks entlang zum Südtor der Stadt. Wir passierten die Handelsschiffe, eine Pier voller Boote in Privatbesitz, die zum Fischen und zum Vergnügen dienten, und schließlich die Kriegsschiffe des Königs, die an ihren Anlegern aufgereiht lagen. Ich war so damit beschäftigt, die Kanonen zu zählen, die auf ihren Decks festgeschraubt waren, dass ich beinahe nicht gesehen hätte, wie Philonikes an mir vorüberkam.
    »Philonikes!«, schrie ich und beugte mich aus dem Sattel. »He, Philonikes!« Mehr sagte ich nicht, bevor der Magus mich am Arm packte und wegzog. Er brachte sein Pferd mit einem Tritt zum Antraben, meines ebenfalls, und zerrte mich weiter die Straße entlang. Ich drehte mich um, um Philonikes zuzuwinken, der um eine Ecke verschwand, aber ich bin mir nicht sicher, ob er mich erkannte. Der Magus ritt um eine weitere Ecke, bevor wir langsamer wurden; die anderen drei Reiter beeilten sich, zu uns aufzuschließen.
    »Verdammt!«, sagte der Magus. »Was hast du dir dabei gedacht?«
    Ich deutete zurück und blickte verwundert drein. »Philo ist ein Freund von mir. Ich wollte ihn nur begrüßen.«
    »Glaubst du, ich will, dass jeder in der Stadt weiß, dass du draußen bist und für den König arbeitest?«
    »Warum nicht?«
    »Verkündest du etwa im Voraus, dass du losziehen willst, um etwas zu stehlen?« Er überlegte kurz. »Ja, das tust du. Nun – ich tue es nicht.«
    »Warum nicht?«, fragte ich erneut.
    »Das geht dich nichts an. Halt einfach den Mund, verstanden?«
    »Klar.« Ich zuckte die Achseln.
    Der Knoten aus Pferden und Reitern, den wir mitten auf der Straße bildeten, löste sich auf, als wir unsere Reise fortsetzten. Ich zog den Kopf ein, um mein Lächeln zu verbergen, während mein Pferd hinter dem des Magus herklapperte.
    Am Südtor ritten wir abermals durch

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