Die letzte Rune 10 - Der Runenbrecher
im Dunkeln so weiß wie Knochen.
Angst ergriff Travis. Das konnte er nicht zulassen. Er öffnete das Kästchen in der Tasche, und seine Finger glitten über die glatte Oberfläche eines der Steine – dem kühlen Gefühl nach zu urteilen Sinfathisar. Er zeigte mit der anderen Hand auf das Handy.
»Reth.«
Das Telefon zersplitterte in der Hand des Beamten. Plastiksplitter hinterließen rote Streifen auf seinem Gesicht, aber er zuckte nicht einmal zusammen.
Der andere Beamte schon. »Was, zum Teufel?« Er griff mit zitternder Hand nach seinem Revolver und zielte auf Travis. »Ich weiß nicht, was du gerade getan hast, aber du kommst mit uns.«
»Nein«, sagte Travis und sprach eine weitere Rune. »Dur.«
Der Revolver flog in die Höhe und traf den Mann unter den Kiefer. Er verdrehte die Augen und brach ohne einen weiteren Laut zusammen.
Ben beobachtete Travis mit seinen leblosen Augen. »Ich weiß, wer du bist.«
Travis schluckte den Kloß in seinem Hals herunter. »Und ich weiß, wer du bist. Du hast es für sie aufgegeben, nicht wahr? Du bist kein Mann mehr, du bist ein Ding. Nein, komm nicht näher.«
Der Sicherheitsbeamte blieb stehen. »Widerstand ist sinnlos. Die Welt verändert sich. Eine neue Weltordnung kommt, und die, die sich ihr widersetzen, werden nicht überleben.«
»Du auch nicht«, sagte Travis durch die zusammengebissenen Zähne.
Der Sicherheitsbeamte hob die großen Hände und warf sich auf ihn. Travis war schneller.
»Dur!«
Er richtete die volle Kraft der Rune nicht auf den Revolver des Mannes, sondern auf die Mitte seiner Brust. Der Beamte blieb wie angewurzelt stehen. Ein Zittern ging durch seinen Körper, er stellte sich auf die Zehen, als würde ihn etwas in die Höhe ziehen. Seine Augen quollen hervor, ein dunkler Blutstrom rieselte ihm aus dem Mundwinkel.
»Hilf mir … Meister«, röchelte er. »Ich will nicht … sterben.«
»Zu spät«, sagte Travis. »Du bist bereits tot.«
Er ballte die linke Hand zur Faust, schloss die Finger um die Leere, dann riss er sie zurück. Im gleichen Augenblick brach ein dunkler Klumpen aus Eisen aus der Brust des Sicherheitsbeamten. Er landete auf dem Asphalt und kam rollend zum Stehen. Der Mann starrte ins Leere. Dann fiel er kopfüber nach vorn, schon lange tot, bevor er auf dem Boden auftraf.
Geräusche und Bewegung. Travis schaute auf. Im Gebäude öffnete sich eine Tür. Mehrere schattenhafte Gestalten eilten heraus. In der Ferne schrillten Sirenen. Also hatte doch jemand einen Anruf gemacht.
Aber Travis fürchtete sich jetzt nicht mehr vor Sicherheitsbeamten oder Polizisten. Aus einer Gassenmündung in der Nähe quoll ein blauweißes Licht; ein metallisches Summen dröhnte durch die Luft. Neuerliche Furcht pumpte frische Energie in Travis' Beine. Er drehte sich um und rannte vom Parkplatz.
»Alth«, flüsterte er und sprach eine letzte Rune, bevor er das Kästchen schloss, und die Schatten zogen sich um ihn zusammen und hüllten ihn in Dunkelheit, während er in die Nacht verschwand.
3
»Das ist gefährlich, Schwester«, flüsterte Lirith. Die beiden Hexen bewegten sich so lautlos, wie sie konnten, den Korridor entlang. »Ich weiß nicht, warum ich mich darauf eingelassen habe.«
»Weil du genauso gut wie ich weißt, dass wir keine andere Wahl haben«, flüsterte Aryn zurück. Sie webte die Worte nicht durch die Weltenkraft; mit so vielen Hexen im Schloss war es zu gefährlich, auf diese Weise zu sprechen.
Lirith griff nach Aryns Gewand und hielt sie zurück. »Wenn Liendra oder einer ihrer Spione uns dort sieht …«
»Dann sagen wir die Wahrheit«, sagte Aryn und versuchte zuversichtlich zu klingen. »Wir sagen ihnen, dass wir Königin Ivalaine besuchen wollen, um sie davon zu überzeugen, dass sie uns hilft.«
»Uns hilft, ja – gegen Liendra.«
»Den letzten Teil behalten wir einfach für uns.«
Lirith warf ihr einen finsteren Blick zu. »Glaubst du nicht, dass Liendra über Möglichkeiten verfügt, die Wahrheit über uns herauszubekommen?«
»Vielleicht. Aber wenn sie die Macht hat, unseren Verstand auseinander zu pflücken, warum hat sie es dann nicht schon längst getan? Liendra hat Macht über die Hexen – aber ich glaube nicht, dass sie so stark ist, wie sie gern glauben machen will. Wir waren nicht die Einzigen, die sich dem Muster nur zögernd angeschlossen haben. Sie muss ihre Karten sorgfältig ausspielen.«
»So wie wir auch«, sagte Lirith. Aber sie ließ Aryns Gewand los, und die beiden Frauen gingen
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