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Die leichten Schritte des Wahnsinns

Die leichten Schritte des Wahnsinns

Titel: Die leichten Schritte des Wahnsinns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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aufsagen können, wieviel Geld auf welchem Konto und auf welcher Bank war, wieviel in Wertpapierenund wieviel in Immobilien angelegt war und wieviel in der Schattenwirtschaft steckte. Er wußte immer, was sich an den Börsen
     Europas und Amerikas tat, und kannte sich in den Aktienkursen ebensogut aus wie ein professioneller Broker.
    Allerdings hatte auch Regina sich in letzter Zeit mit dieser langweiligen Materie befaßt. Nach und nach holte sie das Versäumte
     heimlich auf, selbst ihr Mann merkte nichts davon. Wenn die Rede auf Banken, Zinsen und derlei trockene Dinge kam, hob sie
     weiterhin schuldbewußt die Hände und sagte: »Da kenne ich mich überhaupt nicht aus. Auf allen anderen Gebieten bin ich firm,
     aber in diesen Dingen bin ich ein blutiger Laie.«
    Wäre sie bis zu diesem Zeitpunkt wirklich ein blutiger Laie in Finanzdingen geblieben, dann hätte sie nun Grund zur Panik
     gehabt. Was Wenja, nach der schweren Grippe noch immer angeschlagen, mit den Bankkonten anstellte, erfragte sie nicht nur
     beim Buchhalter Grischa, sondern auch bei anderen zuverlässigen Informanten.
    Jetzt saß sie mit einem ihrer heimlichen Berater in einem kleinen, gemütlichen Restaurant, schlürfte Likör aus einem Glas,
     das flach wie eine Untertasse war, und blickte nachdenklich in die klaren hellbraunen Augen des jungen Juristen. Dieser Junge
     hätte ihr Sohn sein können. Hübsch, als wäre er einer Rasierwasserreklame entsprungen, verströmte er auch den männlich-herben
     Duft dieses Wässerchens in dem kleinen, abgedunkelten Saal. Vermutlich hatte er vor dem Treffen eine ganze Flasche davon über
     sich ausgegossen.
    Na, Kleiner, dachte sie träge, glaubst du etwa, es wirkt sich positiv auf deine Finanzen und deine Karriere aus, wenn du mich
     alte, gleichgültige Frau ins Bett zerrst? Du bist auch jetzt nicht arm und hast alle Chancen – jedenfalls, wenn du rechtzeitig
     merkst, daß es von schlechtem Geschmack zeugt, sich derart reichlich mit dem Duft eines»echten Mannes« zu begießen. Du hast an der Sorbonne studiert und bist ein aufgewecktes Kerlchen. Du brauchst nicht mit mir
     zu kokettieren.
    »Es gibt da noch etwas, Regina Valentinowna«, sagte der junge Mann und legte seine heiße Hand vorsichtig auf die ihre, »nur
     fürchte ich, diese Information …« Er räusperte sich und verstummte.
    »Keine Angst«, sagte Regina sanft, »nenn die Dinge ruhig beim Namen. Willst du sagen, diese Information kostet noch zusätzliches
     Geld?«
    »Wo denken Sie hin!« Der junge Mann wurde rot. »Darum geht es überhaupt nicht.«
    »Worum dann?«
    »Die Information ist vorläufig noch sehr vage, andererseits aber äußerst brisant. Aber für Sie, Regina Valentinowna, gehe
     ich das Risiko ein.«
    Oho! dachte Regina vergnügt. Du willst mich tatsächlich ins Bett kriegen. Weißt du eigentlich, Bürschchen, wie alt ich bin?
    »Nur zu, Antoscha, sprich weiter«, sagte sie laut, lehnte sich zurück und blinzelte ihm fröhlich zu. »Was willst du zum Tausch
     für dein brandheißes Geheimnis? Vor mir brauchst du dich nicht zu genieren, ich könnte deine Mutter sein.«
    Aber Anton genierte sich. Er errötete und merkte, wie das Hemd unter dem Jackett verräterisch feucht wurde.
    »Ich glaube«, sagte er kaum hörbar, »darüber sollten wir besser an einem anderen Ort reden. Wenn Sie nichts dagegen haben
     …«
    »Na, du machst es aber spannend!« sagte Regina kopfschüttelnd. »Das sind ja die reinsten Staatsgeheimnisse. Wo können wir
     beide uns denn unterhalten?«
    »Wenn Sie einverstanden sind …« Er machte eine heroische Anstrengung, holte tief Luft und platzte heraus: »Bei mir zu Hause!«
    Unter den Angestellten des Konzerns ging nun schon seit zwei Wochen das Gerücht, der Chef habe sich ein Liebchen zugelegt.
     Früher hatten sich alle über die unverbrüchliche Treue des erlauchten Paares gewundert. Weder Wolkow noch die Gradskaja hatten
     sich irgendwelche Affären erlaubt. Alle waren gewohnt, sie als eine unzertrennliche Einheit zu betrachten. Nun aber munkelte
     man, und mancher wollte es sogar schon genau wissen, daß der Chef den Kopf verloren habe.
    Als Anton Konowalow im Auftrag der Gradskaja unauffällig die Finanzen des Konzerns überprüfte, fand er bald heraus, daß der
     Chef im Moment mit nichts anderem als der Teilung des gemeinsam erwirtschafteten Vermögens beschäftigt war. Eins mußte man
     ihm allerdings lassen – das riesige Kapital des Konzerns teilte er ehrlich zwischen sich und seiner Frau

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