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Die letzte Lagune

Die letzte Lagune

Titel: Die letzte Lagune Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Remin
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auch, welche Rolle dieser vornehme junge Grieche spielt, der
auf einer unserer Galeeren mitfährt. Er heißt Alexios
und ist ein Sohn des vor zehn Jahren von seinem eigenen Bruder
abgesetzten und geblendeten Kaisers von Byzanz. Mit dem haben wir
ein Geschäft abgeschlossen. Wir hieven ihn auf den Thron, den
er für sich beansprucht. Als Gegenleistung wird Alexios die
orthodoxe Kirche -für den Papst sind diese Leute alle
Ketzer - in den Schoß der
römischen zurückführen. Dann fließt ein
großer Teil des Kirchenzehnten automatisch nach
Rom.    
    Dandolo hat sich
dazu nicht geäußert, aber ich glaube, dass außer
ihm und dem Papst höchstens noch ein halbes Dutzend Personen
Bescheid wissen. Auch denkbar, dass sie mich und mein Wissen aus
der Welt schaffen, nachdem sie mich benutzt haben. Inzwischen halte
ich alles für
möglich.      
    Abends zusammen mit
Pietro Cavalli und dem Steuermann auf dem Achterdeck drei
Krüge Falerner geleert, musste unbedingt abschalten. Keine
Erinnerung wie ich in meine Kabine kam. Heute Morgen vor meiner
Hängematte aufgewacht.
    8.11.
    Wir sitzen seit ein
paar Tagen fest. Anhaltende Flaute, weiche, fast klebrige Luft. Die
Segel der uscieri hängen herab wie nasse
Wäsche.
    Heute Nachmittag
ist der junge Alexios von Dandolo in Staatskleidern empfangen
worden, er wurde in einer wimpelgeschmückten Barke zur
Galleante gerudert. Hatte zum ersten Mal Gelegenheit, den
zukünftigen Kaiser aus der Nähe zu sehen.
Schmächtiger Bursche, fliehende Stirn, dabei rote
Fingernägel und goldene Kettchen an den Handgelenken. Sie
verschwanden in Dandolos Kabine, wo sie vermutlich über
Einzelheiten des Plans verhandelten. Ich habe keine Zweifel daran,
dass Dandolo den Burschen gnadenlos über den Tisch ziehen
wird. Beim Abschied auf Deck hat Dandolo regelrecht vor ihm
gebuckelt, sich mehrmals tief verbeugt wie eine byzantinische
Hofschranze. Ich kann nicht anders - ich muss den alten Fuchs
einfach bewundern.
    9.11.
    Komme langsam
wieder zur Ruhe. Kann im Nachhinein meinen Schock über die
Eröffnungen Dandolos nicht mehr nachvollziehen.
    Dass Geld die Welt
regiert, ist ein Gemeinplatz, und ich als Venezianer hätte es
ohnehin wissen müssen. Bin schließlich nicht auf diesem
Schiff, um das Heilige Land zu befreien, sondern meiner Schulden
wegen. Im Übrigen glaube ich nicht, dass Dandolo mich
umbringen lassen wird. Er war höchst zufrieden mit meinen
Schreiberdiensten (ich konnte sogar ein paar Formulierungen
beisteuern) und hat angedeutet, dass er mich in Zukunft öfter
in Anspruch nehmen wird. Hat auch von einem
«Sonderauftrag» geredet, ohne näher darauf
einzugehen.
    10.11.
    Hübsche kleine
Entdeckung gemacht. Pietro Cavalli, der Erste Offizier, der Mann
aus Chioggia, treibt es mit dem Zweiten Steuermann, dem zierlichen
Blonden aus Padua. Ging heute unter Deck zu meiner Kabine, als eine
plötzliche Schiffsbewegung die Tür zum Kartenraum
auffliegen ließ. Pietro Cavalli lag auf dem Blonden, und
beide stöhnten. Lief, ohne zu grüßen, weiter. Werde
gelegentlich durchblicken lassen, dass es mir egal ist, was die da
treiben. Diese Menschen sind ja immer dankbar, wenn man über
ihre Laster hinwegsieht.
    Abends im Seneca.
Flüchtigen Gruß von Dandolo empfangen, der sich mittags
kurz auf der Poop zeigte.
    11.11.
    Muss
fortwährend an Lucia denken, die mir heute bei der
Morgenandacht ein eindeutiges Lächeln geschenkt hat. Pietro
Cavalli, der neben mir stand, hatte alles mitbekommen. Warf mir
anschließend einen vorwurfsvollen Blick zu. Ausgerechnet der.
Abends mit den Bogenschützen aus Chioggia gewürfelt.
Vorsichtshalber erst verloren, dann mit erstaunter Miene hoch
gewonnen. Muss aber damit aufhören, bevor die mir auf die
Schliche kommen. Dem Hauptmann der balestrieri della poppa viel Geld
abgenommen. In guter Stimmung in die
Hängematte.
    12.
11.
    Mit dem gewonnenen
Geld eine Laute erstanden, die Pater Ignazio, der Nachfolger von
Pater Francesco, im Gepäck hatte. War ihm wohl doch zu
unhandlich für diese Reise. Sonorer Klang, in den oberen Lagen
etwas schrill, aber preiswert. Nach dem Erwerb des Instruments
Gespräch über Pater Francesco, dessen angeblichen
Diebstahl und seinen traurigen Tod. Brachte natürlich die Rede
auf rätselhaften Satz: Das Glas wird dir Unglück bringen,
Dandolo. Pater Ignazio konnte sich keinen Reim darauf machen. Hatte
nie viel mit Pater Francesco zu tun. Hat mir dann einen kleinen
Leinensack mit Glasperlen gezeigt, den er in Byzanz verkaufen

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