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Die letzte Schöpfung

Die letzte Schöpfung

Titel: Die letzte Schöpfung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Lewin
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schaute ihn ein wenig ängstlich an.
    »Keine Bange«, erklärte Ethan. »Die Veränderung muss nicht drastisch sein. Die Menschen sehen das, was sie zu sehen erwarten, nicht mehr und nicht weniger. – Okay, hast du dir gemerkt, was du machst, wenn du in Schwierigkeiten gerätst?«
    Sydney zog ihr Handy aus der Tasche, in das Ethan Annas Nummer programmiert hatte. »Ich drücke auf die Schnellwahl, lasse es einmal klingeln und leg wieder auf…«
    »Und ich weiß dann, dass ich die Kinder schnellstens hier rausbringen muss. Gut.«
    »Aber wie willst du das ohne Wagen anstellen?«
    »Mach dir mal keine Sorgen, hier im Park gibt's genug Fahrzeuge.«
    Sydney wollte es lieber nicht zu genau wissen. Sie ließ das Handy wieder in Annas abgenutzte Tasche gleiten, die sie statt ihrer eigenen eleganten Coach Bag am Arm trug.
    »Und gebrauche das Handy ja nicht zu einem anderen Zweck«, ermahnte er sie zum zehnten Mal.
    »Ethan, ich weiß, was ich zu tun habe.«
    »Okay, ich wollte ja nur…«
    »Es wird schon gut gehen.«
    Er musterte sie noch einmal prüfend, doch diesmal hatte Sydney das Gefühl, dass es kaum etwas mit ihrer Verkleidung zu tun hatte. Eine Hitzewelle stieg ihr in die Wangen, als er sie küsste und in die Arme schloss. Es war nur ein rascher, fast brüderlicher Kuss, doch er wirbelte Sydneys Gedanken durcheinander und erinnerte sie an jene Zeiten, als solche schlichten Zärtlichkeiten ganz normal zwischen ihnen gewesen waren.
    Nun fragte sie sich, wie sie das alles für selbstverständlich halten konnte.
    Viel zu früh ließ Ethan sie los. »Sei vorsichtig.«

15.
    Aufdem Weg nach Champaign ging Sydney Ethans Kuss nicht aus dem Sinn, auch wenn es kein besonderer oder gar romantischer Kuss gewesen war.
    Warum hatte Ethan sie geküsst?
    Alles, was er in den letzten vierundzwanzig Stunden getan hatte, war berechnet gewesen, als hätte er einen seiner Einsätze geplant. Und doch hatte Sydney einen Moment lang gespürt, dass dieser Kuss ihn selbst überrascht hatte. Er hatte sich schnell wieder in der Gewalt gehabt, doch für ein paar Sekunden war ein tieferes, intensiveres Gefühl zu spüren gewesen.
    Sydney kam zu dem Schluss, dass Ethan sie allein aus einem Grund geküsst hatte: um sie abzulenken und zu verhindern, dass sie sich während der achtzig Kilometer langen Fahrt zu viele Gedanken über Timothy Mulligan machte und darüber, ob der Physikprofessor tatsächlich der Vater von Callie und Danny war.
    Ethan hatte mit seiner Taktik Erfolg gehabt.
    ***
    Die Universität von Illinois erstreckte sich über ein riesiges Gelände. Alte und neue Gebäude bildeten ein harmonisches Gesamtbild, zu dem die breiten Grünstreifen zwischen den Bauten beitrugen. Der Anblick ließ Sydney an die eigene Studienzeit denken, als ihr das Leben noch so viel einfacher erschienen war. Damals hatte sie nur ein Ziel vor Augen gehabt: ihren Abschluss in Medizin zu machen. Wer hätte gedacht, dass sie eines Tages von einem Profikiller verfolgt werden würde, während sie versuchte, den Vater zweier Ausreißer ausfindig zu machen?
    Als Sydney den Campus überquerte, ging sie noch einmal die Geschichte durch, die Ethan und sie sich als Tarnung ausgedacht hatten. Sie sollte Dr. Mulligan als Soziologiestudentin gegenübertreten, die ihre Dissertation über vermisste Kinder und die Auswirkungen dieser Traumata auf die betroffenen Familien schreiben wollte. Sie sollte vorgeben, der Dekan ihrer Fakultät – seinen Namen hatte sie aus dem Vorlesungsverzeichnis – habe Mulligan als möglichen Kandidaten vorgeschlagen, der ihr für ein Gespräch über dieses Thema zur Verfügung stünde.
    Es war eine glaubwürdige Geschichte, besonders an einer großen Uni wie dieser. Außerdem war es sehr unwahrscheinlich, dass Dr. Mulligan – langjähriger Professor am Physikalischen Institut – irgendetwas über die Soziologen wusste, geschweige denn, wer in dieser Fachrichtung zurzeit seine Doktorarbeit schrieb.
    Sydney fand ohne große Schwierigkeiten Mulligans Büro, das sich als erstaunlich aufgeräumt erwies. Doch weit und breit war niemand, der ihr sagen konnte, wo Mulligan sich derzeit aufhielt. Nachdem Sydney einige Zeit durch das Gebäude geirrt war, fand sie schließlich eine Sekretärin, die Mulligans Stundenplan durchsah und Sydney zu einem Hörsaal schickte, in dem mindestens zweihundert Studenten dicht an dicht in den Stuhlreihen saßen. Vor ihnen, auf einem niedrigen Podest, stand ein Mann in gebügelten Jeans und weißem Hemd, der mit

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