Die Legenden von Attolia 4: Die Verschwörer (German Edition)
drei Ländern bedeuten konnte, aber meine Freude hatte selbstsüchtigere Gründe. Mein Onkel hatte aufgehört, Eddis zu umwerben. Er würde eine andere heiraten und vielleicht bald einen Erben zeugen. Meine Mutter warnte mich davor, auf Gerüchte zu vertrauen, aber ich war recht hoffnungsvoll.
Ich schrieb meinem Vater so höflich, wie ich nur irgend konnte, um ihm mitzuteilen, dass mein Fechtstil sich verbessert und ich genug von Gedichten hatte (zumindest von denen Malatestas). Da nun eine Heirat mit Agape, der Cousine der Königin, geplant war, würde es bald einen weit angemesseneren Erben geben, um mich zu ersetzen – dürfte ich also bitte aufs Festland zurückkehren? Ich betete zu den Hausgöttern, mich davor zu bewahren, auch nur noch einen Tag auf Letnos verbringen zu müssen. Binnen eines Tages, nachdem ich den Brief abgeschickt hatte, bekam ich wie ein Dummkopf in einem Ammenmärchen genau das, worum ich gebetet hatte.
Ich überquerte gerade den Hof der Villa, und es war, als sei eine von Terves Lektionen Wirklichkeit geworden. Er hätte genauso gut da sein und rufen können: »Du wirst plötzlich von fünfzehn Männern angegriffen – was tust du?« Nur, dass sie nicht Terves Phantasie entsprungen waren: Sie waren echte Männer, die die Wachen am Vordertor niederschlugen und auf den Hof der Villa strömten.
Terves erste Frage: »Wo ist deine Waffe?« Mein Schwert lag natürlich in meinem Zimmer oben auf der Rückseite des Haupthauses und nützte mir so wenig, als ob es auf dem Mond gelegen hätte. Die Männer verteilten sich auf dem Hof, um alle Hauseingänge abzuriegeln, und bis ich mein Zimmer erreicht hätte, um mein Schwert zu holen, wäre es schon zu spät gewesen, etwas damit anzufangen. Terves Schwert – da war ich mir fast sicher – lag noch in meinem Studierzimmer unter der Liege, unter die mein Vater es angewidert geschleudert hatte, als er den Zustand der Waffe gesehen hatte. Malatesta hatte von meinem Studierzimmer und meinen Büchern Besitz ergriffen und ließ mich nur zu seinen geistlosen Unterrichtsstunden ein; er wusste nicht, dass das Schwert da war, und ich bezweifelte, dass die Diener es weggeräumt hatten. Keiner der Bewaffneten, die über den Hof eilten, war auf dem Weg zum Studierzimmer, das genau gegenüber von meinem Standort lag; die Tür ging auf den Hof hinaus.
Meine Füße bewegten sich schon in diese Richtung, bevor mein Kopf eine Entscheidung gefällt hatte. Das Studierzimmer hatte eine Tür und ein Fenster. Ich sprang durchs offene Fenster, weil das schneller ging, und landete bäuchlings auf dem Steinboden. Ich kroch durch den Staub unter der Liege, bis meine Hand sich um einen steifen Lederriemen schloss. Ich zog das Schwert mühsam aus seiner Scheide und wirbelte, immer noch auf den Knien, herum, als ein Mann in der Tür erschien. Da er aus dem Licht in die Dunkelheit kam, sah er geradeaus, nicht zu mir herunter. Mein Ausfall traf ihn, als ich aufsprang, in die Brust, da ich die Waffe mit der Kraft meiner Beine nach oben trieb. Obwohl das Schwert verrostet war, glitt es durch ihn hindurch, und ich fand zum ersten Mal heraus, wie leicht es ist, einen Menschen zu töten.
Erstaunt zog ich das Schwert heraus und rammte es sofort in den Mann hinter ihm, der so wenig vorgewarnt war wie sein Gefährte. Ich traf diesmal einen Knochen, aber der Schwung des Mannes trieb ihn auf die Schwertspitze. Es war diesmal schwerer, die Waffe wieder herauszuziehen, aber ich zerrte kräftig daran, da ich verzweifelt darauf bedacht war, sie loszureißen.
Terves zweite Frage: »Was wirst du mit der Waffe tun?« Ich wusste, was ich vorhatte: meine Mutter und meine Schwestern zu verteidigen.
Die Villa auf Letnos folgt dem üblichen Bauplan mit einem Hof, der auf drei Seiten von einstöckigen Gebäuden gebildet wird: Mein Studierzimmer lag nahe beim Haupthaus. Das Arbeitszimmer meines Vaters befand sich auf der anderen Seite. Dazwischen gingen Schlafräume, Ställe und Küche auf den Hof hinaus und auch die Schreibzimmer des Verwalters und des Wachoffiziers.
Die vierte Seite des Hofs wurde vom Haupthaus eingenommen. Im obersten Stockwerk lag ein Portikus vor den Frauengemächern; eine Treppe in der Wand führte zu den Dächern der niedrigeren Gebäude empor, und ich wusste, dass ein Abflussziegel sich als Handgriff eignete, wenn man von diesen Dächern zum Portikus hinaufklettern wollte. Ich hatte diesen Weg früher immer eingeschlagen, wenn mein Vater nach mir gesucht hatte und ich ihm
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