Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Legenden von Attolia 4: Die Verschwörer (German Edition)

Die Legenden von Attolia 4: Die Verschwörer (German Edition)

Titel: Die Legenden von Attolia 4: Die Verschwörer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Whalen Turner
Vom Netzwerk:
Gefährte sah grimmig drein. »Wir gehen wohl besser«, sagte er im selben Augenblick, als eine Frauenstimme lauter fragte: »Er hat was getan?«
    Sie wandten sich beide ein wenig zu schnell um und sahen, dass die Mutter der Kinderschar dem kleinsten die Hand auf die Schulter gelegt hatte; der Junge klammerte sich an ihre Röcke. »Wer hat nun was getan?«, fragte der Vater müde. Aber die Frau war nicht wütend auf ihren Sohn.
    »Er sagt, dass der da oben auf der Stele etwas auf den König geschossen und ihn ins Gesicht getroffen hat«, sagte sie. Ihre Worte zogen unwillkommene Aufmerksamkeit von den Umstehenden auf sie. Weitere Köpfe wandten sich ihnen zu.
    »Nein, ich habe nicht …«, versuchte der junge Mann den Vorwurf abzuwehren, aber die Frau ließ seinen Protest nicht gelten, und sein Leugnen wurde von einer kräftigen Ohrfeige des älteren Mannes abgekürzt, der ihn dann am Oberarm packte und so heftig schüttelte, dass ihm die Zähne klapperten.
    »Das ist ja wohl unglaublich!«, rief der Mann. »Und ich weiß nicht, was deine Mutter dazu sagen wird.« Er fluchte derb und entschuldigte sich dann bei der vielfachen Mutter. »Mein Neffe«, erklärte er. »Er bricht seiner armen Mutter das Herz.« Die Mutter nickte argwöhnisch; sie war nur zum Teil befriedigt.
    »Ich würde nie …«, sagte der junge Mann missmutig, nur um noch einmal geschüttelt zu werden.
    »Du hältst jetzt den Mund und kommst mit«, knurrte sein Begleiter.
    Der junge Mann ließ sich fortschleppen, gefolgt vom beifälligen Nicken der Zeugen; er beschwerte sich bitter bei seinem »Onkel«, dass er rein gar nichts Böses getan hätte. Die beiden Männer bogen an der ersten Kreuzung ab, die sie erreichten, und als sie außer Sichtweite der Menge waren, begannen sie schneller zu gehen. Der ältere Mann schleifte den jüngeren noch immer am Arm mit.
    »Wisst Ihr, ich glaube, Ihr dürft mich nicht einfach so behandeln«, bemerkte der jüngere kläglich. Der ältere lachte.
    »Mögen die Götter uns schützen!«, sagte er. »Wir können nur hoffen, dass das kleine Ungeheuer ihnen nicht in diesem Augenblick erzählt, dass ich Euch das Blasrohr gereicht habe.«
    Sie warfen beide einen Blick zurück. Eine kleine Schar schattenhafter Gestalten, die sich schwarz von der sonnenbeschienenen Straße abhoben, erschien hinter ihnen an der Ecke; die Silhouetten ihrer Röcke und Kittel waren leicht zu erkennen.
    »Er hat es ihnen erzählt«, sagte der jüngere Mann.
    »Schneller«, sagte der ältere, und die beiden liefen los. Von Rufen gefolgt rannten sie die Straße entlang und um eine weitere Ecke; dann machten sie schlagartig Halt und glitten dabei fast aus. Sie standen einem Trupp der königlichen Garde gegenüber.
    »Zurück! Zurück!«, rief der ältere Mann und ließ in seiner Aufregung einen sounisischen Akzent hören, den er bisher verborgen hatte. Aber ihr Fluchtweg war schon von den Leuten hinter ihnen abgeschnitten. Ein weiterer Trupp Soldaten bahnte sich einen Weg durch die Menge. Das Gemurmel schwoll beim Anblick der Garde an, und die Schandtat der beiden Männer wurde bei jeder Wiederholung der Erzählung weiter übertrieben. »Sie haben einen Giftpfeil auf den König geschossen!«, hörten sie eine Stimme aus der Menge rufen.
    Zwischen zwei Wohnhäusern befand sich ein schmaler Durchlass, aber es war nur eine Türnische. Der ältere Mann stieß den jüngeren hinein, drehte sich um und stellte sich den Soldaten entgegen. Mit nun deutlich hörbarem sounisischen Akzent warnte er sie: »Euer König will unseren Tod nicht!«
    Stunden später saßen sie hinter Schloss und Riegel in einer dunklen Zelle unter dem Palast. Am Ende hörten sie, wie irgendwo eine Tür krachend aufgestoßen wurde; leise Schritte näherten sich, gefolgt von den schwereren, aber genauso schnellen mehrerer weiterer Personen. Der jüngere Mann sprang auf, aber der ältere, der sich zwischen ihn und die Tür stellte, sah als Erster das Gesicht des Königs von Attolia, als die Tür aufschwang.
    »Wir sind nicht verletzt«, versicherte der Magus von Sounis dem König rasch.
    »Den Göttern sei Dank«, sagte der König. »Ich dachte, ich würde Euch grün und blau geprügelt vorfinden.«
    »Das dachten wir auch«, erwiderte der Magus. Er tauschte einen Blick mit seinem Gefährten, und sie mussten beide lachen; dann zog er den König in eine feste Umarmung.
    »Ich kann nicht lange bleiben; ich befinde mich zwischen zwei Audienzen«, sagte Eugenides, der König von Attolia.

Weitere Kostenlose Bücher