Die letzte Eskorte: Roman
Essen, Monsieur Rosseau. Très bon. Merci .«
K APITEL FÜNF
Winde wechselnder Stärke und Richtung trieben den Konvoi in unruhigen Stößen durch den Golf von Biskaya. Ushant blieb backbord unsichtbar, während Kapitän Pool hoffte, aus dem Englischen Kanal in den offenen Atlantik zu gelangen, ohne von Kaperfahrern bemerkt zu werden. Aber der Übergang vom Kanal zum Atlantik war eine der verkehrsreichsten Schifffahrtslinien der Erde, und Segel waren immer sichtbar. Hayden hatte keinen Zweifel daran, dass sich die Nachricht von ihrem Konvoi schneller verbreitete, als sie selbst vorankamen. Sie würden ihr nicht davonsegeln können.
Hayden konnte nicht schlafen und litt überdies an einer leichten Verdauungsstörung. Daher ging er am frühen Morgen ihres dritten Tages an Deck. Er fand Wickham und Barthe auf dem Quarterdeck, wo sie in gedämpfter Unterhaltung zusammenstanden. Die Nachtluft war unangenehm stickig, und die Decks waren noch nass von einem kürzlich niedergegangenen Regen. Der West-Nordwest wehte nur schwach. Vor sich sah Hayden ein paar unstet aufblinkende Lichter der einzelnen Schiffe des Konvois.
Mit lauter Stimme wandte sich Hayden an die Männer am Steuer, um seinen Offizieren seine Anwesenheit ins Bewusstsein zu bringen. So mancher Kapitän war schon an Deck gekommen und hatte mit anhören müssen, wie man in nicht gerade schmeichelhaften Worten über ihn sprach, und das wollte Hayden vermeiden.
»Kapitän«, grüßte Barthe und hob die Hand an den Hut.
Hayden erwiderte den Gruß. »Ich hoffe, alles ist in Ordnung?« Die Art, wie sie sich gaben – recht ernst, fast ängstlich –, ließ Hayden jedoch daran zweifeln.
»Wir glauben schon, Sir«, erwiderte Barthe, »aber Mr Wickham ist sich ziemlich sicher, dass er vor etwa einer Stunde steuerbord voraus in ungefähr zwei Meilen Entfernung ein Licht gesehen hat. Und dann wieder vor gerade mal ein paar Minuten etwas mehr dwars.«
»Es war nur für einen Augenblick, Sir, als der Regen nachließ«, fügte der junge Mann hinzu.
»Haben wir einen Nachzügler?« Dabei wandte Hayden sich um und blickte in die Richtung, aus der das Licht sichtbar gewesen war. Wickham konnte schärfer als jeder andere an Bord Dinge im Dunkeln sehen. Deshalb war Hayden geneigt, die Beobachtung ernst zu nehmen.
»Ich hoffe nicht, Kapitän«, antwortete Barthe. »Dennoch würde es mich nicht überraschen. Sollte eines der Schiffe zurückgeblieben sein, so haben wir aber bis jetzt kein Signal erhalten.«
»Es ist bald hell, und dann werden wir es wissen.« Nun machte Hayden einen Rundgang über das Deck, wobei er mit den Wachen und einigen der Matrosen sprach.
Hayden war bemüht, sich die Namen der neuen Leute einzuprägen und ihren Charakter einzuschätzen. Mehrere Männer waren Seeleute in der Handelsflotte gewesen und hatten sich gut eingefügt. Aber unter den ursprünglichen Landratten, von denen die meisten zum Dienst gepresst worden waren, gab es, wenn auch nicht gerade Unzufriedenheit, so doch Mutlosigkeit und Verwirrung. Hayden kannte das: Männer, die aus ihrer vertrauten Umgebung gerissen und in eine Situation geworfen worden waren, die sie weder erstrebt noch überhaupt verstanden hatten. Um sie herum das feindliche Meer mit gegnerischen Schiffen, die sie suchten. Das reichte, um den stärksten Charakter ins Wanken zu bringen. Ein kleines Prisengeld würde ihnen gut tun, dachte Hayden. Aber der Dienst auf Schiffen eines Konvois bot dazu nur eine geringe Chance.
Als Hayden seinen Rundgang auf dem Deck beendet hatte, war die Röte des Osthimmels einem schwachen Silber gewichen, und die trübe, unruhige Meeresoberfläche erstreckte sich bis zu einem nahe erscheinenden Horizont. Hayden kehrte auf das Quarterdeck zurück, wo Barthe und Wickham an der Reling lehnten, der füllige Master neben dem schlanken Jungen. Wickham deutete mit der Hand nach Westen, und beide blickten angestrengt auf das Meer hinaus.
»Dort! Sehen Sie?« Wickham tippte dem Master an den Arm.
»Nein. Aber ich kann nicht glauben, dass eines unserer Transportschiffe so weit luvwärts abgekommen ist. Ah, Kapitän«, wandte Barthe sich an Hayden, der näher gekommen war. »Wickham hat in dem Dunst Segel ausgemacht. Ein Schiff, das mit uns Kurs hält, und dann vielleicht ein Schoner, der sich nach Nordost fortbewegt. Sollen wir Pool Signal geben?«
Hayden stützte sich mit den Händen auf die nasse Reling und spürte die beißende Kälte. »Machen Sie die Signalflaggen bereit, aber lassen Sie
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