Die Letzten ihrer Art 01 - Der letzte Elf
unseren Kopf zurück, weil nämlich alles, was außerhalb des Kopfes ist, auch im Kopf drin ist, und umgekehrt, alles, was im Kopf ist, ist auch außen!«
Der Kleine hatte es satt, von allen verleumdet zu werden, und dass alle ihm und seinem Geschlecht alles mögliche Böse andichteten. Nein, das hatte jetzt endlich gesagt werden müssen!
Der Jäger war ausnahmsweise einmal sprachlos.
Auch die beiden Riesen waren sprachlos.
Sie sahen den Jäger an, dann den Kleinen, dann wieder den Jäger, dann wieder den Kleinen, schließlich wieder den Jäger.
»Beachtlich, deine Verteidigungswaffe«, sagte der größere der zwei Riesen zum Jäger. »Büßt du eine Schuld aus deinem früheren Leben, oder gibt es sonst einen Grund, warum du mit einem Elfen herumziehst?«
Die beiden Menschen schienen wirklich fassungslos.
»Ich muss meinen Vater verkauft haben«, bestätigte der Jäger.
»Troll fressen Elf«, brummte der Troll und kam näher.
Der Hund winselte immer ängstlicher, tapfer flocht er jedoch auch ein Knurren in sein Gewinsel ein.
»Du kannst ihn nicht fressen. Er ist noch ein Junges«, sagte der Jäger.
»Ein Kind«, sagte die Frau.
»Ein Unlängstgeborener«, berichtigte der Kleine automatisch.
»Troll fressen Elf«, wiederholte der Troll hartnäckig.
Der Kleine brach in Gelächter aus.
»Ja sicher, mit Rosmarin. Das nennt man ›Ironie‹!«, jauchzte der Kleine in siegesgewissem Einverständnis.
Der Troll war wie vom Donner gerührt. Er starrte in das lächelnde Gesicht des kleinen Elfen, wie er einen fliegenden Esel oder den Mond angestarrt hätte, wenn er zum Ballspielen auf die Erde gekommen wäre.
Auch die beiden Menschen standen reglos da und mussten sich einen Ruck geben, dass sie nicht vergaßen, Luft zu holen.
Der Kleine war näher zu dem Troll hingegangen. Das riesige Gesicht war vollkommen ausdruckslos, wie die Maske eines steinernen Götzenbildes. Der Kleine war so sehr daran gewöhnt, gerunzelte Stirnen, verärgerte oder sorgenvolle Gesichter vor sich zu sehen, dass diese steinerne Ausdruckslosigkeit geradezu beruhigend für ihn war.
Die Haut des Trolls bestand aus Schuppen wie bei den Eidechsen, was nette Tierchen sind, die der Elf vor allem deswegen besonders gern mochte, weil sie im Sonnenlicht leben, und die Sonne ist schön. Auch das Gesicht des Trolls erinnerte sehr an Eidechsen und außerdem schillerte seine Haut wie die der Eidechsen in Grün und Violett, und das waren die Lieblingsfarben des kleinen Elfen, weil es die Farben der Vorhänge bei Großmutter gewesen waren, als es den Elfen noch gestattet war, Vorhänge zu haben.
Die großen Hauer, die aus dem Unterkiefer des Trolls vorsprangen und nach oben wuchsen, glänzten wie Halbmonde und beunruhigten den Kleinen nicht im Mindesten; in der Überzeugung, dass alle Werkzeuge zum Beißen und Kauen sich im Inneren des Mundes befänden und nicht außerhalb, betrachtete er sie als Zierrat, vielleicht dienten sie zum Stapeln von Brezeln, sei es, um entsprechende Vorräte mitzuführen, sei es in der lustigeren Funktion als Zapfen in einem Spiel, bei dem man mit Brezeln werfen und das Ziel treffen musste.
Dieser Gedanke erfüllte ihn mit Heiterkeit. Die Heiterkeit war wie kochendes Wasser in einem Topf, sie sprudelte über und teilte sich auch den anderen mit.
»Wie schön du bist«, sagte der kleine Elf zum Troll. Seine Stimme klang jauchzend und dadurch irgendwie verträumt. Zärtlichkeit und Fröhlichkeit schwangen darin mit und die Heiterkeit fand bei den Zuhörern ihr Echo.
Allen Anwesenden teilte sich ein Moment der Freude mit, des Glaubens an das Leben, das eine so schöne Kreatur wie den Troll hervorgebracht hatte.
»Wie groß du bist! Du bist der erste Troll, den ich sehe, weißt du! Du bist... beeindruckend. Das hat Großmutter mir nicht gesagt, dass ein Troll so schön sein kann...«
»Sch…sch…ö…ö…n?« Der Troll erholte sich langsam von dem Donnerschlag.
Er hielt geradezu die Luft an. Einen Moment lang schien es, als wolle er den Gesichtsausdruck verändern, oder genauer gesagt, einen annehmen.
»Ja, schön. Auch Großmutter hatte nie einen gesehen, einen Troll, meine ich. Was hat Großmutter noch gesagt? Dass der erste Troll, den man trifft, auch der letzte ist. Wer weiß, was das heißen soll: Bestimmt, dass es nicht so viele Trolle gibt, und wenn man daher in seinem Leben einen zu Gesicht bekommt, ist es schon viel! Also ist es ein Glück, einen Troll zu sehen! Wie glücklich ich bin. GLÜCKLICH. Und nicht
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