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Die Leiche am Fluß

Die Leiche am Fluß

Titel: Die Leiche am Fluß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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eine falsche Fährte locken sollte, was auch gelang. «Wenn ich das etwas ausführlicher erläutern darf...»
    «Wird auch Zeit», brummte Strange.
    Brenda Brooks hatte Mrs. Stevens eingeweiht. Beide kannten jetzt nicht nur McClures Mörder, sondern wußten auch, mit welcher Waffe der Mord begangen worden war und warum Brooks sie nicht hatte beseitigen können.
    An dem Samstag vor dem Mord an McClure hatte Brooks kurz vor Schließung des Museums das Messer aus dem Schaukasten Nr. 52 genommen. Am Montag morgen wollte er eine halbe Stunde früher als sonst zum Dienst kommen und es zurücklegen. Unter fünfzig anderen Messern hätte es niemand vermißt. Außerdem hätte es bis dahin auch deshalb niemand vermissen können, weil das Museum am Sonntag geschlossen war.
    «Warum?» setzte Strange an, aber Morse kam seiner Frage zuvor.
    Warum Brooks diesen komplizierten Weg gewählt und ob er das Messer bereits mit der erklärten Absicht entwendet hatte, einen Mord zu begehen, konnte man jetzt nur noch raten. Gewisse Rückschlüsse ließen sich allenfalls daraus ziehen, daß sich im Haus der Familie Brooks — die offenkundig mit Büchern ansonsten nicht viel am Hut hatte — ein aus der Stadtbücherei entliehenes Exemplar der Unschuld von Father Brown gefunden hatte, in dem Chesterton bemerkt, ein Schlachtfeld sei der sicherste Ort, eine Leiche zu verstecken, was Brooks zu der Folgerung veranlaßt haben mag, ein Schaukasten mit Waffen sei der sicherste Ort, ein Messer zu verstecken.
    Doch aus seinem schönen Plan, das Messer baldmöglichst zurückzubringen, war nichts geworden.
    Natürlich hoffte er, niemand würde etwas merken, und diese Hoffnung war auch nicht unberechtigt. Nicht nur, weil in dem Schaukasten so viele andere Messer lagen, sondern weil die Ausstellungsstücke auf dem Stoff, mit dem der Schaukasten kürzlich neu ausgelegt worden war, noch keine Spuren hinterlassen hatten, so daß man daran nicht erkennen konnte, ob etwas fehlte. Wurde einmal etwas herausgenommen, legte man gewöhnlich ein weißes Kärtchen mit der Aufschrift «Vorübergehend entnommen» an die leere Stelle. Aber es gab keine leere Stelle, denn Brooks hatte nur zwei, drei Messer ein wenig zu verschieben brauchen, um die Lücke zu schließen. Und so vergingen die Tage, ohne daß jemand Verdacht schöpfte.
    Doch außer Brooks wußten zwei weitere Personen Bescheid. Eine davon war Julia Stevens.
    Und so wurde die geniale Idee geboren: Wenn nun Brooks mit ebenjenem Messer ermordet werden würde, das er selbst gestohlen hatte...?
    Dazu war nur zweierlei nötig.
    Erstens mußte ein anderes, aber ganz ähnliches Messer in der Daventry Avenue oder ihrer unmittelbaren Umgebung deponiert werden. Wenn es gefunden wurde (womit früher oder später zu rechnen war), würde die Polizei irgendwann herausbekommen, daß es aus der Brooksschen Küche stammte.
    Zweitens mußte der Schaukasten, aus dem die Mordwaffe entwendet worden war (auf dem Schildchen stand klar und deutlich «Schaukasten 52»), aufgebrochen werden, denn nur bei einer Überprüfung des Inhalts würde sich herausstellen, daß und welches Messer fehlte.
    Und so wurde denn jemand damit beauftragt, den Schaukasten aufzubrechen und den Inhalt ein wenig durcheinanderzubringen (was Brooks seinerzeit tunlichst vermieden hatte), der «Diebstahl» wurde entdeckt und gemeldet, das fehlende Messer ziemlich schnell identifiziert, und vor allem: Die entscheidenden Alibis waren erstellt.
    Wie das?
    Weil es wohl für jeden logisch denkenden Menschen unbestreitbar sein dürfte, daß ein mit einem gestohlenen Messer Ermordeter nur nach dem Diebstahl des Messers getötet worden sein konnte.
    In Wirklichkeit aber war Brooks vor dem Diebstahl des Messers ermordet worden, vermutlich am Vortag, denn daß die beiden Frauen ihn an dem Tag, als sie mit der Schulgruppe nach Stratford gefahren waren, noch lebend gesehen hatten, war natürlich gelogen.
    Unbeantwortet war jetzt eigentlich nur noch die Frage, warum die Leiche so sorgfältig in Plastiksäcke und eine braune Teppichrolle eingepackt worden war, ehe man sie oberhalb der Donnington Bridge in der Isis deponiert hatte. (Die Fahrt dorthin hatte sie wahrscheinlich im Kofferraum eines Autos zurückgelegt, vermutlich dem von Julia Stevens, da sie von den drei Frauen als einzige ein solches Transportmittel besaß.)
    Der Grund dafür lag, so Morse, auf der Hand: Falls oder vielmehr wenn die Leiche gefunden wurde, konnte man dank dieser Umhüllung sicher sein, daß das

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