Die letzte Kolonie
damit anfangen, die Leute aus dem Dorf auszusiedeln.«
»Es wäre mir lieb, wenn jeder Kolonist eine Waffengrundausbildung erhielte.«
»Das klingt nach einer guten Idee«, sagte ich. »Aber die Mennoniten wirst du nicht so leicht davon überzeugen können.«
»Genau deswegen mache ich mir Sorgen.«
»Dann wirst du dir eben Sorgen machen müssen.«
»Sie sind unsere Enzyklopädie«, sagte Jane. »Sie wissen, wie man all die nicht automatischen Maschinen bedient und Dinge herstellt, ohne Knöpfe zu drücken. Ich möchte nicht, dass sie gefressen werden.«
»Wenn du für die Mennoniten eine Sonderwache abstellen willst, habe ich damit kein Problem. Aber wenn du glaubst, du könntest sie davon abhalten, so zu sein, wie sie sind, wirst du eine Überraschung erleben. Und weil sie so sind, wie sie sind, haben sie die Fähigkeit, unseren Arsch zu retten.«
»Ich verstehe nichts von Religion«, sagte Jane.
»Aus der Innenperspektive betrachtet ergibt es mehr Sinn«, sagte ich. »Außerdem musst du es auch gar nicht verstehen. Du musst es nur respektieren.«
»Ich respektiere es«, sagte Jane. »Genauso wie ich die Tatsache
respektiere, dass dieser Planet zweifellos viele Möglichkeiten hat, uns umzubringen. Aber ich weiß nicht recht, ob die anderen Leute das auch respektieren werden.«
»Es gibt nur einen Weg, es herauszufinden«, sagte ich.
»Wir beide haben noch gar nicht darüber gesprochen, ob wir selbst eine Farm betreiben wollen.«
»Ich glaube nicht, dass wir auf diese Weise unsere Zeit sinnvoll nutzen würden«, sagte ich. »Wir sind die Verwalter einer Kolonie, und wir müssen ohne automatische Hilfsmittel auskommen. Wir werden genug zu tun haben. Wenn es in Croatoan etwas leerer geworden ist, werden wir uns ein nettes kleines Haus bauen. Wenn du möchtest, kannst du einen Garten anlegen. Wir sollten auf jeden Fall einen eigenen Garten haben, um Obst und Gemüse anzupflanzen. Wir könnten Zoë die Verantwortung übertragen. Dann hätte sie etwas zu tun.«
»Ich hätte gerne einen Blumengarten«, sagte Jane. »Mit Rosen.«
»Tatsächlich?«, sagte ich. »Du hast dich doch bisher nie für hübsche Dinge interessiert.«
»Darum geht es nicht«, sagte Jane. »Sondern weil dieser Planet wie Achselschweiß riecht.«
7
Roanoke umkreiste seine Sonne in 305 Tagen. Wir entschieden, das Roanoke-Jahr in elf Monate aufzuteilen, sieben zu 29 und vier zu 30 Tagen. Wir benannten die Monate nach den zehn Kolonialwelten, von denen unsere Leute kamen, und einen nach der Magellan . Den ersten Tag des Jahres datierten wir auf den Tag unserer Ankunft auf Roanoke, auf den 1. Magellan. Die Schiffsbesatzung war gerührt, was gut war, aber als wir uns auf die Benennung der Monate geeinigt hatten, schrieben wir bereits den 29. Magellan. Ihr Monat war schon fast vorbei. Darüber waren sie nicht so begeistert.
Kurz nach unserer Entscheidung, mit der Aussiedlung der Kolonisten zu beginnen, bat mich Hiram Yoder um ein Gespräch unter vier Augen. Es bestand kein Zweifel, sagte er, dass die Mehrheit der Kolonisten nicht für die Arbeit als Farmer qualifiziert war. Die Leute waren an modernerer Ausrüstung ausgebildet worden und hatten Schwierigkeiten mit den arbeitsintensiveren Geräten, die die Mennoniten benutzten. Unsere Vorräte an schnell wachsendem, genetisch modifiziertem Saatgut würden uns ermöglichen, schon nach zwei Monaten die erste Ernte einzufahren – jedoch nur, wenn wir wussten, was wir taten. Aber wir wussten es nicht, und das bedeutete, dass uns möglicherweise eine Hungersnot drohte.
Yoder schlug vor, dass die Mennoniten die gesamte Landwirtschaft der Kolonie übernahmen, um zu gewährleisten, dass wir nicht in drei Monaten wie eine interstellare Variante der Donner Party endeten. Die Mennoniten würden die anderen
Kolonisten auf ihren Farmen beschäftigen und gleichzeitig ausbilden. Ich war sofort damit einverstanden. In der zweiten Woche des Albion hatten die Mennoniten unsere Bodenproben ausgewertet und auf Grundlage ihrer Erkenntnisse Felder mit Weizen, Mais und verschiedenen anderen Nutzpflanzen angelegt. Sie weckten die Honigbienen aus ihrem Winterschlaf, damit sie ihren Bestäubungstanz aufführten, trieben das Vieh auf die Weiden und brachten den Kolonisten von neun anderen Welten (und einem Schiff) die Vorteile der Mischkultur und biointensiver Landwirtschaft und die Geheimnisse der Maximierung des Ertrags auf möglichst kleiner Fläche bei. Ich entspannte mich allmählich, und Savitri, die bereits
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