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Die letzte Rune 10 - Der Runenbrecher

Titel: Die letzte Rune 10 - Der Runenbrecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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noch nicht der König, sondern ein Mann, der gerade erst in seine besten Jahre kam. Und in einer anderen Scherbe war eine Frau in einem taubengrauen Gewand, die Aryn nur von Gemälden kannte. Königin Narenya. Ein Baby erschien auf ihrem Arm, ein Säugling mit dunklem Haar. Die Scherben fingen an, miteinander zu verschmelzen …
    Ivalaine war so jung gewesen, gerade mal sechzehn Winter alt, und erst seit kurzem eine Hexe. Sie war bereit, sogar begierig gewesen, das zu tun, worum sie ihr Zirkel gebeten hatte. Viele Jahre lang hatten sie versucht, die Geburt eines Hexers zu bewerkstelligen, dessen Macht so stark war wie die einer jeden Frau, die jemals die Weltenkraft berührt hatte.
    Um gegen die Männer von Vathris bestehen zu können, müssen wir einen Mann Sias haben, verkündeten die weisen Frauen, die Vetteln, die Seherinnen. Viele der mächtigsten Hexen hatten Kräuter und Zauber benutzt, ganz zu schweigen von der unkomplizierten Magie des Weins und der Schönheit, um ihren Weg in die Betten starker Krieger zu finden, aber ohne Erfolg. Es waren ein paar Mädchen geboren worden, die stark in der Gabe waren, aber keine Jungen. Bis …
    Aryn konnte es sehen, als würde es sich vor ihren Augen abspielen. Ivalaine hatte eines von Narenyas Gewändern angezogen und in einem Gemach gewartet. Man brachte den König zu ihr, sein Verstand war von Kräutern umnebelt, die man ihm in den Wein getan hatte. Er war grob, aber seine Sinne waren so verwirrt, dass er ihre leisen Schmerzenslaute nicht wahrnahm und auch das Blut auf den Laken nicht sah.
    Das war aber nur die Hälfte der Täuschung, denn Narenya folgte insgeheim auch Sias Wegen. Obwohl sie Boreas liebte, galt ihre Pflicht den Hexen. Unfähig, selbst sein Kind auszutragen, weil sie unfruchtbar war, tat Narenya das, von dem sie wusste, dass sie es tun musste. Mit Hilfe ihrer beiden Leibdienerinnen, beides Anhängerinnen von Sia, hatte sie den König und seinen Hof getäuscht. Es war ganz einfach gewesen, ihr Gewand jede Woche ein bisschen mehr auszupolstern, und wenn sie mit Boreas allein im Gemach war, hatten Illusionszauber ihn glauben lassen, dass ihr nackter Leib anschwoll, obwohl er unter seiner Hand flach blieb.
    Zehn Monate später wurde die Täuschung vollendet. Narenya sagte dem König, dass die Zeit für die Geburt seines Kindes gekommen war. Sie befahl allen bis auf ihre Leibdienerinnen und eine alte Hebamme, die die Greisin ihres Zirkels war, das Gemach zu verlassen. Zur gleichen Zeit gebar Ivalaine in einem Raum in den Tiefen des Schlosses ihr Kind – einen gesunden und prächtigen Sohn. Die Fäden der Weltenkraft umschlangen ihn wie eine Decke aus Licht. Und noch bevor sie seine feuchte Stirn küssen konnte, nahm man ihn ihr weg und brachte ihn heimlich in Narenyas Gemächer. Und so wurde Teravian geboren.
    »Verschwindet!«
    Der schrille Aufschrei der Königin durchschnitt die Luft und zerstörte den Zauber. Aryn taumelte, hielt sich den Kopf, während Lirith ihre Schultern hielt, um sie zu stützen.
    »Raus hier!«
    Das Antlitz der Königin war wutverzerrt. Aber meinte sie, sie sollten aus ihrem Gemach verschwinden oder aus ihrem Kopf? Ivalaine nahm einen Teller und warf ihn; er zerschellte hinter ihnen an der Wand. Aryn und Lirith wichen zurück.
    »Ich weiß jetzt, was ich tun muss.« Ivalaines Stimme war leise, aber sie bebte vor Macht. »Ihr würdet ihn so benutzen, wie sie es tun würde, aber es gibt eine Möglichkeit, um sicherzustellen, dass ihn keiner benutzt.« Sie zitterte, ein weicher Schimmer huschte über ihr Gesicht. »Ich bin seine Mutter. Es ist das Letzte, das Einzige, das ich für ihn tun kann.«
    Mit diesen Worten ging die Königin an den beiden verblüfften Frauen vorbei durch die Tür und war verschwunden.
    Aryn ließ sich auf einen Stuhl sinken; der Gestank war ihr längst egal. Ihre Beine schienen sie nicht länger tragen zu können; sie musste sich einen Augenblick lang setzen.
    »O Lirith …«
    »Pst, Schwester.« Lirith stand über sie gebeugt. »Ich habe deinen Faden berührt, während du Ivalaines berührt hast. Ich sah alles. Sia hilf uns, welch ein böser Verrat. Ich frage mich, wann Boreas erkannt hat, was Narenya getan hat.«
    Aryn vermochte es nicht zu sagen; das war in keiner der Scherben zu sehen gewesen. »Wann auch immer es war, dann war es zu spät. Boreas konnte die Wahrheit nicht verkünden – nicht, wenn er wollte, dass man Teravian als seinen Erben anerkannte. Und ich glaube, er hat Narenya immer noch

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