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Die letzten Gerechten: Roman (German Edition)

Die letzten Gerechten: Roman (German Edition)

Titel: Die letzten Gerechten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Hoffman
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Schöpfung, dem Engel Satan, eine Rippe. Und aus Satans Rippe formte er den ersten Menschen aus dem Staub der Erde. Doch Satan war verärgert darüber, dass Gott ihm im Schlaf eine Rippe entnommen hatte, ohne ihn um Erlaubnis zu bitten. Er rebellierte gegen Gott und wurde deshalb aus dem Himmel verstoßen. Aber Gott erbarmte sich der Menschheit, weil er den Menschen aus der Rippe eines so verräterischen Dieners geschaffen hatte. Und weil es Gottes Fehler gewesen war, schickte er viele Propheten hinaus, um die Menschheit vor ihrem eigenen Wesen zu bewahren, und in der Hoffnung, die guten Elemente herauszubilden, aus denen der Mensch geschaffen worden war. Schlussendlich und aus Verzweiflung sandte er seinen eigenen Sohn, um die Menschheit zu retten.« Bosco wandte sich wieder leicht zu ihm; in seinem Gesicht lag unendliches Staunen, und seine Augen füllten sich mit Tränen. »Aber sie erhängten ihn.«
    Abermals schwieg er für eine Weile. »Der Herrgott brütete tausend Jahre lang über diesen furchtbaren Verlust, so liebevoll ist unser Gott. Und in dieser ganzen Zeit dachte er über alles nach, das gut und gütig war in der Menschheit. Doch stets vernahm er nur den unerträglichen Schlagabtausch zwischen dem Gottgefälligen und jener giftigen Falschheit, die er durch seinen liebevollen, aber furchtbaren Fehler den Menschen eingepflanzt hatte.«
    Wieder folgte ein kurzes Schweigen. Bosco blickte auf die in Schwindel erregender Tiefe vor ihnen liegende Landschaft hinaus. Als er wieder zu sprechen anfing, klang seine Stimme noch sanfter und vernünftiger.
    »Das Herz eines Mannes ist nur ein kleines Organ, aber es strebt nach großen Dingen. Es ist nicht einmal groß genug, um den Hunger eines Hundes an irgendeinem Tag zu stillen, aber seinem Herzen ist nicht einmal die Welt groß genug. Nichts, das lebt, bleibt vor diesem Manne verschont. Er tötet, um sich zu ernähren, er tötet, um sich zu kleiden, er tötet, um sich zu schmücken, er tötet, um andere anzugreifen, er tötet, um sich zu verteidigen, er tötet, um das Töten zu lernen, er tötet, um sich zu belustigen, er tötet um des Tötens willen. Dem Lamm entreißt er das Gedärm, um damit seiner Harfe die schönsten Töne zu entlocken; dem Wolf nimmt er den tödlichsten Zahn, um damit seine hübschen Kunstwerke zu schmücken; dem Elefanten entreißt er den Stoßzahn, um daraus Spielzeug für seine Kinder zu schnitzen.«
    Bosco wandte sich zu Cale um, und seine Augen glänzten vor Liebe und Hoffnung wie die eines liebevollen Vaters, der sich verzweifelt bemüht, von der Person verstanden zu werden, die ihm mehr als alles andere in der Welt bedeutet.
    »Und wer wird ihn, der alles austilgt, austilgen? Du. Du bist auserwählt, die Menschheit zu vernichten. Aus der Erde wirst du einen riesigen Altar bauen, auf dem alles Leben geopfert werden muss, ohne Ende, ohne Maß, ohne Zögern, bis die Vernichtung alles Lebenden vollbracht ist, bis alles Böse ausgetilgt ist, und bis zum Tod des Todes.«
    Bosco lächelte Cale aufrichtig an.
    »Warum, so fragst du dich vielleicht, solltest du etwas so Furchtbares tun? Weil es in deinem Wesen, in deiner Natur liegt, dies zu tun. Du bist kein Mensch, du bist der Fleisch gewordene Zorn Gottes. Es ist genug Mensch in dir, um dich wünschen zu lassen, ein anderer zu sein als der, der du bist. Du sehnst dich danach zu lieben, gütig zu sein, dich barmherzig zu zeigen. Aber in deinem Herzen weißt du, dass du zu nichts dergleichen fähig bist. Darum hassen dich die Menschen, und darum werden sie dich desto mehr fürchten, je mehr du sie zu lieben suchst. Deshalb hat dich das Mädchen verraten, und deshalb wirst du immer verraten werden, solange du lebst. Du bist der Wolf, der sich selbst zu täuschen versucht, er sei ein Schaf. Woher, denkst du, stammt dein Genie, Untergang und Tod herbeizuführen? Du tötest mit derselben Leichtigkeit, mit der andere atmen. Du erscheinst in der größten Stadt der Welt, und trotz all deiner guten Absichten benötigst du nur sechs Monate, um sie in eine Ruine zu verwandeln. Du bringst nicht die Katastrophe– du bist die Katastrophe. Du bist der Schnitter, der Todesengel, und damit musst du zurechtkommen. Solltest du damit nicht zurechtkommen, wirst du dich an den Gedanken gewöhnen müssen, dein ganzes Leben lang herumzuirren, denn alle anderen werden dich verachten, und sie werden alles unternehmen, um dich zu töten, auch wenn ihnen der wahre Grund stets verborgen bleiben wird. Komm mit mir–

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