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Die letzte Schöpfung

Die letzte Schöpfung

Titel: Die letzte Schöpfung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Lewin
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des eingetrockneten Blutes; das Gewicht von Callies Kopf, der im Schlaf gegen ihren Arm gesunken war; Danny, dessen Blick auf irgendeinem Punkt in der Ferne ruhte. Und Ethan, der stumm und angespannt neben ihr saß, seinen kräftigen Oberschenkel gegen ihren gepresst, aufmerksam und rastlos.
    Ein Gefühl der Unwirklichkeit überkam Sydney. Wenn sie allzu genau über die letzten Stunden nachdachte oder wie es dazu gekommen war, dass sie nun hier neben Ethan saß, hätte sie aufschreien mögen. Und doch fühlte sie sich lebendiger als in den Jahren zuvor.
    Anderthalb Stunden später verließen sie den Highway und fuhren Richtung See. Soweit Sydney wusste, war Ethan niemals selbst zur Lodge gefahren, doch er fand mühelos die Einfahrt, einen Sandweg, der wie dutzende andere in der Gegend aussah. Nach ungefähr einem Kilometer Fahrt zwischen hohen, Schatten spendenden Bäumen erreichten sie Laurel Lodge, die abgeschieden mitten im Wald lag.
    Draußen sah alles aus wie früher.
    Eingerahmt von Eichen, Ulmen und Eschen erhob sich das zweistöckige Gebäude auf einem Felsvorsprung. Unter den Bäumen wuchsen Frühlingsblumen bis an die Mauern des Hauses: Anemonen, blaue Binsenlilien und dunkelrotes Eisenkraut. Hinter der Lichtung drängte der Wald heran; das dichte Laubwerk schirmte die Lodge von den lärmenden Sommerfrischlern am See ab.
    An einer Seite des Felsens führte ein Pfad hinunter zu einem kleinen Strand mit Bootshaus und Anlegesteg. Wenn man am Seeufer ein Stück weiter ging, dabei Felsen überkletterte und morastige Teiche durchwatete, gelangte man an einen abgesperrten Flussarm mit Sandstränden und mehreren Ferienhäusern. Das größte davon gehörte Sydneys Eltern.
    Kurz nach der Hochzeit hatte Sydney mit Ethan ein langes Wochenende in diesem Haus verbracht. Ethan hatte ihren Eltern gar nicht gefallen, doch Sydney glaubte damals, sie würden ihre Ansicht ändern, wenn sie ihn erst besser kennen gelernt hätten. Nach dem zweiten Abend jedoch musste sie sich ihren Irrtum eingestehen: Ethan war für ihre Eltern ein vorlauter junger Dachs, in einem Dutzend Kasernen für ein Leben als Soldat gedrillt und an öffentlichen Schulen erzogen. Was ihre Eltern hingegen nicht gesehen hatten, war der Mensch Ethan mit seinen besonderen Anlagen, mit Güte, Intelligenz und Wärme, der voller Loyalität und Hingabe an sein Land war. Sydney war sehr wütend geworden, doch Ethan hatte ihren Eltern beigepflichtet, hatte sogar selbst behauptet, nicht gut genug für sie zu sein. Sydney aber hatte besser gewusst, was gut für sie war, und Ethan spät in der Nacht dazu überredet, sie an einen Ort zu begleiten, wo sie es ihm beweisen konnte. So waren sie im Licht des vollen Mondes, der sich auf dem See spiegelte, den rauen Pfad zur Laurel Lodge gegangen, die damals so still und verlassen dagelegen hatte wie jetzt.
    ***
    »Callie, wach auf!« Danny stupste seine Schwester an und beugte sich zum Türgriff vor.
    »Warte…«, sagten Sydney und Ethan gleichzeitig.
    Sydney blickte ihn an. Beschämt gestand sie sich ein, dass sie ganz von selbst in ihr altes Muster verfallen waren. Wie oft hatten sie früher im gleichen Moment zu Nicky gesprochen, um ihm zu sagen, wann oder wie er etwas zu tun hatte…
    »Passt auf, dass euch keiner sieht«, mahnte Ethan. Er schien Sydneys Unbehagen nicht zu bemerken. »Und bleibt von der Klippe weg.«
    Der Junge nickte, und die Kinder stiegen aus dem Wagen.
    Ihr Eifer brachte Sydney zum Schmunzeln und erinnerte sie daran, wie sehr Nicky den See geliebt hatte. Jeden Sommer war sie mit ihm hergefahren, um eine oder zwei Wochen im Haus ihrer Eltern zu verbringen. Manchmal war Ethan mitgekommen, meistens jedoch war Sydney allein oder mit den Eltern hergereist, die ihren einzigen Enkel anbeteten.
    Doch hier, in der Laurel Lodge, war Nicky nie gewesen. Also war es am besten, die Erinnerung ruhen zu lassen.
    »Wie sollen wir denn ins Haus kommen?«
    Ethan grinste wie früher, ein Geist seines alten Selbst, und Sydney durchfuhr ein zugleich wohliger und unwillkommener Schauder des Wiedererkennens. »Wie damals.«
    Er stieg aus und schob mit der gesunden Hand die Pistole unter den Taillenbund seiner Jeans. Dann holte er den Matchsack hinter dem Fahrersitz hervor und ging zum Hintereingang der Lodge. Sydney folgte ihm. Er war schon an der Hintertür zugange und stocherte mit einem Dietrich im Schloss.
    Sie hatte ihn schon einmal bei dieser Tätigkeit beobachtet und halb im Scherz gefragt: »Bringt die Firma ihren

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