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Die letzte Lagune

Die letzte Lagune

Titel: Die letzte Lagune Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Remin
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abgegeben hatte»,
sagte Flyte. «Auf dem Rückweg. Er hat mich fast direkt
vor meiner Haustür erwischt. Ich muss sofort das Bewusstsein
verloren haben, denn ich kann mich an nichts mehr erinnern. Zwei
Kroatische Jäger haben mich wohl gefunden und ins Ognissanti
gebracht.»
    «Haben Sie den
Mann erkennen können, der auf Sie gefeuert
hat?»
    Flyte schüttelte
den Kopf. «Es war dunkel, und der Mann trug eine Maske. Aber
er hat etwas zur mir gesagt. Er hat gefragt: Mr. Flyte? Dabei hat er
geflüstert. Offenbar wollte er sicher sein, dass er nicht den
Falschen erwischt.»
    «Wenn er
geflüstert hat, war seine Stimme nicht zu erkennen»,
sagte Tron.
    «Doch. Denn der
Mann hat gelispelt. Hatten Sie schon Kontakt mit Hofrat
Lodron?»
    «Noch
nicht», sagte Tron. «Aber ich sehe ihn nachher im
Danieli.»
    «Achten Sie
darauf, wie er das «S» ausspricht. Lodron
stößt mit der Zunge an.» Flyte fischte das
Wasserglas von seinem Nachttisch und trank einen Schluck. Dann
sagte er: «Übrigens hat er mir gestern einen Besuch in
der Marciana abgestattet.»
    «Was wollte
er?»
    «Immer noch die
Tagebücher. Dann hat er noch gesagt, dass die Angelegenheit
eine Nummer zu groß für mich ist.»
    «Was soll eine
Nummer zu groß sein?»
    «Das hat er
nicht verraten», sagte Flyte. «Inzwischen bin ich
überzeugt davon, dass sich Teile der Tagebücher Zanetto
Trons in der Hofbibliothek gefunden haben.» Flyte seufzte und
schüttelte nachdenklich den Kopf. «Und irgendetwas muss
in diesen Tagebuchfragmenten gestanden haben. Etwas, das so brisant
ist, dass Hofrat Lodron sofort nach Venedig aufgebrochen
ist.»
    «Und was
könnte das sein?»
    «Ich weiß
es nicht», sagte Flyte achselzuckend. «Vielleicht hat
es etwas mit dem Sonderauftrag zu tun, den Zanetto Tron
erwähnt hat. Oder mit dem Glas, von dem Pater Francesco
gesprochen hat.» Er sah Tron an. «Erinnern Sie
sich? Das
Glas wird dir Unglück bringen, Dandolo.»
    «Hat Lodron
Ihnen gedroht, als er Sie in der Marciana besucht
hat?»
    Flyte schüttelte
den Kopf. «Er hat mir nur den Rat gegeben, aus der Stadt zu
verschwinden, solange ich noch auf freiem Fuß bin. Stimmt es,
dass Sie gegen mich ermitteln? Ich soll Petreili angeheuert und ihn
anschließend in seiner Wohnung getötet
haben.»
    «Spaur hat mich
angewiesen, Ihr Alibi für die Nacht von Sonnabend auf Sonntag
zu überprüfen.»
    «Ich war in
meiner Wohnung», sagte Flyte. «Allein mit Zanetto Tron
und Enrico Dandolo. Ein Alibi ist das nicht. Und
nun?»
    «Dürfte
sich die Lage geändert haben», erwiderte
Tron.
    «Das ist gut,
denn ich will morgen zur Premiere. Holly und Lime werden auch
kommen. Und natürlich mein Onkel.»
    «Könnte
Marchmain hinter dem Anschlag stecken?»
    «Wenn ich den
Prozess gewinne, ist er erledigt», sagte Flyte. «Er
könnte Lime beauftragt haben, mich umzubringen. Lime hat immer
die Drecksarbeit für ihn erledigt. Aber Lime lispelt nicht.
Vielleicht sollten Sie feststellen, wo Lodron sich gestern am
späten Nachmittag aufgehalten hat.»
    Tron nickte.
«Das ist genau das, was ich den Hofrat fragen
werde.»

25
    Das Danieli-Hotel
stand dort, wo es immer gestanden hatte, an der Riva degli
Schiavoni, höchstens zwanzig Schritte vom Kai des Bacino di
San Marco entfernt. Das war praktisch, wenn man mit dem Schiff nach
Venedig kam, vielleicht den Raddampfer von Triest genommen hatte.
Aber es war unpraktisch für Bahnreisende, die auf dem Weg zum
Hotel den Canal Grande der ganzen Länge nach durchmessen
mussten, also am Bahnhof eine Gondel zu mieten hatten. Das
führte regelmäßig zu Beschwerden über
maßlos erhöhte Fahrpreise, doch nie zu regulierenden
Eingriffen, was einfach daran lag, dass die Venezianer von alters
her dazu neigten, Fremde in erster Linie als Beute und weniger als
Gäste zu betrachten. Und den Gerüchten, die immer wieder
auftauchten, man erwäge eine Dampfschifflinie einzurichten,
die den Bahnhof mit dem Molo verbinden sollte, hatte Tron nie
getraut. Dass sich Dampfschiffe, vaporetti, die starke Bugwellen
verursachten, mit Gondeln eine relativ enge Wasserstraße wie
den Canalazzo teilen könnten - nein, das war schwer
vorstellbar. Allerdings konnte man heutzutage nie sagen, wohin
überall der technische Fortschritt noch führte.
Schließlich, dachte Tron, gab es seit mehr als zwanzig Jahren
eine - seiner Ansicht nach völlig überflüssige -
Gasbeleuchtung auf der Piazza.
    Als er die Treppen des
Ponte della Paglia herabstieg, der den Molo mit der Riva degli
Schiavoni verband,

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