Die letzte Eskorte: Roman
Burschen und einem Mann wie Saint-Denis hätte größer nicht sein können: Der eine wollte um jeden Preis gefallen und versuchte stets, sich auszuzeichnen, der andere war nicht mehr als ein Dilettant. Wickham würde auch dann Karriere in der Navy machen, wenn sein Vater ein einfacher Händler wäre. Seine Beziehungen mochten hilfreich sein, notwendig waren sie nicht.
»Mr Wickham, kann ich davon ausgehen, dass Sie sich nicht weigern, wenn ich Ihnen anböte, Sie zum Dritten Leutnant zu machen?«
»Nein, ich würde mich nicht weigern, Sir! Haben Sie vielen Dank, Sir! Das ist eine große Ehre.«
»Es ist unerlässlich. Sie sind erst sechzehn und dürften eigentlich frühestens in drei Jahren eine solche Position einnehmen, aber wir brauchen dringend einen Leutnant, und ich denke, dass Sie diesem Posten gerecht werden.«
»Ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, um Sie nicht zu enttäuschen, Mr Hayden. Ich meine, Kapitän.«
»Das bezweifle ich nicht. Ich bedaure, dass Sie keine Kabine in der Offiziersmesse beziehen können, da die beiden Geistlichen untergebracht werden mussten. Aber ich bin sicher, dass Sie in der Messe stets willkommen sein werden.«
»Danke, Sir.«
»Wie macht sich unser neuer Midshipman auf See? Er ist doch nicht etwa seekrank?«
»Keineswegs, Sir. Er weiß eine Menge über Schiffe und die Navy, Kapitän. Weitaus mehr als ich, als ich zum ersten Mal an Bord kam. Aber er war ja auch die meiste Zeit seines Lebens auf Schiffen.« Wickham hielt inne. »Sein Vater besitzt ein Händlerboot.«
Hayden war überrascht. »Hat er Ihnen das erzählt?«
»Nein, Sir. Ich habe ihn erkannt. Gelegentlich half er seinem Vater – wenn er gerade nicht in der Schule war. Ich denke, ich werde nicht der Einzige sein, der sich an ihn erinnert, Kapitän.«
»Rechnen Sie deswegen mit Schwierigkeiten?«
Wickham schaute in seine Tasse und schwenkte sie leicht kreisend. »Nun, Sir, sein Glaube bedeutet mir nichts, aber die Admiralität könnte anders darüber denken.«
»Er ist darauf vorbereitet, gegebenenfalls das Sakrament zu empfangen.«
»Dann ist er also längst Christ? Nichts hindert ihn in seinem Werdegang?«
»Sie haben ja gehört, was Mr Smosh beim Essen gesagt hat. Der Kirche ist es gleich, wie die Menschen zu ihr finden. Wie der treffliche Reverend, so hat vielleicht auch Gould die Karriere nötiger als den neuen Glauben, aber darüber habe ich nicht zu befinden.«
»Er ist sehr klug und fähig. Ich hoffe doch stark, dass die Männer ihn akzeptieren.«
»Ja, hoffen wir es. Lassen Sie sich von Saint-Denis sagen, welche Wache Sie zu übernehmen haben.«
»Aye, Sir. Und nochmals vielen Dank, Kapitän.«
Hayden machte eine wegwerfende Handbewegung. »Sie können ebenso gut an diesem Schauspiel teilnehmen – stellvertretender Kapitän, stellvertretender Leutnant. Wir sind alle Schauspieler, wie es scheint, und die See ist unsere Bühne.« Hayden musste lächeln, als er an den »Romeo« Moat dachte.
Draußen vor der Kajütentür waren Wickhams eilige Schritte auf den Stufen zu hören – wie ein Fohlen, das zum ersten Mal auf die Weide gelassen wird.
Da Hayden erst für den kommenden Abend zum Essen in der Offiziersmesse eingeladen war, aß er nun allein in seiner Kajüte und lauschte die ganze Zeit auf die Windgeräusche. Aufmerksam verfolgte er die Bewegungen des Schiffes. Der Wind aus nördlicher Richtung hielt an und brachte den Konvoi in den offenen Atlantik, aber es blies ein kalter Wind, und Hayden war froh, als sein Diener ihm ein dampfendes Mahl servierte.
Als die Deckel von den Warmhalteplatten gelüftet wurden, war Hayden überrascht, ein französisches Mahl vorzufinden, mit exquisiten Soßen.
»Gütiger Gott«, sagte er schließlich zu seinem Diener, »hat etwa Jefferies dieses Essen zubereitet? Es ist ausgezeichnet!«
Der Diener unterdrückte ein selbstzufriedenes Grinsen. »Nicht ganz, Sir. Childers und Dryden erfuhren, dass Sie keinen Koch haben, Sir, also haben sie Ihnen einen besorgt. Ich hoffe, Sie sind damit einverstanden, Sir.«
»Einverstanden? Ich muss die beiden ausdrücklich loben. Ich werde mich persönlich bei ihnen bedanken. Wer ist denn dieser Mann – der Koch, meine ich?«
»Rosseau, Kapitän.«
»Er ist Franzose ...« Hayden überkam eine Vorahnung. »Ein émigré? «
»Das weiß ich nicht genau, Kapitän, aber ich denke, ja.«
»Nun, ich bin froh, dass so ein Mann sich bereit erklärt, zur See zu fahren. Ich muss ihn kennenlernen. Würden Sie ihn zu mir
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