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Die letzte Schöpfung

Die letzte Schöpfung

Titel: Die letzte Schöpfung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Lewin
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viel zu jung aus, um Ärztin zu sein. Was ist Ihr Fachgebiet?«
    Sydney nahm an, dass es ein Kompliment sein sollte, so seltsam es auch klang. »Kinderheilkunde.«
    »Sind Sie neu hier?«, erkundigte er sich. »Kann mich nicht erinnern, Sie schon mal auf dem Campus gesehen zu haben.«
    Ethan hatte ihr geraten, so nahe wie möglich bei der Wahrheit zu bleiben. »Ich bin vor kurzem aus Texas hergekommen.«
    »Das erklärt den Akzent.« Er warf ihr einen prüfenden Blick zu, doch nun betrachtete er nicht nur die Kollegin, sondern musterte kritisch Sydneys Jeans und die viel zu weite Jacke. »Die Medizinische Fakultät ist ganz schön weit weg, Frau Doktor. Da haben Sie sich wohl verlaufen.«
    Da Sydney überhaupt nicht wusste, wo die Medizinische Fakultät lag, ging sie auf seine Bemerkung gar nicht erst ein. »Ich hätte ja auch vorher angerufen, aber ich habe unverhofft ein paar Stunden freibekommen, und da wollte ich sehen, ob Sie Zeit haben…«
    Mulligan zuckte die Achseln. »Na, jetzt sind Sie ja hier. Was möchten Sie denn wissen?«
    »Ich betreibe Nachforschungen über vermisste Kinder und die Auswirkungen ihres Verschwindens auf die betroffenen Familien. Wie mir gesagt wurde, könnten Sie aus Ihrer Erfahrung etwas dazu beitragen.«
    »Ich wüsste nicht, wie.«
    »Es tut mir Leid, wenn das schlimme Erinnerungen heraufbeschwört, aber ich möchte etwas über das Verschwinden Ihres Sohnes wissen.«
    Mulligan blieb abrupt stehen. »Mein Sohn?«
    »Es tut mir Leid, Dr. Mulligan. Ich weiß, wie schmerzlich das für Sie sein muss, aber…«
    »Schmerzlich? Wohl kaum.« Er runzelte die Stirn. »Ehrlich gesagt, weiß ich gar nicht, wovon Sie reden.«
    Verwirrt fuhr Sydney fort: »Ich weiß, es ist lange her…«
    »Ich weiß zwar nicht, woher Ihre Informationen stammen, Dr. Branning, aber Sie haben sich geirrt.« Mulligan trat einen Schritt zurück. »Wenn Sie mich jetzt entschuldigen, ich habe zu tun.«
    Dieses Mal eilte Sydney hinter ihm her. Die Zukunft der Kinder stand auf dem Spiel, und plötzlich wusste sie, dass sie den richtigen Mann erwischt hatte. »Bitte, Dr. Mulligan, Sie müssen mich zu Ende anhören. Sie waren schon als Student an der Universität von Massachusetts in der Forschung tätig und sind dann an eine Technische Hochschule in Kalifornien gegangen, wo Sie 1991 Ihren Doktor gemacht haben.« Als sie ihn anblickte, sah sie, dass er wütend war.
    »Offenbar wissen Sie eine Menge über mich, das Wichtigste jedoch nicht.« Mulligans Miene drückte nun unverhohlene Abneigung aus. »Mein Sohn ist deshalb nicht verschwunden, weil ich keinen Sohn habe. Und nie einen hatte.«
    Sydney starrte ihn verblüfft an.
    »Ich mag Kinder nicht einmal«, gestand er freimütig. »Sie sind eine Plage.«
    Sydney öffnete den Mund, brachte aber kein Wort hervor.
    »Ich würde vorschlagen, dass Sie Ihre Nachforschungen demnächst ein bisschen sorgfältiger betreiben.« Ohne ein weiteres Wort ging Mulligan davon.
    Sydney blieb wie angewurzelt stehen. Plötzlich kam ihr eine Idee, und wieder lief sie hinter ihm her. »Dr. Mulligan, bitte…«
    Er schüttelte den Kopf und ging weiter.
    »Nur noch eine Frage.« Sie packte seinen Arm, zwang ihn zum Anhalten und bereitete sich auf eine Reaktion vor, die gar nicht positiv ausfallen konnte.
    »Haben Sie jemals einer Samenbank gespendet?«

16.
    Danny träumte von Händen.
    Riesige Hände, die in der Dunkelheit nach ihm griffen. Wie ein Krebs krabbelte er auf seinem Bett zur Seite, erreichte die Kante, fiel und…
    Fand sich in einem Wartungsschacht wieder.
    So einer wie die Schächte auf Haven. Überall Aluminium. Es glänzte. War kalt. Keine Luft.
    Ein Schauder überlief ihn.
    Dann sah er Licht. Der Schacht mündete in einen Raum. Instinktiv wich er zurück und prallte mit dem Rücken gegen eine Wand, die einen Moment vorher noch nicht dort gewesen war.
    Danny drehte sich im Kreis. Panik überkam ihn, während er nach einem Ausgang suchte.
    Plötzlich neigte sich der Schacht, die Wände rückten enger zusammen, drängten ihn zum Licht. Aber Danny wollte nicht dahin. Nicht in dieses Zimmer. Er wusste, welche Schrecken in diesen Wänden verübt wurden, und wollte nicht hinschauen.
    Aber er hatte keine Wahl. Die Aluminiumwände zogen sich zusammen. Sie lebten, drückten ihn nach vorn, bis zum Rand, bis…
    Unter ihm lag Sean in einem weißen Bett. Schläuche kamen aus seinen Armen, seinen Beinen, seiner Brust. Mit jedem mühsamen Atemzug strömte dunkelrotes Blut heraus. Er hustete,

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