Die Lennox-Falle - Roman
Aufenthalt in dem Café aus ihr herausgepreßt … Mein Gott, wann hört das endlich auf?«
Draußen schien die Nachmittagssonne aus einem wolkenlosen Himmel, ein perfekter Tag für einen Spaziergang auf den Boulevards oder im Jardin des Tuileries oder am Seineufer entlang, um den Booten zuzusehen, wie sie unter den Brücken dahinglitten. Paris im Sommer konnte wunderbar sein.
Für Janine Clunes-Courtland war der Tag nicht nur wunderbar, sondern auch ein Symbol des Triumphs. Sie war für einen oder zwei Tage von der Anwesenheit eines langweiligen Ehemanns befreit, der immer noch von einer anderen Frau träumte und noch häufig im Schlaf ihren Namen aussprach. Ein paar Augenblicke lang dachte sie, wie nett, wie befriedigend jetzt doch eine Affäre sein müßte, ein Liebhaber, der sie so befriedigen konnte, wie die handverlesenen Studenten in Chicago. In der deutschen Botschaft gab es einen Attaché, einen attraktiven Mann Anfang Dreißig, der recht auffällig mit ihr geflirtet hatte; sie könnte ihn anrufen, und er würde sofort gelaufen kommen, wohin auch immer sie vorschlug, das wußte sie. Aber das durfte nicht sein, so verlockend der Gedanke auch war; sie mußte ihre Freizeit unmittelbaren, weniger eigensüchtigen Interessen widmen. Sie hatte sich für die Zeit der Abwesenheit ihres Mannes in der Abteilung D und R Urlaub genommen unter dem Vorwand, es gäbe Besorgungen für den Haushalt, die sich in seiner Abwesenheit leichter erledigen ließen. Niemand hatte Einwände gehabt, und sie hatte auch Daniels Assistenten wissen lassen, daß sie auf der Suche nach neuen Stoffen für ihre Wohnung sei … Nein, die Botschaftslimousine brauche sie nicht; es gehe hier ganz und gar um Dinge des persönlichen Geschmacks und das State Department brauche nicht für die Kosten aufzukommen.
Wie leicht ihr die Worte über die Lippen kamen. Aber warum auch nicht? Schließlich war sie seit ihrem neunten Lebensjahr auf ihre Aufgabe vorbereitet worden. Aber ein Taxi erlaubte sie dem Assistenten zu rufen.
Man hatte Janine, ehe sie Washington verließ, die Adresse und den Kontaktcode für ein Mitglied der Bruderschaft gegeben. Er war in einem Schuhsalon auf den Champs-Élysées zu finden; der Name »André« mußte zweimal in einem kurzen Gespräch erwähnt werden. Sie nannte dem Taxifahrer die Adresse, lehnte sich zurück und legte sich die Information zurecht, die sie nach Deutschland schicken würde … die Wahrheit natürlich, aber so formuliert, daß die Führung nicht nur ihre außerordentliche Leistung bewundern, sondern auch erkennen mußte, wie klug es sein würde, sie nach Bonn kommen zu lassen. Schließlich war der Botschafterposten Amerikas in Frankreich eine der wichtigsten diplomatischen Positionen in Europa und hatte im Augenblick einen so hohen Stellenwert, daß das State Department sich für einen erfahrenen Mann entschieden hatte. Und sie war die Frau jenes erfahrenen Diplomaten. Man hatte ihr gesagt, daß der erst kürzlich geschiedene Beamte bald zum Star des State Department aufsteigen würde. Der Rest war leicht; Daniel Courtland war einsam und deprimiert und suchte die Tröstungen, die sie ihm bieten konnte.
Das Taxi hielt vor dem Schuhgeschäft, daß eigentlich eher eine Lederboutique war. Glänzende Stiefel, Sättel und verschiedene Reitutensilien füllten die geschmackvoll dekorierten Schaufenster. Janine Clunitz stieg aus und schickte das Taxi weg.
Dreißig Meter dahinter hielt der Wagen des Deuxième Bureau im Parkverbot. Der Fahrer griff nach dem Hochfrequenztelefon und wurde sofort mit Moreaus Büro verbunden. »Ja«, antwortete Moreau selbst, da er noch keine neue Sekretärin hatte und man den Tod Moniques geheimhielt.
»Madame Courtland hat gerade La Selle et les Bottes auf den Champs-Élysées betreten.«
»Seltsam«, wunderte sich der Chef des Deuxième, »im Dossier des Botschafters ist nichts von einem Interesse für Pferde erwähnt.«
»Das Geschäft ist auch wegen seiner Stiefel berühmt. Sehr dauerhaft und äußerst bequem, wie man mir sagt.«
»Können Sie sich Courtland in Stiefeln vorstellen?«
»Die Madame vielleicht?«
»Wenn sie solches Schuhwerk liebt, hätte ich eher erwartet, daß sie zu Charles Jourdan oder in den Ferragamo-Laden an der St-Honoré geht.«
»Wir berichten nur, was wir sehen, Monsieur. Soll ich meinen Kollegen hineinschicken, damit er ein wenig rekognoszieren kann?«
»Gute Idee. Sagen Sie ihm, er soll sich das Warenangebot ansehen und sich nach
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