Die Lennox-Falle - Roman
verstehen Sie doch?«
»Ja, das verstehe ich. Ich bin auch nervös. Darf ich Ihnen eine Frage stellen?«
»Aber natürlich, Sir.«
»Was ist die Lieblingsfarbe meiner Frau?«
»Rot, immer Rot. Oder heller - Rosa oder Pink.«
»Und was ist ihr Lieblingsgericht, wenn sie auswärts ißt?«
»Dieses Kalbfleischgericht - es hat einen italienischen Namen. ›Piccata‹, glaube ich.«
»Sie hat ein Shampoo, das sie immer benutzt, können Sie mir sagen, wie es heißt?«
»Mein Gott ja, ich mußte es bei uns in der Drogerie bestellen und es ihr in die Universität schicken. Eine flüssige Seife mit einer Substanz, die sich Ketoconzole nennt.«
»Vielen Dank, Mr. Schneider. Das ist für uns beide sehr schmerzhaft.«
»Für mich noch viel mehr, Sir. Sie war so ein nettes Kind und so intelligent. Ich kann einfach nicht begreifen, was auf dieser Welt geschieht.«
»Ich auch nicht, Mr. Schneider. Vielen Dank.« Courtland legte den Hörer auf und sank in seinen Sessel zurück. »Die beiden ersten Antworten hätten getürkt sein können, aber die letzte nicht.«
»Wieso?«
»Das Shampoo. Es ist nur auf Rezept erhältlich; ein vorbeugendes Mittel gegen eine Form der Dermatitis, an der sie gelegentlich leidet. Sie hat nie gewollt, daß jemand es erfährt, also muß ich es unter meinem Namen für sie kaufen - so wie Mr. Schneider das auch mußte.«
»Sind Sie überzeugt?«
»Ich wollte, ich könnte jetzt nach Paris zurückfliegen, als wäre nichts geschehen, aber das ist ja wohl nicht möglich, nicht wahr?«
»Nein, das ist es nicht.«
»Das ist alles so verrückt. Vor Janine führte ich eine gute Ehe, dachte ich. Eine großartige Frau, wunderbare Kinder, aber das State Department hat mich in der Welt herumgeschickt. Südafrika, Kuala Lumpur, Marokko, Genf, das alles als erster Attaché, und dann Finnland, mein erster Botschafterposten.«
»Man hat Sie die Ochsentour machen lassen.«
»Und mich hat es meine Familie gekostet.«
»Wie ist Janine Clunes in Ihr Leben getreten?«
»Wissen Sie, das ist eine interessante Frage. Eigentlich weiß ich es gar nicht so recht. Mir ging es nach der Scheidung so, wie es wahrscheinlich den meisten geht - ich habe allein in einem Apartment gewohnt statt in einem Haus, Frau und Kinder waren wieder in Iowa, und ich war auf mich selbst gestellt und suchte krampfhaft nach Ablenkung. Eine Art Schwebezustand wahrscheinlich. Aber das Ministerium rief immer wieder an und sagte, ich sollte auf dieser Party oder jenem Empfang erscheinen. Und dann, eines Abends, es war in der britischen Botschaft, war da diese reizende junge Dame, lebhaft und intelligent, die mir irgendwie den Eindruck vermittelte, als fühle sie sich zu mir hingezogen. Sie hielt meinen Arm, als wir von Gruppe zu Gruppe gingen, wo man nette Dinge über mich sagte. Aber das waren alles Diplomaten, die ich kannte, und ich nahm das nicht ernst. Sie aber schon, und das hat sie beeindruckt, und das wiederum war gut für mein Ego, das was mir davon noch geblieben war … den Rest können Sie sich sicherlich selbst ausmalen.«
»Das ist nicht schwer.«
»Nein, das ist es nicht. Aber was jetzt kommt, ist schwer. Was soll ich denn tun? Wahrscheinlich sollte ich wütend sein, voll Zorn über ihren Verrat. Aber ich kann nichts dergleichen empfinden. Ich fühle mich bloß leer und ausgebrannt. Ich werde natürlich zurücktreten. Es wäre ja albern, wenn ich meinen Posten behielte. Wenn man einen hohen Beamten im Auswärtigen Dienst so täuschen kann, dann sollte er zusehen, daß er von der Bildfläche verschwindet.«
»Ich glaube, Sie könnten sich selbst und Ihrem Land einen viel besseren Dienst erweisen«, sagte Sorenson.
»Wie denn? Soll ich vielleicht nach Paris zurückkehren und das alles irgendwie reparieren?«
»Nein, Sie sollten das Schwierigste tun, was man sich überhaupt vorstellen kann. Nämlich nach Paris zurückkehren, als ob wir uns nie begegnet wären, als ob dieses Gespräch nie stattgefunden hätte.«
Courtland saß wie vom Blitz getroffen da und starrte den Direktor von Consular Operations stumm an. »Einmal ganz davon abgesehen, daß das unmöglich ist«, sagte er schließlich, »ist es auch unmenschlich. Ich wäre dazu nie imstande.«
»Sie sind ein hochqualifizierter Diplomat, Mr. Ambassador. Wenn Sie das nicht wären, wären Sie nie in Paris gelandet.«
»Aber was Sie da von mir verlangen, geht weit über Diplomatie hinaus. Es geht an den Kern meines Wesens, mein innerstes Ich. Ich wäre nie imstande,
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