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Die letzte Schoepfung

Die letzte Schoepfung

Titel: Die letzte Schoepfung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Lewin
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auftauchte? War das auch ein Verfolger, oder ließ Ethan sich von seiner Paranoia fertig machen?
    Der Mercedes erschien wieder im Blickfeld, näher als vorher. Die Unfähigkeit des Fahrers war wirklich erstaunlich. Oder er war einfach nur kühn.
    Zugegeben, Ramirez war bei Verfolgungsjagden nie besonders gut gewesen. Ein gut gezielter Schuss vom Dach eines Gebäudes oder ein tödlicher Anschlag in einer Menschenmenge lagen mehr auf seiner Linie. Vermutlich hatte Anna es deshalb geschafft, sich ihm so lange zu entziehen. Ramirez' Methoden konnten bei einem Ziel im Verborgenen wenig ausrichten – besonders bei einer so fähigen Frau wie Anna Kelsey. Doch selbst Ramirez hätte sich besser außer Sicht halten können als der Fahrer dieses Mercedes.
    Ethan hielt nach dem zweiten Wagen Ausschau, sah ihn aber nicht, sondern nur Ramirez, der keine Anstalten machte, sich zu verstecken. Spielte der Killer den Lockvogel, um von anderen, mehr im Verborgenen arbeitenden Verfolgern abzulenken? Ethan dachte kurz darüber nach, verwarf den Gedanken dann aber als unwahrscheinlich. Er kannte Marco Ramirez schon lange, seit ihrer gemeinsamen Zeit im Dienst der Firma. In drei Jahren konnte sich einiges ändern, das Wesentliche jedoch nicht: Ramirez arbeitete stets allein.
    Was also hatte er vor?
    Ethan beobachtete den Mercedes, und eine lang unterdrückte Wut loderte in ihm auf. Nach Nickys Tod hatte er sich Ramirez' Drohungen gebeugt. Er hatte Sydney verlassen, seinen Job bei der Firma hingeschmissen und sich in der Wüste verkrochen, wo ihn jeder Tag aufs Neue an sein Versagen erinnerte.
    »Gottes Fluch über dich, Ramirez!« Alles, was Ethan brauchte, was er jemals gebraucht hatte, war ein gut gezielter Schuss auf diesen Mistkerl. »Wir müssen das ein für alle Mal beenden.«
    »Ethan?«
    Sydneys unausgesprochene Frage lenkte ihn für einen Moment von seinem Zorn ab; dann aber zögerte er nicht länger. Er hatte zu lange auf diese Chance gewartet, und nun würde er sie nicht ungenutzt verstreichen lassen. Ramirez sollte für Nickys Tod bezahlen.
    »Warte«, sagte er und bog rasch um ein paar Ecken, ließ die Innenstadt hinter sich. Sie erreichten den Deep Ellum District, einen in Mode gekommenen Stadtteil, dessen Bewohner zu dieser frühen Stunde noch hinter zugezogenen Fensterläden in ihren weichen Betten lagen. Am Ende eines ruhigen Wohnblocks kurbelte Ethan wild am Lenkrad, und der Wagen schleuderte halb herum und stand.
    »Okay«, stieß er hervor. »Nun komm, und hol mich.«
    »Ethan, hör auf damit. Bitte!«
    Er achtete nicht auf Sydney, verschloss sein Herz vor der Panik in ihrer Stimme. Sie verstand nicht, konnte es nicht verstehen, da sie die Wahrheit über den Tod ihres Sohnes nicht wusste. Es war kein Unfall gewesen. Nicky war ermordet worden, und der Mann, der dafür verantwortlich war, hatte es nun auf Sydney abgesehen.
    Der Mercedes erschien als nebelhaftes Gespenst im Frühdunst. Er hielt eine Querstraße entfernt. Nun hatte Ramirez sie gesehen und überlegte sich den nächsten Schritt. Dann kroch der Wagen langsam auf sie zu.
    »So ist's richtig, du Feigling.« Ethan prüfte, ob seine Glock schussbereit war. Sein Arm brannte wie Feuer. »Komm nur noch ein bisschen näher, dann schaffen wir die Sache ein für alle Mal aus der Welt.«
    Als der Mercedes langsam heranglitt, traten die Umrisse des Fahrers deutlicher hervor und nahmen Ramirez' vertraute Züge an. Ethan hatte auch niemand anders erwartet, und doch war es ein Schock, das Gesicht des Mörders nach so langer Zeit wieder vor sich zu sehen. Der Wagen hielt. Einen Moment lang starrten sie einander an, und die Entfernung zwischen ihnen löste sich in einer Welle bitterer Erinnerungen auf. Ethan sah den Hass in Ramirez' Augen, sah den Wahnsinn lodern. Er vermutete, dass sein Gesicht dasselbe ausdrückte.
    Sie würden es beenden. Jetzt und hier.
    Ethan packte den Türgriff, doch Sydneys Finger gruben sich in seinen Unterarm, hielten ihn fest. Ihre stumme Bitte brachte seine Entschlossenheit ins Wanken. Als sie ihn das letzte Mal gebraucht hatte, war er davongelaufen. Konnte er das wieder tun und sich dann noch selbst in die Augen blicken?
    »Fahr«, sagte sie. »Bitte!«
    Konnte er Ramirez den Rücken zudrehen? Mit Sydney und den Kindern flüchten und nie mehr zurückschauen?
    In diesem Moment bemerkte er eine Bewegung im Augenwinkel. Eine blaue Limousine bog weiter hinten langsam um die Ecke, wurde schneller, wechselte die Spur und schoss auf sie zu.
    Eine

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