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Die Letzten ihrer Art 01 - Der letzte Elf

Die Letzten ihrer Art 01 - Der letzte Elf

Titel: Die Letzten ihrer Art 01 - Der letzte Elf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvana de Mari
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Die Vorräte, die sie mitgenommen hatten - die Reste des Festmahls auf dem Platz vor dem Waisenhaus -, waren längst aufgezehrt. Die Apfelbäume und Rebstöcke von Arstrid waren umgehauen und verbrannt worden. Blieben nur die Forellen. An dieser Stelle wimmelte der Dogon von Fischen. Ihre Schuppen schimmerten silbern durch das Wasser und Yorsch besaß einen Bogen mit einem Elfenpfeil. Niemand hatte gewagt, ihn darum zu bitten, aber irgendwann fand er selbst den Hunger dieser armen Leute, der Kinder unerträglich. Leben und Tod hängen zusammen, hatte Erbrow gesagt.
    Das Leben des einen hing vom Tod des anderen ab. Nie mehr würde er ihn das sagen hören. Nie mehr. Nie mehr würde er ihn schnarchen hören. Nie mehr würde ihn atmen sehen. Nie mehr. Nie mehr. Was auch immer er tat, diese zwei Worte hallten in ihm wider. Nie mehr. Nie mehr. Nie mehr.
    Yorsch spannte den Pfeil in seinen Bogen und zielte. Nie mehr würde er seine Stimme hören. Als Elf traf er unfehlbar sein Ziel, weil er mit dem geistigen Auge zielte, aber es plagte ihn der Wunsch, sein Ziel zu verfehlen, um nicht den Schmerz des sterbenden Fisches zu fühlen. Er schoss den Pfeil ab. Nie mehr würde er seine Flügel am Himmel sehen. Yorsch sah, wie der Pfeil den Kopf der Forelle traf, und fühlte in sich die Verzweiflung der Forelle über ihren Tod. Das stand ihm bis zum Ende des Tages noch etwa fünfzigmal bevor. Er musste neunundneunzig Menschen satt bekommen und eine Forelle reichte für einen Erwachsenen oder zwei Kinder oder drei kleine Kinder. Der Holzfäller warf sich ins Wasser, um die Forelle herauszuholen. Er und einer der beiden Bergleute waren die Einzigen, die schwimmen konnten, und sie mussten sich ablösen bei dem eisigen Geschäft, die Beute und den einzigen Pfeil, den sie besaßen, aus dem Wasser zu holen.
    Nie mehr. Nie mehr. Nie mehr. Nie mehr. Nie mehr. Nie mehr. Nie mehr. Nie mehr. Nie mehr.
    Der Holzfäller hatte den Pfeil herausgezogen und gab ihn Yorsch zurück. Der zielte wieder. Er fing noch ein paar Forellen, dann setzte sich die Menge in Bewegung. Mit abwechselnd Gehen, Fischefangen und kleinen Ruhepausen würden sie den Wasserfall erreichen. Yorsch erinnerte sich, wie er auf Erbrows Rücken darüber hingeflogen war. Nie mehr. Wieder wünschte er, weinen zu können.
     
     
    Sie gingen voran, fingen Fische, jemand fand auch ein paar Beeren. Vor Sonnenuntergang schlugen sie ihr Lager auf. Der Holzfäller schlug dicke Fichten- und Tannenzweige ab, aus denen er eine Art Hütte zusammenbaute. In den vier Ecken brannten Feuer, darauf brieten die Forellen. So ging es Tag für Tag weiter, und das merkwürdige Gefühl stellte sich ein, die Zeit und ihr Leben seien irgendwie aufgehoben, in einer Warteschleife.
    Yorsch erinnerte sich, wie er diesen Weg zum ersten Mal zurückgelegt hatte. Das war im Boot gewesen, auf dem Rücken liegend, mit zwei wundervollen Menschen, die sich sogar die Mühe machten, ihre Räucherforellen nicht vor seinen Augen zu essen, und er hatte Säcke voller Bohnen und Mais, um sich den Bauch damit vollzuschlagen. An Land war der Weg weiter, steiniger, beschwerlicher, den Hunger noch nicht mitgerechnet. All das war aber noch nichts im Vergleich zu der Wunde, die er im Herzen trug, diese zwei Worte »nie mehr«, die bei jedem Atemzug dröhnend in seinem Kopf widerhallten, und doch war da dieser unglaubliche, unverhoffte Reichtum - Robi, die neben ihm ging.
    Sie mussten vorankommen. Der Herbst war schon weit fortgeschritten. Jeden Tag konnte der erste Schnee fallen und das würde alles noch schwieriger machen.
    Manchmal war der Weg bequem und sie konnten am Ufer an schmalen Stränden entlanggehen, andere Male wieder mussten sie steile, glitschige Felsen hinaufklettern, wo sie auf dem Moos ausrutschten, oder, wenn das Ufer nicht begehbar war, lange Umwege durch den Wald machen und dabei stets darauf achten, sich nicht zu weit vom Wasser zu entfernen, um nicht vom Weg abzukommen und die Orientierung zu verlieren.
    Plötzlich tat sich der Wasserfall vor ihnen auf. Oder eigentlich nicht plötzlich, denn das Tosen des Wassers hatte ihn schon angekündigt, aber der Anblick war doch wirklich überwältigend, schwindelerregend. Das Wasser fiel enorm tief hinunter und das Licht brach sich in regenbogenfarbigen Schleiern über der Wasserwand. Dahinter dehnte sich das Meer. Der Horizont berührte den Himmel in einer einzigen, gleichförmigen Linie, von nichts unterbrochen als einer winzigen Insel, auf der ein wilder

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