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Die letzte Rune 10 - Der Runenbrecher

Titel: Die letzte Rune 10 - Der Runenbrecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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anzuklopfen.
    Die Tür wurde aufgerissen.
    »Habe ich euch nicht gesagt, dass ich nichts mehr mit euch zu tun haben will?«, fauchte Ivalaine.
    Lirith stöhnte auf, und Aryn schlug sich die Hand vor den Mund, um einen Schrei zu unterdrücken. Die Königin von Toloria war kaum wiederzuerkennen. In der Vergangenheit hatte sie immer eine aufrechte Haltung eingenommen, ihr flachsblondes Haar war so makellos wie ihre Haut gewesen, die Augen so klar wie Eis.
    Diese Frau gab es nicht mehr. Ivalaine stand gebeugt da, die Schultern waren gekrümmt wie die einer alten Frau, das Gewand war zerknittert und beschmutzt. Ihr Haar war verfilzt und fettig, und ihr Gesicht wurde von Striemen entstellt, als hätte sie sich gekratzt. Ihre Augen wiesen dasselbe Eisgrau wie immer auf, aber sie erschienen zu hell, und sie konzentrierten sich auf nichts länger als eine Sekunde.
    Lirith erlangte ihre Selbstkontrolle als Erste wieder. »Bitte, Euer Majestät. Wir müssen einmal mit Euch sprechen. Danach werden wir Euch in Ruhe lassen, wenn das Euer Wunsch ist.« Sie streckte die Hand aus.
    Die Königin schlug sie zur Seite. »Ich wünsche, dass Ihr mich sofort allein lasst. Ich sollte einen Zauber weben – ich sollte euch schreiend weglaufen lassen.« Ihre Finger fuhren durch die Luft, dann verkrampften sie sich. »Aber meine Zauber haben mich im Stich gelassen. Die Autorität der Krone hat mich im Stich gelassen. Ich habe nur noch die Liebe, und sie ist ein bitterer Trost. Hätte ich doch bloß gar keine Liebe mehr in mir.«
    Sie wandte sich von der Tür ab und stolperte in ihre Räume. Aryn und Lirith tauschten verblüffte Blicke, dann betraten sie das Gemach der Königin.
    Das Erste, was Aryn auffiel, war der Geruch. Es stank nach verdorbenem Fleisch. Im Raum war es dunkel – die Fenster waren mit Vorhängen verhangen –, aber Aryns Augen hatten sich einen Augenblick später daran gewöhnt. Überall standen Tabletts mit Essen herum, das nicht angerührt war. Aryns Blick fiel auf das Tablett, das ihr am nächsten stand; in einem Stück Wildbret wimmelten die Maden. Sie griff nach dem Hals, um ein Würgen zu verhindern.
    Die Königin musste ihre Zofen zusammen mit allen anderen weggeschickt haben. Die Laken waren vom Bett gezogen und lagen zu einer Art Nest zusammengeknüllt am Boden. Aus einem unbedeckten Nachttopf stieg der Gestank von Urin. Er war beinahe überwältigend, und Aryn taumelte, aber Liriths Griff stützte sie.
    »Euer Majestät«, sagte Aryn. »Geht es Euch gut?«
    Die Frage war lächerlich. Aber Ivalaine schien sie nicht zu hören. Sie schritt vor sich hin murmelnd vor dem kalten Kamin auf und ab, als wäre sie allein im Zimmer.
    »Ich war jung … so jung, und noch immer eine Jungfrau. Aber ich habe getan, was sie verlangt haben. Ich habe getan, was sie verlangten. Ich habe mich diesem verdammten Stier geopfert.«
    Aryn warf Lirith einen verblüfften Blick zu. Die dunklen Augen der Hexe waren auf die Königin gerichtet.
    Ivalaine zerrte sich an den Haaren, während sie auf und ab ging. »Ein Hexer, ein vollblütiger Hexer. Sie brauchten ihn für ihre Pläne, und ich half dabei, ihn zu erschaffen, ich habe ihn für sie aufgegeben.« Ihre Hände waren voller Haarbüschel. »Aber er ist mein Sohn. Ich kann nicht zulassen, dass sie … ich kann nicht zulassen, dass sie ihn benutzt. Sie würde … in den Schatten … nicht am Leben und nicht tot … sie glaubt, sie kann mich davon abhalten …«
    Ivalaines Worte verwandelten sich in ein sinnloses Summen. Sie starrte mit leerem Blick geradeaus, schwankte hin und her.
    »Jetzt, Schwester«, flüsterte Lirith. »Solange sie nicht auf der Hut ist. Du musst einen Strang zu ihr weben, du musst versuchen, ihre Gedanken zu lesen.«
    Aryn war starr vor Angst. Sie konnte es nicht tun.
    Lirith drückte fest ihren Arm. »Du musst. Du bist stärker als ich. Und wir müssen es wissen.«
    Aryn stöhnte leise, dann schloss sie die Augen und griff mit der Gabe zu. Sie konnte den Lebensfaden der Königin sehen. Er flackerte wie eine ersterbende Kerze, hell in einem Augenblick, dunkel im nächsten. Aryn zögerte, dann griff sie mit einer leuchtenden Hand zu und umfasste ihn.
    Staunen und Schrecken überwältigten sie. Schlagartig sah sie alles. Es war alles so klar, gleichzeitig aber auch chaotisch und fragmentiert – wie der Blick in einen zersprungenen Spiegel. In einer Scherbe war Ivalaine als hübsche junge Frau, kaum älter als sechzehn. Und da war König Boreas. Aber er war

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