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Die letzte Flut - Die letzte Flut - Flood

Titel: Die letzte Flut - Die letzte Flut - Flood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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Besitztümern abgenommen hatte.
    Auf weiteren, im Kreis an den Wänden aufgestellten Stühlen saßen die Geiseln in ihren T-Shirts und Shorts, mit bloßen Füßen; silberne Paketbandstreifen klebten noch an ihnen. Vier außer ihr: Also waren alle hier; sie waren noch zusammen.

    Helen Gray drückte Grace an sich, ihr Baby, das man ihr nach der Verlegung zurückgegeben hatte, der Mittelpunkt ihrer ganzen Welt. Sie war fünfundzwanzig Jahre alt, hochgewachsen und auffallend blass unter ihren Sommersprossen. Sie sah sehr englisch aus, sehr zerbrechlich. Gary Boyle, der noch jüngere amerikanische Wissenschaftler, saß verwirrt und wie betäubt da. Seine Angst und Verzweiflung brachten stets das Tyrannenhafte in ihren Bewachern zum Vorschein; seine Arme und Beine waren voller blauer Flecken von den Schlägen, die er bekam.
    Piers hockte zusammengesunken auf seinem Stuhl, ein schmutziges Handtuch über dem Gesicht. Piers Michaelmas, ein hoher britischer Offizier, war damals Lilys Hauptpassagier im Hubschrauber gewesen. Er hatte für eine westliche Allianz gearbeitet, die bestrebt gewesen war, die neue Militärregierung zu stützen. Schon vor vielen Monaten hatte er sich hinter seine Handtücher und Augenbinden zurückgezogen und sprach nur mehr selten ein Wort.
    John Foreshaw schließlich, ein amerikanischer Zivilist, der für ein ausländisches Unternehmen tätig war, prüfte seine Handschellen, wie immer gereizt und ungeduldig; am gefährlichsten war er in solchen Übergangssituationen.
    In den schmutzigen Kleidern, käsebleich vom Mangel an Tageslicht, sahen sie sich mit ihren tief in den Höhlen liegenden Augen, ihren abgeschnittenen Haaren und ausgemergelten Gesichtern alle so ähnlich, dachte Lily. Männer und Frauen, Briten und Amerikaner, Militärs und Zivilisten, Junge und nicht mehr so Junge. Aber sie waren allesamt weiß, waren allesamt Briten oder Amerikaner - und das waren die Kategorien, die sie als Geiseln wertvoll machten.

    Ansonsten gab es hier nichts, keine der üblichen Utensilien einer langen Gefangenschaft, die Schaumstoffmatratzen und schmutzigen Decken, die Plastikbeutel, in die sie sich entleeren mussten, die alten Cola-Flaschen, die ihr Trinkwasser und ihren Urin enthielten. Diesmal waren nur sie selbst hier.
    John sprach als Erster. »Und wo, zum Teufel, sind wir jetzt?«
    Jaume nahm die Zigarette aus dem Mund und blies eine Wolke kaum inhalierten Rauchs aus. Wie die anderen dieser »Väter der Auserwählten« war er kaum älter als zwanzig, nur halb so alt wie John, Piers und Lily.
    »La Seu«, sagte er.
    »Wo? Was hast du gesagt? Warum könnt ihr Scheißkerle nicht vernünftig reden?« John war einmal fett gewesen; jetzt hing ihm die Haut schlaff von den Wangen und unter dem Kinn, als wäre sie ausgeleert worden.
    Gary Boyle ergriff das Wort. »La Seu. Das ist die Kathedrale. Der heiligen Eulalia geweiht, einer dreizehnjährigen Märtyrerin. Als Kind war ich mal mit meinen Eltern hier …« Er blickte sich um. »Mein Gott. Das ist die Krypta. Wir sind in der Krypta einer Kathedrale angekettet!«
    »Ist bloß ein weiteres Dreckloch, mehr nicht«, stieß John zwischen den Zähnen hervor. »An den Wänden läuft Wasser runter. Wir werden ertrinken, verdammt noch mal, wenn wir nicht vorher an Lungenentzündung verrecken!«
    »Heilige Stätte«, warf Jaume ihnen in seinem alles andere als akzentfreien Englisch lässig hin. »Gott hier bei euch.« Er machte sich auf den Weg zu einer im Schatten liegenden Treppe. Die anderen folgten ihm.

    »Hey!«, rief John ihnen nach. »Wo wollt ihr hin? Wo sind unsere Matratzen? Hier gibt’s nichts zu essen. Nicht mal einen Beutel zum Reinscheißen.«
    »Gott sorgt für euch«, erwiderte Jaume. »Hat sich seit neuntem Jahrhundert um Heilige gekümmert, wird sich auch um euch kümmern.«
    John zerrte an seinen Ketten, sie rasselten laut in dem geschlossenen Raum. »Ihr wollt uns hier krepieren lassen, stimmt’s?«
    Lily fragte sich im Stillen, ob er recht haben könnte. Nichts deutete darauf hin, dass hier ein längerer Aufenthalt vorgesehen war. Sie ließ sich auf den Gedanken ein, auf die Vorstellung, dass sie sterben würde, und merkte, dass sie keine Angst davor hatte. Fünf Jahre lang hatte sie sich in der launenhaften Obhut ängstlicher, unwissender junger Männer befunden; auch ohne die grausamen Spielchen und all die Scheinhinrichtungen hatte sie sich längst an den Gedanken gewöhnt, dass ihrem Leben jederzeit aus einer Laune heraus ein Ende gesetzt

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