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Die letzte Kolonie

Titel: Die letzte Kolonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Scalzi
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Normalerweise benutzte die KVA keine Nanoboter, um normale menschliche Körper zu reparieren oder größere Veränderungen durchzuführen, aber rein technisch war so etwas durchaus möglich. »Es muss eine winzige Menge gewesen sein. Gerade genug, um mich zu impfen, damit sie sich reproduzieren konnten.«
    In meinem Kopf ging ein Lämpchen an. »Du hattest Fieber.«
    Jane nickte. Sie sah mich immer noch nicht an. »Das Fieber. Und ich hatte die ganze Zeit Hunger und Durst.«
    »Wann ist es dir aufgefallen?«
    »Gestern«, sagte Jane. »Ich habe ständig Sachen verbogen und zerbrochen. Als ich Zoë umarmt habe, musste ich aufhören, weil sie sich beschwerte, dass ich ihr wehtue. Ich habe Savitri auf die Schulter getippt, und sie wollte wissen, warum ich sie geschlagen habe. Ich kam mir den ganzen Tag lang unglaublich tollpatschig vor. Und dann sah ich Stross .« Jane spuckte den Namen geradezu aus. »Da wurde mir klar, was geschah. Ich war nicht tollpatschig, ich wurde verändert . Ich
wurde wieder zu dem, was ich früher war. Ich habe dir nichts gesagt, weil ich dachte, dass es keine Rolle spielte. Aber seitdem habe ich es im Kopf und kriege es nicht mehr raus. Ich habe mich verändert.«
    Endlich blickte Jane zu mir auf. Ihre Augen schimmerten feucht. »Ich will das nicht«, sagte sie eindringlich. »Ich habe es aufgegeben, als ich mich für ein Leben mit Zoë und dir entschieden habe. Es war meine Entscheidung, und es tat weh , es aufzugeben. Mich von allen Menschen zu verabschieden, die ich gekannt habe.« Sie tippte sich an die Schläfe, um auf den BrainPal zu deuten, den sie nicht mehr hatte. »Auf ihre Stimmen zu verzichten, die die ganze Zeit bei mir gewesen waren. Zum ersten Mal auf diese Weise ganz allein zu sein. Es hat geschmerzt, die Einschränkungen dieses Körpers zu erfahren, all die Dinge, die ich nun nicht mehr tun konnte. Aber ich hatte mich dafür entschieden. Und es angenommen. Ich habe versucht, das Schöne darin zu sehen. Und zum ersten Mal in meinem Leben wusste ich, dass das Leben mehr ist als das, was unmittelbar vor mir liegt. Ich lernte, nicht nur die Sterne zu sehen, sondern Konstellationen zu erkennen. Mein Leben ist dein Leben und Zoës Leben. Unser gemeinsames Leben. Das war mehr wert als alles, was ich zurückgelassen habe.«
    Ich ging zu Jane und umarmte sie. »Alles ist gut.«
    »Nein, ist es nicht.« Jane stieß ein kurzes, verbittertes Lachen aus. »Ich weiß genau, was Szilard gedacht hat. Er dachte, er würde mir helfen, uns helfen, indem er etwas Übermenschliches aus mir macht. Aber er weiß nicht, was ich weiß. Wenn jemand mehr als ein Mensch ist, ist er gleichzeitig weniger als ein Mensch. Ich habe die ganze Zeit mühsam gelernt, menschlich zu sein. Und er hat es mir einfach so wieder weggenommen.«

    »Du bist immer noch du«, sagte ich. »Daran hat sich nichts geändert.«
    »Ich hoffe, dass du recht hast«, sagte Jane. »Ich hoffe es sehr.«

6

    »Dieser Planet riecht wie Achselschweiß«, sagte Savitri.
    »Schön.« Ich war noch damit beschäftigt gewesen, mir die Stiefel anzuziehen, als Savitri herübergeschlendert kam. Schließlich hatte ich es geschafft und stand auf.
    »Sagen Sie mir, dass ich Unrecht habe.« Savitri kraulte Babar, der sich erhoben hatte und zu ihr gegangen war.
    »Es ist nicht so, dass Sie Unrecht hätten«, sagte ich. »Ich dachte mir nur, Sie sollten vielleicht etwas mehr Ehrfurcht empfinden, weil sie sich auf einer völlig neuen Welt befinden.«
    »Ich wohne in einem Zelt und pinkle in einen Eimer. Und dann muss ich den Eimer quer durch das ganze Lager tragen und den Inhalt in einen Tank kippen, damit die Kläranlage daraus Dünger macht. Vielleicht würde ich mehr Ehrfurcht vor diesem Planeten empfinden, wenn ich nicht den halben Tag lang damit beschäftigt wäre, meine Ausscheidungen durch die Gegend zu tragen.«
    »Versuchen Sie, nicht so viel zu pinkeln.«
    »Oh, danke«, sagte Savitri. »Mit dieser Lösung haben Sie auf geniale Weise den Gordischen Knoten zerschlagen. Jetzt weiß ich auch, warum Sie hier das Kommando haben.«
    »Die Eimerlösung ist sowieso nur vorläufig.«
    »Das haben Sie mir auch schon vor zwei Wochen gesagt.«
    »Dann muss ich mich entschuldigen, Savitri. Mir hätte klar sein sollen, dass zwei Wochen nicht ganz ausreichen, um eine soeben gegründete Kolonie in das Stadium des Luxuslebens zu führen.«

    »Nicht in einen Eimer pinkeln zu müssen ist kein Leben im Luxus«, sagte Savitri. »Es ist nicht mehr als eine der

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