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Die letzte Wahrheit: Roman (German Edition)

Die letzte Wahrheit: Roman (German Edition)

Titel: Die letzte Wahrheit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kimberly McCreight
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Sie hatte die Tagebücher schon seit Jahren nicht mehr gesehen. » Unter ihrem Bett? «
    » Ich glaube ja. Es sind diese schwarzen Moleskin-Hefte, die du im Studium immer mit dir rumgetragen hast. Ich habe nicht darin gelesen, aber auf einem stand dein Name vorne drauf. «
    » Was wollte sie denn mit meinen Tagebüchern? « , fragte Kate.
    Vielleicht hatte Amelia aufgehört, nach ihrem Vater zu fragen, weil sie die Antworten selbst gefunden hatte. Was mochte sonst noch alles in den Tagebüchern stehen, was nicht für Amelias Augen bestimmt war? Wie Kate sich mit der Frage gequält hatte, ob sie das Kind austragen oder abtreiben sollte? Dass sie sich für ihr Kind entschieden hatte, nur um anschließend viermal an die Tür einer Abtreibungsklinik zu klopfen? Hatte Amelia die Stellen gelesen, in denen Kate kurz nach der Geburt von ihren Zweifeln geschrieben hatte, ob es die richtige Entscheidung gewesen war, nicht abzutreiben? Dabei hatten sich diese Zweifel innerhalb kürzester Zeit in Wohlgefallen aufgelöst, weil Kate völlig überwältigt gewesen war vor Liebe zu ihrer kleinen Tochter. Eine Liebe, die ihr ganzes Leben verändert hatte. Hatte Amelia überhaupt so lange weitergelesen, bis sie an diese Stelle gekommen war?
    » Ich weiß nicht, was sie damit wollte « , sagte Seth. » Aber ich weiß, dass nichts, was sie gelesen hat, etwas an ihrer Liebe zu dir hätte ändern können. Denn sie hat dich geliebt, Kate. Wirklich. «
    » Warum fühle ich mich dann so elend? «
    Seth legte eine Hand auf Kates. » Weil sie immer noch tot ist. «
    Nachdem Seth sich widerstrebend verabschiedet hatte, nahm Kate sich noch einmal Amelias Handy vor und ging ihre Kontakte durch. Auf dem Handy ihrer Tochter waren dreihundertsechsundsiebzig Namen und Telefonnummern gespeichert. Kate hatte vielleicht dreißig, vierzig Kontakte in ihrem Handy gespeichert, darunter sämtliche noch lebenden Verwandten, ihre und Amelias Ärzte und Zahnärzte und ihre letzten drei Putzfrauen. Wie war es möglich, dass Amelia so viele Leute gekannt hatte?
    Kates Blick wanderte über die Liste der ihr unbekannten Namen. Viele waren Mädchen, vielleicht sogar die meisten. Aber es gab auch eine Menge Jungennamen: Adam, Aikin, Aiden, Arden– oder war das ein Mädchenname? Kate kannte nur sehr wenige. Bennett Weiss war ein Junge, mit dem Amelia Fußball gespielt hatte, als sie noch klein genug für eine gemischte Mannschaft gewesen war. George McDonnell war ein Name, den Amelia ein- oder zweimal erwähnt hatte. Dasselbe galt für Carter Rose.
    Aber es gab so viele andere. Die meisten Nummern waren aus Brooklyn, einige aus Manhattan. Dazwischen gab es welche mit Vorwahlnummern, die Kate nicht kannte. Sie ging die Liste weiter durch auf der Suche nach Ben. Da war er: 518-555 0119.
    Kate starrte immer noch auf die Namensliste, als jemand laut ans Küchenfenster klopfte. Sie zuckte so heftig zusammen, dass sie sich das Knie am Tischbein stieß.
    » Sorry! « , rief eine Frau durch das Fenster.
    Draußen war es schon so dunkel, dass Kate nur langes Haar erkennen konnte. Die Frau zeigte auf die Küchentür, dann war sie verschwunden.
    Langsam stand Kate auf. Sie war nicht in der Stimmung, mit jemandem zu reden. Aber so bestimmt, wie die Frau auf die Tür gezeigt hatte, ließ sie sich garantiert nicht abwimmeln, indem Kate sie einfach ignorierte. Kate holte tief Luft, dann ging sie zur Tür und machte auf.
    Die Frau stand im Lichtschein der Straßenlaterne auf den Stufen, die zur Küchentür hinunterführten. Mit ihrem langen, schwarzen Haar, den großen, tiefdunklen Augen und dem zarten, blassen Gesicht war sie auffallend, beinahe irritierend schön. Sie streckte Kate eine perfekt manikürte Hand hin.
    » Tut mir leid, dass ich Sie erschreckt habe « , sagte die Frau lächelnd. Ihr Lippenstift war tiefrot und makellos. Sie zeigte zur Haustür. » Ich habe vorne geklingelt. Ich glaube übrigens, dass Ihre Klingel kaputt ist. Dann habe ich hier Licht gesehen. Und jetzt möchten Sie sicher, dass ich mich ausweise und Ihnen erkläre, was ich hier zu suchen habe. Ich bin Adele Goodwin, Vorsitzende des Elternbeirats der Grace-Hall-Schule. «
    » Guten Abend « , sagte Kate. Als sie der Frau die Hand schüttelte, fielen ihr der riesige Diamant an ihrem goldenen Ehering und das glitzernde Diamantarmband an ihrem Handgelenk auf. Adele schauderte und rieb sich die Arme. Es war der erste richtig kalte Abend des Jahres. » Entschuldigen Sie, kommen Sie doch rein « , sagte Kate

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