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Die letzte Nacht

Die letzte Nacht

Titel: Die letzte Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Fazioli
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Nissan von Claudio Melato zu Gesicht bekommen.
    Filippo grüßte Anna nicht. Er warf ihr nur einen verstohlenen Blick zu, und sie sah nicht einmal auf. Aber es war, als hätten sie sich umarmt. Als lägen sie am Sonntagmorgen aneinandergekuschelt unter der Decke. An einem jener Tage, an denen das Frühstück zum Mittagessen wird und man nicht zu reden braucht. Man brauchte einfach nichts zu sagen. Beide konzentrierten sich auf kleine Bewegungen. Fahren, von einer Straßenlaterne zur nächsten schlendern. Auf die Uhr schauen. Sechs Uhr fünfundfünfzig. Sich Salviati vorstellen, seine Gesten, sein Gesicht. Sich die schwarze Tasche vorstellen. Voller Geld. Einen anderen Gang einlegen, die Straße Richtung Bahnhof im Blick haben … das war er!
    Der graue Nissan!
    Anna sah ihn als Erste und kurz darauf, ein wenig entfernt, auch Filippo. Der Nissan bog von der Straße ab und fuhr an der Bank vorbei. Er hielt ein Stück dahinter auf einem Parkplatz, der an eine Mauer grenzte. Filippo schaltete vom Dritten in den Zweiten, um nicht zu früh anzukommen.
    Und Salviati? Wo zum Teufel war Salviati?

17
Guten Morgen, Herr Direktor!
    Francesca hatte kein Gefühl mehr in den Fußspitzen. Den Fingern ging es etwas besser: Sie hatte die Handschuhe ausgezogen und die Hände in die Hosentaschen gesteckt, dicht an die warme Haut der Oberschenkel. Sie wusste, dass dieses Warten der schlimmste Augenblick war, und sie versuchte, nicht auf die Uhr zu schauen.
    Als sie den Nissan sah, zog sie die Kapuze herunter, setzte einen breitkrempigen Hut auf und schlüpfte wieder in die Handschuhe. Wichtig war, dass Melato und der Leibwächter sie nicht zu früh sahen. Aber das stand nicht zu befürchten, denn sie hielt sich hinter einer Hecke versteckt. Sobald Salviati auftauchte, würde sie in Erscheinung treten.
    Aus dem Nissan stiegen zwei Männer. Der Leibwächter trug Schal und Mütze. Er hatte eine schwarze Tasche dabei, die er in der Hand hielt, als habe sie kaum Gewicht. Aber Francesca wusste, dass sie schwer war. Über diesen Punkt hatte sie oft mit Salviati diskutiert. Melato, der Vertrauensmann des Geldbesitzers, trug keine Kopfbedeckung. Er hatte eine randlose Brille und unnatürlich schwarz gefärbtes Haar.
    Francesca wusste nicht weshalb, aber in diesem Moment musste sie an den Besitzer des Geldes denken. Keiner sprach jemals von ihm: Er war eine Kontonummer, ein anonymer Milliardär, der nichts von Salviati und Forster wusste und in diesem Augenblick wahrscheinlich irgendwo in Europa in seinem Bett lag und schlief. Eine verschwommene Gestalt. Weit entfernt von seinem Geld. Weit entfernt vom Abenteuer.
    Francesca beeilte sich, diesen Gedanken zu verscheuchen. Das war mal wieder typisch für sie. In den entscheidenden Momenten wanderte ihr Geist von hier nach da, sie ließ sich ablenken und brachte vor dem Prüfer kein Wort heraus. Aber du bist hier nicht in einer Prüfung, meine Liebe. Die beiden Männer, die aus dem Nissan gestiegen waren, hatten den noch verschlossenen Eingang zur Junker-Bank erreicht. Sie klingelten. Keine Reaktion.
    Und nun? Francesca sah sich um. Salviati war nicht da. Stattdessen kam Giuseppe Locatelli, der Wachmann, der morgens die Türen aufschloss. Francesca kannte ihn von Filippo Cortis Videoaufnahmen, die sie sich gemeinsam mit Salviati angesehen hatte.
    Locatelli trug einen Regenschutz über der Jacke und wirkte etwas abgehetzt. Als er Melato und seinen Leibwächter erblickte, winkte er ihnen zu, um sich zu erkennen zu geben. Francesca stand noch immer hinter der Hecke. Ihre Rolle hatte unterstützende Funktion. Aber, so sagte Salviati, sie war psychologisch wichtig, um den Betrug gelingen zu lassen.
    Salviati, genau!
    Seine Rolle war die entscheidende … und wo war er?
    »Da bin ich, da bin ich! Entschuldigen Sie die Verspätung, ich bin Giuseppe Locatelli, der Portier … guten Morgen!«
    »Ich bitte Sie«, sagte Claudio Melato, »schließlich sind wir ein paar Minuten zu früh gekommen.«
    »Ich schließe Ihnen erst einmal auf. Direktor Belloni müsste gleich kommen …«
    Locatelli hantierte mit den Schlüsseln, um den Rollladen zu öffnen. Anschließend musste ein Zugangscode eingegeben werden, dann folgte ein weiteres Schloss, bis endlich das Foyer der Bank betreten werden konnte. Von hier gelangte man über eine Treppe oder per Fahrstuhl zu den Büros. Der Tresorraum befand sich dagegen im Keller und war durch weitere Schlösser gesichert.
    »Ganz schön kalt, was?«, bemerkte Locatelli, während er

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