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Die letzte Nonne - Bilyeau, N: Die letzte Nonne

Die letzte Nonne - Bilyeau, N: Die letzte Nonne

Titel: Die letzte Nonne - Bilyeau, N: Die letzte Nonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Bilyeau
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eine Sammlung Landkarten. Aber an der Stelle, wo ich den schmalen dunkelbraunen Band mit dem Titel
Von Caratacus zu Athelstan
gefunden hatte, klaffte jetzt eine Lücke. Nun, vielleicht hatte Bruder Richard nicht gewusst, wo genau das Buch hingehörte. Ich suchte in der ganzen Bibliothek, prüfte jeden einzelnen Band.
    Ich fand es nicht. Es war verschwunden, genau wie das Schreiben der verstorbenen Priorin Elizabeth an ihre Nachfolgerin.
    Es war, als wüsste jemand genau, was ich suchte, und führte mich an der Nase herum.
    In diesem Moment hörte ich es draußen vor der Tür tuscheln. Ich löschte die Fackel und verhielt mich ganz still. Das Tuscheln verklang. Ich trat einen Schritt zur Tür und vernahm wieder etwas, den Aufschlag eilender Füße im Korridor. Dann war es still.
    Heftig atmend und zitternd vor Furcht wartete ich. Gerade erst hatte ich von einem Geheimzimmer erfahren, da hörte ich diese verstohlenen Geräusche. Aber ich konnte mich nicht viel länger in der Bibliothek verstecken. Schwester Eleanor kontrollierte stets dasDormitorium der Novizinnen, bevor sie sich zu Bett begab. Wenn ich nicht da war, würde Alarm geschlagen werden.
    Ganz langsam drehte ich den Knauf der Tür und öffnete sie einen winzigen Spalt. Nichts. Der Gang war dunkel und still. Ich schlich aus der Bibliothek hinaus und schlug den Weg zum Dormitorium ein.
    Hinter mir hörte ich es wieder. Geräuschvolles Tuscheln. Dann ein Kleinmädchenkichern.
    Die Westerly-Kinder.
    Ich rannte ins Krankenzimmer, und da waren sie, vor dem Feuer zusammengedrängt, das fast ganz heruntergebrannt war. Harold bemerkte mich zuerst und sprang mit einem erschrockenen Schrei auf. Martha warf ihre dünnen Ärmchen um ihn, brach aber in Gekicher aus, als sie mich erblickte.
    »Guten Abend, Schwester Joanna«, sagte Ethel, die einzige, die ruhig blieb.
    »Kinder, was tut ihr hier?«, fragte ich. »Ich weiß, ihr wollt in der Nähe eurer Mutter sein, aber euch im Dunklen hier im Kloster zu verstecken, ist streng verboten.« Ich sah mich um. »Schlaft ihr hier?«
    »Die Köchin lässt uns in der Speisekammer schlafen«, piepste Martha. »Und wenn’s hell wird, verstecken wir uns ganz schnell in   –«
    »Pscht«, machte Ethel scharf.
    Vor Harold lag ein Bündel. Er versuchte, es unauffällig wegzuschieben.
    »Was hast du da?«, fragte ich.
    Die Kinder schwiegen.
    Ich bückte mich und öffnete das Bündel. Zu meiner Überraschung enthielt es einen Berg kleiner gelber Kuchen.
    »Woher habt ihr die?«
    »Die Köchin hat sie für uns gebacken«, antwortete Harold.
    »Das ist Seelenbrot«, erklärte Ethel. »Wir verteilen sie morgen im Dorf, zu Halloween.«
    Ich zuckte zusammen, als sie den Namen dieses heidnischen Totenfests nannte.
    Ethel fuhr trotzig fort: »Wenn man an Halloween ein Seelenbrot bekommt, muss man für die Seele eines Menschen beten. An dem Tag im Jahr ist die Mauer zwischen den Lebenden und den Toten amdünnsten. So kriegen wir einen Haufen Leute im Dorf zusammen, die für unsere Mutter beten, damit sie nicht stirbt.«
    »Nein, nein, nein«, sagte ich, beunruhigt über ihre Vertrautheit mit alten Druidenbräuchen. »Wir im Kloster werden für eure Mutter beten, wie wir das immer tun. Gott wird für sie sorgen.«
    Die kleine Martha war dem Weinen nahe. »Du nimmst uns doch unsere Seelenbrote nicht weg, Schwester? Wir müssen doch Mutter retten.«
    Ich war ratlos. Wie sollte ich es ihnen erklären?
    »Ist euer Vater noch in London?«, fragte ich.
    »Er ist in Southwark«, sagte Harold.
    Aus der Ecke hörte ich schwaches pfeifendes Atmen, das in ein Gurgeln überging. Ihrer Mutter schien es noch schlechter zu gehen. Harolds Augen füllten sich mit Tränen.
    Ich entschied mich.
    »Draußen ist es dunkel, ihr könntet ohnehin nicht sicher ins Dorf zurückfinden. Geht jetzt in die Speisekammer.«
    »Und Ihr verratet uns nicht?«, fragte Harold.
    »Heute nicht, aber eine Lösung ist das nicht. Ich werde den lieben Gott bitten, dass er mir sagt, was wir tun sollen.«
    Ich führte die kleinen Westerlys zur Speisekammer. Martha schob ihre Hand in die meine, ihre dünnen kleinen Finger umfassten die meinen mit erstaunlicher Kraft.
    Nachdem sie hinter Vorratskörben mehrere zerrissene Decken hervorgezogen hatten, verkrochen sie sich in eine Ecke, ihren gewohnten Schlafplatz, wie ich jetzt erkannte. »Esst die Kuchen selber«, bat ich sie. »Verschenkt sie nicht für Gebete. Das verstößt gegen Gottes Wünsche.«
    Martha schlang mir die Arme um den Hals

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