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Die letzte Kolonie

Titel: Die letzte Kolonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Scalzi
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diesem Teil des Universums gibt, wo profunde Unwissenheit herrscht, dann ist es die Erde.« Mit einer vagen Geste deutete sie auf unsere Umgebung. »Wie viel von dem hier wusstest du, als du noch auf der Erde gelebt hast? Versuch dich zu erinnern. Als du losgezogen bist, um dich von der KVA rekrutieren zu lassen, hattest du keine Ahnung, wie es hier zugeht. Du wusstest nicht einmal, wie man aus dir einen Kämpfer machen würde. Die Koloniale Union hält die Erde praktisch unter Quarantäne, John. Keine Kommunikation mit den übrigen
von Menschen besiedelten Welten. Der Informationsfluss in beide Richtungen wird unterbunden. Die Koloniale Union versteckt nicht nur den Rest des Universums vor der Erde. Sie versteckt auch die Erde von dem Rest des Universums.«
    »Sie ist die Heimat der Menschheit. Natürlich ist die KU daran interessiert, dass die Erde nicht allzu viel Aufmerksamkeit auf sich lenkt.«
    »Um Himmels willen!«, regte sich Jane auf. »Du kannst doch nicht so blöd sein und wirklich daran glauben! Die KU versteckt die Erde doch nicht aus sentimentalen Gründen, sondern weil die Erde ihr wichtigster Nachschublieferant ist. Sie ist eine Fabrik, die unablässig Kolonisten und Soldaten ausspuckt, von denen keiner auch nur die leiseste Ahnung hat, was hier draußen los ist. Denn es liegt gar nicht im Interesse der KU, dass die Menschen auf der Erde Bescheid wissen. Also erfahren sie nichts. Auch du hast nichts erfahren. Du warst genauso unwissend wie alle anderen. Also erzähl mir nicht, dass man so etwas nicht verheimlichen kann! Das Überraschende ist nicht, dass die Koloniale Union dir die Existenz des Konklave verschwiegen hat. Das Überraschende daran ist, dass du irgendwann doch etwas darüber erfahren hast!«
    Jane trommelte wieder einen Moment lang auf der Tischplatte, dann schlug sie mit der Hand kräftig auf die Fläche. »Scheiße!«, sagte sie. Dann vergrub sie das Gesicht in den Händen, um anscheinend ihre Wut zu unterdrücken.
    »Ich möchte jetzt wirklich wissen, was mit dir los ist«, sagte ich.
    »Es ist nicht wegen dir«, sagte sie. »Du bist nicht der Grund, dass ich sauer bin.«
    »Das freut mich zu hören. Aber nachdem du mich vorhin als unwissend und blöd bezeichnet hast, verstehst du vielleicht,
warum ich mich frage, ob du mir in diesem Punkt die Wahrheit gesagt hast.«
    Jane streckte mir eine Hand entgegen. »Komm her.«
    Ich ging zum Tisch hinüber.
    Sie legte meine Hand auf den Tisch. »Ich möchte, dass du etwas für mich tust«, sagte sie. »Ich möchte, dass du so kräftig wie möglich auf den Tisch haust.«
    »Wie bitte?«
    »Tu es einfach«, sagte Jane. »Bitte.«
    Der Tisch bestand aus dem üblichen Karbonfaserkunststoff mit gedruckter Holzoberfläche: preiswert, dauerhaft und nicht leicht kaputt zu kriegen. Ich ballte die Hand zur Faust und ließ sie auf den Tisch krachen. Es gab einen dumpfen Laut, und mein Unterarm schmerzte ein wenig vom Schlag. Der Tisch vibrierte heftig, blieb ansonsten jedoch unversehrt. Vom Bett blickte Babar auf, um zu sehen, welchen Blödsinn ich veranstaltete.
    »Autsch«, sagte ich.
    »Ich bin ungefähr genauso stark wie du«, sagte Jane tonlos.
    »Vermutlich.« Ich trat vom Tisch zurück und rieb mir den Unterarm. »Allerdings bist du in besserer Kondition als ich. Vielleicht bist du ein wenig stärker.«
    »Ja«, sagte Jane, und dann, ohne sich von ihrem Sitzplatz am Tisch zu erheben, schlug sie mit einer Hand auf die Tischplatte. Der Tisch brach mit einem Knall wie von einem Gewehrschuss in der Mitte durch. Eine Hälfte der Platte flog quer durch den Raum und schlug eine Delle in die Tür. Babar winselte und kroch auf dem Bett zurück.
    Ich starrte meine Frau an, die ausdruckslos auf das blickte, was vom Tisch übrig geblieben war.
    »Dieser Mistkerl Szilard!«, verfluchte sie den Leiter der
Spezialeinheit. »Er wusste genau, was man für uns geplant hat. Stross ist einer von seinen Leuten. Also musste er Bescheid wissen. Er wusste, womit wir es zu tun bekommen. Und er entschied, mir einen Körper der Spezialeinheit zu geben, ob ich nun einen wollte oder nicht.«
    »Wie?«, fragte ich.
    »Wir haben zusammen Mittag gegessen«, sagte Jane. »Er muss mir etwas ins Essen getan haben.« Die Körper der Kolonialen Verteidigungsarmee ließen sich aufrüsten – bis zu einem gewissen Grad -, und das wurde häufig durch Injektionen oder Infusionen von Nanobotern bewerkstelligt, die die Umbauten oder Nachbesserungen des Körpergewebes vornahmen.

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