Die letzten ihrer Art
wollte, und ging anschließend sehr friedvoll dazu über, mir Sorgen wegen meiner Stiefel zu machen.
Vor dem Schlafengehen hatte Mark mir geraten, nach dem Aufstehen zuerst mal meine Stiefel umzudrehen und auszuschütteln.
Ich fragte ihn, weshalb.
»Skorpione«, erwiderte er. »Gute Nacht.«
Früh am nächsten Morgen erwarteten uns Murara und Serundori vor der Hütte, streichelten ihre Gewehre und Macheten und trugen dabei einen bedeutungsvollen Blick zur Schau, bei dem wir uns nicht sicher waren, ob er uns gefiel. Immerhin hatten sie gute Nachrichten für uns. Da Gorillas nicht dazu neigen, ihre persönlichen Verpflichtungen wegen zu Besuch kommender entfernter Verwandter umzustoßen, begegnete man ihnen manchmal erst nach einem achtstündigen Fußmarsch von der Wildhüterhütte aus. An diesem Tag allerdings, so die gute Nachricht, waren sie nur ungefähr eine Stunde von uns entfernt, also stand uns ein geruhsamer Tag bevor. Wir sammelten unseren Gorilla-Beobachtungs- Kram zusammen, ließen den Drachen, den Dickens und unsere Blitzleuchten wohlbedacht zurück, weil wir davon ausgingen, daß diese Dinge die Gorillas in unterschiedlichem Maße verärgern würden, wünschten Helmut und Kurt, die uns bei der Expedition begleiteten, einen guten Morgen und machten uns gemeinsam auf die Suche nach den Gorillas. Im dunstigen Morgenlicht ragte vor uns der Buckel des Mikeno-Vulkans auf.
Der Wald, in den wir eintauchten, war dicht und feucht, und darüber beschwerte ich mich bei Mark.
Er setzte mir auseinander, daß Gorillas gern in Gebirgsregenwäldern oder Wolkenwäldern leben. Und die befinden sich dreitausend Meter über dem Meeresspiegel, über der Wolkengrenze und sind ständig klamm. Ständig tropft Wasser von den Bäumen.
»Das ist etwas anderes als der primäre Regenwald im Flachland«, sagte Mark. »Eher ein sekundärer Regenwald, der entsteht, wenn ein ursprünglicher Regenwald abbrennt oder abgeholzt wird.«
»Ich dachte immer, das Hauptproblem bei den Regenwäldern wäre, daß sie nicht nachwachsen, wenn man sie abholzt«, sagte ich.
»Es entsteht kein neuer primärer Regenwald. Na, vielleicht doch, das weiß man nicht. Vielleicht nach Hunderten oder Tausenden von Jahren. Jedenfalls dauert es bedeutend länger, als unsere bisherigen Aufzeichnungen zurückreichen. Und der ursprüngliche Wildbestand wird bis dahin mit Sicherheit ein für allemal verschwunden sein.
Primärer Regenwald ist ein unglaublich komplexes System, aber wenn man dann wirklich mittendrin steht, sieht er halb leer aus. In der Wachstumsphase entsteht ein sehr hohes, dichtes Blätterdach, weil alle Bäume miteinander um das Sonnenlicht wetteifern. Da aber nur sehr wenig Licht durch dieses Dach dringt, hält sich das Pflanzenwachstum am Boden in Grenzen. Dafür entsteht das komplexeste ökologische System der Welt, das nur dazu da ist, die von den Bäumen absorbierte Sonnenenergie über den gesamten Wald zu verteilen.
Wolkenwälder wie dieser hier sind wesentlich einfacher. Die Bäume sind viel niedriger und stehen besser verteilt, deswegen ist auch der Boden dicht bewachsen, was den Gorillas gefällt, weil sie sich gut verstecken können. Und es gibt eine Menge Futter in Reichweite.«
Für uns allerdings wurde das Durchqueren des Waldes wegen der dichten, feuchten Vegetation zu einem harten Stück Arbeit. Murara und Serundori schwangen ihre Macheten so lässig durch das nahezu undurchdringliche Unterholz, daß mir erst nach einiger Zeit aufging, daß mehr dahintersteckte als vages Herumhacken.
Macheten haben eine ganz bestimmte Form, ein bißchen wie die Silhouette einer Banane mit verdicktem Ende. Nicht nur die Neigung und der Winkel der Klinge sind überall verschieden, sie ist auch an jeder Stelle unterschiedlich gewichtet. Es war faszinierend zu beobachten, wie unsere Führer die Richtung ihrer Schläge von einem Hieb zum anderen genau der Pflanzenform anpaßten, die sie abzuschlagen versuchten – mal war es ein dicker Ast, mal waren es Nesselbänke und dann verheddert herunterhängende Kletterpflanzen. Es sah aus wie ein sehr lässiges Tennisspiel, bei dem ein äußerst geschicktes Spielerpaar auf dem Platz stand.
Der Wald war aber nicht nur dicht, sondern auch kalt, feucht und voller großer schwarzer Ameisen, die uns alle bissen – nur Helmut und Kurt nicht, die sich aus Lettland spezielle ameisensichere Socken mitgebracht hatten.
Wir beglückwünschten sie zu ihrer weisen Voraussicht, aber sie zuckten die Achseln und taten es einfach
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