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Die letzte Nacht

Die letzte Nacht

Titel: Die letzte Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Fazioli
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alten Komplizen auf den Coup vorzubereiten. Contini sollte während des Überfalls lediglich eine Kontrollfunktion übernehmen. Natürlich, etwas kann immer dazwischenkommen … aber er wusste nicht, was er befürchten sollte. Ein Missgeschick? Die Polizei? Ihm fehlte der Vergleich für derartige Operationen.
    Als er nach Hause kam, war der graue Kater nicht da. Draußen in der Nacht, auf der Jagd nach Abenteuern. Auch er. Contini holte eine Flasche Bier aus dem Kühlschrank und setzte sich an den Küchentisch. Er wollte seine Gedanken ordnen.
    Zu so später Stunde fällt es leichter, hartnäckig zu bleiben, nachzubohren.
    Contini bestärkte sich in dem Gedanken, dass der Überfall notwendig sei und er alles getan hatte, um ihn zu vermeiden. Nicht dass er sich für besonders redlich hielt. Immer häufiger fragte er sich, ob seine Arbeit als Detektiv nicht eigentlich das Unredlichste war, was er tun konnte. Leute auszuspionieren, sie zu fotografieren, jugendliche Söhne zu verfolgen oder vor Bordellen untreuen Ehemännern aufzulauern.
    So gesehen konnte er ebenso gut eine Bank ausrauben.
    Aber etwas in seinem Inneren widersetzte sich immer noch. Er nahm das Bier und trat durch die Hintertür hinaus. Die Kälte legte sich wie eine Zange um seine Gedanken. Er lauschte auf die Geräusche des Waldes, versuchte, sich die Bäume und Mauern vorzustellen, all die Gegenstände, die er täglich im Sonnenlicht sah.
    Es gab keinen Grund, es zu tun. Die Lunte brannte, was sollte es noch bringen? Dennoch holte Contini die Aufnahme des Gesprächs mit Matteo Marelli hervor und hörte sie ein weiteres Mal an. Einer der Schwachpunkte in Salviatis Plan blieb die Tatsache, dass Forster Lina gefangen hielt. Contini traute ihm nicht. Wir geben ihm das Geld und er lässt Lina laufen, so sagte Jean. Und wenn er es nicht tat?
    Contini glaubte nicht mehr daran. Mittlerweile kannte er das Tonband auswendig. Aber es war Nacht, und er konnte nicht schlafen. Also versuchte er ein weiteres Mal, hinter Marellis Worten eine Botschaft zu entdecken.
    MARELLI : Auch jetzt, da wir an den Anfang zurückgekehrt sind, jetzt, wo wir warten müssen …
    ELTON : Was sagst du da?
    MARELLI : Jetzt, wo wir da sind, wo alles noch vor uns liegt, jetzt, da wir dort gefangen sind, wo …
    ELTON : He!
    MARELLI : Oh, ich Ärmster, ich Ärmster … hab ich etwa zu viel gesagt?
    ELTON : Was soll das?
    MARELLI : Tut mir leid, ich hatte nicht die Absicht … ich habe nichts gesagt … Tut mir leid, ist schon klar, natürlich darf ich nicht verraten, wo wir uns aufhalten, aber ich kann euch versichern, dass wir zuversichtlich sind, hoffen wir, dass der Überfall klappt und …
    ELTON : Schluss jetzt! Seid ihr zufrieden? Dieses Treffen hat schon lange genug gedauert.
    MARELLI : Tut mir leid, wenn ich bedenke, dass ich kurz davor war …
    ELTON : Halt die Klappe! (Pause) Wir haben geredet, jetzt können wir gehen. (Pause) Wir verlassen jetzt dieses Büro, und wir sehen uns am Ende der Geschichte wieder.
    Contini hörte die Aufnahme noch mal an und danach noch zwei weitere Male. Es war während des zweiten Durchgangs, als er das Gefühl hatte, ein Klicken im Gehirn zu spüren. Als habe sich nach einem langen Schlaf in einem Teil seines Gedächtnisses eine Blockade gelöst. Diese Worte waren immer in ihm gewesen, aber erst in diesem Augenblick erkannte er sie wieder.
    Der alte Giona hatte recht, auch in diesem Fall!
    Es ging nicht darum, den ersten Schlag, das vordergründige Gespräch, zu hören. Aus den versteckten Windungen des Dialogs drang der zweite Schlag an das Ohr des Detektivs. Als wenn in dem ganzen Geläut dieser Ton nur für ihn bestimmt sei. Er erkannte Marellis Absicht. Es war ziemlich optimistisch, nur auf diesen Hinweis zu setzen. Eine winzige Kleinigkeit, die auf wackligen Voraussetzungen gründete … nun ja, aber letztlich hatte Marelli richtig gelegen.
    Und nun?
    Contini war sich nicht hundertprozentig sicher. Vielleicht spielten ihm die Müdigkeit und nächtliche Fantasien einen üblen Streich. Aber er musste der Sache nachgehen. Und zwar sofort, in den ersten Morgenstunden. Oder besser gesagt, er musste genau in dem Augenblick zur Stelle sein, in dem Salviati die Junker-Bank betrat. Wenn alle ihn in Bellinzona glaubten, wenn die Aufmerksamkeit aller auf etwas anderes gerichtet war. Nur dann konnte, wenn er richtig verstanden hatte, ein Überraschungsangriff gelingen.
    Und wenn er nicht richtig verstanden hatte?
    Contini stellte sich noch eine letzte

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