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Die Leiche am Fluß

Die Leiche am Fluß

Titel: Die Leiche am Fluß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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Strippe.»
    «Sind Sie ganz sicher, Lewis, daß Sie nicht gerade mit der geheimnisvollen K höchstpersönlich gesprochen haben?»
    Lewis schüttelte bekümmert den Kopf. Wieder einmal war ihm vor Augen geführt worden, warum er selbst nie etwas ganz Großes im Leben erreichen würde. Morse lag natürlich falsch; Morse lag zu Beginn eines Falles fast immer hoffnungslos und lächerlich falsch. Aber er hatte unweigerlich Ideen, auf die sonst keiner kam.
    «Sie haben zweierlei gefunden, was vielversprechend aussieht, haben Sie vorhin gesagt. Was ist das zweite?»
    Aber ehe Lewis antworten konnte, klopfte es diskret, und PC Roberts steckte respektvoll den unbehelmten Kopf zur Tür herein.
    «Ich habe eine Mrs. Wynne-Wilson hier, Sir, aus einer der Wohnungen im Haus. Sie sagt, daß sie irgendwie mal mit Ihnen reden will.»
    Morse sah von seinem Thukydides auf. «Haben wir nicht schon eine Aussage von ihr, Lewis?»
    An seiner Stelle antwortete Roberts. «Sie sagt, daß sie eine Aussage gemacht hat, Sir, aber als sie erfuhr, daß jemand anders den Fall übernommen hat... Sie meint, Inspector Phillotson wollte irgendwie gar nicht hören, was sie zu sagen hatte.»
    «Ach...»
    «Und sie ist irgendwie ein bißchen schwerhörig.»
    «Irgendwie?» fragte Morse. «Oder irgendwo?»
    «Bitte?»
    «Schon gut...»
    «Soll ich sie reinbringen, Sir?»
    «Hierher? Sie wissen doch, was hier passiert ist, Mann! Die Frau würde uns glatt in Ohnmacht fallen.»
    «Glaub ich nicht, Sir. Sie sagt, daß sie in einem Londoner Krankenhaus ein ganzes Geschwader von Schwestern unter sich hatte.»
    «Eine Mutter Oberin also», sagte Morse.
    «So heißen die heute aber nicht mehr», bemerkte Lewis.
    «Besten Dank, Lewis. Schicken Sie die Dame herein.»

5

    O quid solutis est beatius curis,
    cum mens onus reponit, ac peregrino
    laborefessi venimus larem ad nostrum,
    desideratoque acqiescimus lecto?

    (O was ist seliger, als wenn, der Pein ledig,
    der Geist die Bürden ablegt, und wir dann, müde von ferner Fahrt, zum eigenen Herd zurückkehren und im gewohnten, heißersehnten Bett ausruhn?)
    (Catull, XXXI )

    Am gleichen Nachmittag war Julia Stevens zurückgekommen.
    Sie war pünktlich (sogar ein wenig vor der Zeit) gelandet und bei der Paß- und Zollkontrolle reibungslos durchgekommen, und draußen stand der Bus von Gatwick über Heathrow nach Oxford abfahrbereit, als habe er nur auf sie gewartet. Am Busbahnhof Gloucester Green hatte sie (ohne Schlangestehen) ein Taxi nach East Oxford bekommen und schon von der Kreuzung aus erkannt, daß das Haus nicht abgebrannt war. Der Fahrer hatte ihr die beiden schweren Koffer bis zur Haustür getragen, und als sie jetzt in ihrem Wohnzimmer stand, stellte sie erleichtert fest, daß auch die Einbrecher es verschont hatten.
    Sie war sehr froh, wieder daheim zu sein. Gewöhnlich war sie an den ersten beiden Urlaubstagen melancholisch und fast ein bißchen heimwehkrank, doch das gab sich immer schnell. An den letzten beiden Tagen im Ausland fiel es ihr dann ebenso schwer, von der liebgewordenen Umgebung und neuen Bekannten Abschied zu nehmen.
    Besonders von dem einen oder anderen Vertreter des sogenannten stärkeren Geschlechts.
    Diesmal hatte sie eine Rundreise zu Schweizer und italienischen Seen gebucht. Fahrer und Reiseleiterin hatten ihre Sache gut gemacht, die Landschaft war atemberaubend schön, die Mitreisenden angenehm. Trotzdem hatte sie keine Freude an der Fahrt gehabt. Was ist nur mit mir los, hatte sie gedacht.
    (Dabei wußte sie natürlich ganz genau, was mit ihr los war.)
    Selbstverständlich hatte sie sich nichts anmerken lassen. Und Brenda Brooks hatte eine vergnügte Postkarte aus einem Luxushotel am Luzerner See bekommen:

    Mittwoch

    Amüsiere mich bestens mit einer netten Clique. Zimmer mit Seeblick. Morgen fahren wir nach Triebschen (hoffentlich habe ich das richtig geschrieben), wo Richard Wagner einige Zeit gelebt hat. Gestern war Feuerwerk, allerdings konnte uns niemand sagen, warum. Freitag geht’s nach Lugano.
    Ganz herzliche Grüße, Julia
    P. S. Streicheln Sie bitte St. Giles ganz lieb
    von mir

    Als Julia an jenem Nachmittag in ihre Wohnung kam, roch es dort nach Sauberkeit, nach Pinienölpolitur und Fensterreiniger. Die gute Brenda Brooks...

    Auf dem Küchentisch lag ein Briefchen von ihr:

    Liebe Mrs. S.,

    herzlichen Dank für Ihre Karte, freu mich, daß Sie es schön hatten. St. Giles geht es gut, im Kühlschrank sind noch zwei Dosen Whiskas. Bis Montag. Muß Ihnen was erzählen,

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