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Die letzte Flut - Die letzte Flut - Flood

Titel: Die letzte Flut - Die letzte Flut - Flood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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immer wieder aufeinander.
    Mit der Zeit summierten sich das Datensammeln und die Nachrichtenübermittlung im persönlichen Gespräch zu so etwas wie einem kontinuierlichen globalen Workshop, der immer größere Bedeutung erlangte. Die Zivilbevölkerung war zu sehr damit beschäftigt, einfach nur die Herausforderungen der nächsten vierundzwanzig Stunden zu bewältigen,
und die Regierungen hatten alle Hände voll damit zu tun, die Grundversorgung der geplagten Bürger ihrer Länder sicherzustellen - und an ihrer eigenen Macht festzuhalten. Nur im unaufhörlichen Gespräch der umherziehenden Wissenschaftler wurde ein planetares Bewusstsein der jüngsten Vorgänge aufrechterhalten.
    Und als zentrales Element dieses Prozesses hatte sich das Ritual der Kaminrunde herausgebildet. Wenn sich in Nächten wie dieser eine Gruppe zusammenfand, saß man um ein reales oder metaphorisches Lagerfeuer, um zu trinken, zu rauchen, zu vögeln - und was am wichtigsten war, man redete sich alles vom Herzen, was man gesehen hatte. Im Allgemeinen wurden die Sitzungen von Spracherkennungssystemen transkribiert und in die Überreste des Internets hochgeladen, so dass eine Geschichtsdokumentation der Flut in Form mündlicher Berichte von Fachleuten entstand.
    Doch Thandie sagte: »Nee. Bei der Kaminrunde können wir’s später ausschmücken. Bis dahin fühle ich mich hier sehr wohl.« Sie überkreuzte die Beine in dem kalten Wasser mal nach vorne, mal nach hinten. »Wollt ihr nun was von Südamerika hören oder nicht?«
    Gary nickte. »Schieß los!«
    »Also, zunächst mal verschwinden die Gletscher in den Anden …«
     
    Während die Meere stiegen, schritt die globale Erwärmung schneller denn je voran. Das hatte zur unmittelbaren Folge, dass Städte an der Pazifikküste Südamerikas, deren Trinkwasserversorgung vom Schmelzwasser der Gletscher abhängig war, auf dem Trockenen saßen, als die Gletscher verschwanden.
Auch andere Städte an ähnlichen Orten in Nordamerika und den Ausläufern des Himalaja litten in zunehmendem Maße unter Trinkwassermangel.
    Währenddessen hatte es Thandie zufolge an der südamerikanischen Ostküste, im ausgedehnten Mündungsgebiet des Rio de la Plata, einen großen Meereseinbruch gegeben. Küstenstädte, wie Montevideo und Buenos Aires, waren ohnehin schon längst untergegangen, doch nun drang das Meer Hunderte von Kilometern nordwärts vor und überflutete das Tiefland von Argentinien, Uruguay und Paraguay. Eine noch dramatischere marine Inkursion hatte die Amazonasmündung und das Flusstal heimgesucht und dort ein gewaltiges Binnenmeer geschaffen. »Der Regenwald stirbt selbst dort ab, wo er nicht im Wasser versunken ist«, sagte Thandie. »Er verrottet einfach.«
    »Und wird dadurch zu einer weiteren Kohlendioxidquelle statt zu unserem größten landgebundenen Kohlenstoffspeicher, wie er es sein sollte«, fügte Elena hinzu. Ihr Spezialgebiet waren globale ökologische Kreisläufe. »Mehr Treibhaus.«
    »Yep«, sagte Thandie. »Jedes bisschen hilft.«
    Und jede dieser nüchtern verzeichneten Inkursionen würde natürlich eine verzweifelte Schar von Flüchtlingen vor sich hertreiben, dachte Gary, und hinter ihr würden versunkene, leichenübersäte Groß- und Kleinstädte zurückbleiben. Solche Dinge verstanden sich mittlerweile von selbst.
    Nachdem Thandie einige Zeit mit Lily in Peru verbracht hatte, waren sie zusammen in die Staaten gereist, um die Suche nach Grace voranzutreiben. Aber die Regierung war gerade dabei gewesen, aus dem überfluteten Washington nach
Denver, Colorado, umzusiedeln, der höchstgelegenen Landeshauptstadt. Und dort, so Thandie, habe sie einen Eindruck davon gewonnen, was aus Nordamerika wurde.
    Florida und Louisiana waren jetzt praktisch nicht mehr vorhanden; dort gab es nur noch Bergungsteams, die über den überschwemmten Ruinen der Städte arbeiteten. Die großen Prärien der Osthälfte des Kontinents wurden rasch überflutet, und in allen Oststaaten gab es gewaltige Wanderbewegungen von Flüchtlingen nach Westen. Eine große Gemeinschaft formte sich in den noch nicht vom Flutwasser erfassten Appalachen, dem höchstgelegenen Gebiet zwischen der Ostküste und den Rockies. Amerikas größtes Problem war eine heftige Dürre, die das landwirtschaftlich geprägte Herzland heimsuchte. Währenddessen wurden beide Küsten von einer Hurrikanseuche befallen; die Hurrikane nahmen jedes Jahr an Zahl und Stärke zu, gewaltige Stürme, die von der Wärme des Meerwassers genährt wurden und

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