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Die letzten ihrer Art

Die letzten ihrer Art

Titel: Die letzten ihrer Art Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Adams
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kaltließen.
Ich glaube, es liegt an seiner Flugunfähigkeit.
Die Vorstellung, daß dieses Lebewesen etwas aufgegeben hat, wonach sich so gut wie jeder Mensch sehnt, seit die ersten von uns nach oben gesehen haben, hat etwas Fesselndes. Andere Vögel irritieren mich vermutlich nur wegen der großspurigen Seelenruhe, mit der sie durch die Luft flitzen, als ob das gar nichts wäre.
Ich erinnerte mich, im Zoo von Sydney vor Jahren unvermittelt einem frei herumstreifenden Emu von Angesicht zu Angesicht gegenübergestanden zu haben. Man wird ausdrücklich gewarnt, nicht zu dicht an sie heranzugehen, weil sie ziemlich rabiat werden können, aber als ich ihn ansah, fand ich seinen zornigen, starren Gesichtsausdruck absolut herzzerreißend. Weil man nämlich, wenn man einem Emu erst mal ins Gesicht gesehen hat, plötzlich begreift, was es für dieses Lebewesen bedeutet, all die Nachteile mit sich herumzuschleppen, die das Vogeldasein so mit sich bringt – eine lachhafte Körperhaltung, ein hoffnungslos schmuddeliges, sinnloses Federkleid und zwei unbrauchbare Gliedmaßen, ohne dabei jemals das tun zu können, wozu Vögel eigentlich in der Lage sein sollten, nämlich zu fliegen. Damit wird einem schlagartig klar, daß der Vogel vor lauter Wut völlig ausgerastet sein muß.
Ich möchte an dieser Stelle kurz abschweifen, um eine kaum bekannte Tatsache anzuführen: Der Strauß ist, erstaunlich, aber wahr, eines der gefährlichsten afrikanischen Tiere. Nur dringen von Straußen verursachte Todesfälle nicht so recht ins öffentliche Bewußtsein, weil sie in der Regel so entsetzlich würdelos sind. Strauße beißen nicht, weil sie keine Zähne haben. Sie reißen einen nicht in Stücke, weil sie keine Vorderläufe mit Krallen haben. Nein, Strauße treten einen tot. Und wer wollte ihnen daraus schon einen Strick drehen?
Der Kakapo jedoch ist kein wütender oder gewalttätiger Vogel. Er geht seinen verschrobenen Eigenheiten eher gewissenhaft und im stillen nach. Wenn man Leute, die mit Kakapos gearbeitet haben, bittet, sie zu beschreiben, verwenden sie in der Regel Begriffe wie »unschuldig« und »würdevoll«, sogar wenn der Kakapo in diesem Augenblick hilflos aus einem Baum stürzt. Und das finde ich ungeheuer anziehend. Ich fragte Dobby, ob sie den Kakapos auf der Insel Namen gegeben hätten, und er zählte sofort vier davon auf: Matthäus, Lukas, Johannes und Schnark. Recht passende Namen für eine Bande würdevoll behämmerter Vögel.
Fehlt nur noch ein weiterer Gesichtspunkt: Nicht nur, daß der Kakapo etwas aufgegeben hat, was wir alle uns so sehnlich wünschen, macht ihn so unwiderstehlich, sondern auch, daß er damit einen gräßlichen Fehler begangen hat. Er ist ein Vogel, der einem ans Herz wachsen kann. Mir lag wirklich viel daran, einen zu finden.
Während der nächsten zwei oder drei Tage wurde ich zunehmend mürrischer, denn während wir im Regen über endlose Hügelketten zottelten, wurde uns klar, daß wir auf Little Barrier Island keinen Kakapo finden würden. Wir blieben stehen, um Kakas, langschweifige Kuckucke und gelbäugige Pinguine zu bewundern. Wir fotografierten unzählige gescheckte Krähenscharben. In einer Nacht sahen wir einen Eulenschwalm, eine Eulenart, die ihren neuseeländischen Namen »Morepork« dem Umstand verdankt, daß sie ununterbrochen nach zusätzlichem Schweinefleisch schreit. Aber wir wußten, daß wir nach Codfish Island mußten, wenn wir einen Kakapo finden wollten. Und dazu würden wir Arab, den freischaffenden Kakapo-Spurenleser, und den Kakapo-Spürhund des freischaffenden Kakapo-Spurenlesers brauchen.
Nichts deutete darauf hin, daß wir sie auch bekommen sollten. Also flogen wir nach Wellington und bliesen ein bißchen Trübsal.
Wir konnten das Dilemma nachvollziehen, in dem die Leute vom Department of Conservation steckten. Für sie war einerseits der Schutz der Kakapos von übergeordneter Bedeutung, was bedeutete, daß jeder, der nicht lebenswichtig für das Projekt war, von Codfish Island ferngehalten werden mußte. Andererseits stiegen die Chancen, mehr Mittel zum Schutz des Vogels aufzutreiben, je mehr Leute von ihm wußten. Während wir mit unserem Schicksal haderten, wurden wir überraschend gebeten, eine Pressekonferenz über unser Vorhaben abzuhalten, und nahmen das Angebot mit Freuden an. Wir sprachen ernst und freundlich mit der Presse über das Projekt. Wir erklärten ihnen, hier hätten wir einen Vogel, der auf seine Art genauso ungewöhnlich und einzigartig sei wie das

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