Die letzten ihrer Art
Wildhüterhäuschen.
»Jetzt, da Neuseeland mit Räubern aller Art übersät ist«, sagte Mark, »sind Inseln der letzte mögliche Zufluchtsort für die Kakapos – beziehungsweise geschützte Inseln neben diesen Inseln. Stewart Island im Süden, wo es immer noch ein paar Kakapos gibt, ist mittlerweile besiedelt und nicht mal mehr annähernd sicher. Alle Kakapos, die man dort findet, werden eingefangen und nach Codfish Island geflogen, der nächstgelegenen Insel. Dort werden sie beobachtet und geschützt. Und zwar so gut geschützt, daß ich momentan erhebliche Zweifel habe, ob man uns überhaupt erlauben wird, hinzufliegen. Offenbar gibt es beim DOC einen ziemlichen Aufruhr wegen...«
»DOC?«
»Dem New Zealand Department of Conservation. Sie sind sich nicht einig, ob sie uns auf die Insel lassen sollen. Einerseits meinen sie zwar, wir könnten dem Projekt durch eine gewisse Publicity nützen, aber andererseits meinen sie, daß die Vögel um gar keinen Preis gestört werden sollten. Es gibt überhaupt nur einen einzigen Menschen, der uns helfen könnte, den Vogel zu finden, und der will überhaupt nichts mit uns zu tun haben.«
»Wer ist das?«
»Ein freischaffender Kakapo-Spurenleser namens Arab.« »Aha.«
»Er hat einen Kakapo-Spürhund.«
»Hmm. Klingt, als ob wir genau den Typ Helfer brauchten. Gibt es denn für einen freischaffenden Kakapo-Spurenleser viel zu tun? Ich meine, so viele Kakapos sind doch eigentlich nicht mehr aufzuspüren, oder?«
»Vierzig. Insgesamt gibt es drei oder vier Kakapo-Spurenleser ...«
»Und drei oder vier Kakapo-Spürhunde?«
»Genau. Die Hunde sind speziell darauf abgerichtet, die Kakapos zu wittern. Sie tragen Maulkörbe, damit sie den Vögeln nichts tun können. Man hat sie eingesetzt, um die Kakapos auf Stewart Island einzufangen, damit sie mit dem Hubschrauber nach Codfish Island geflogen oder hierher, nach Little Barrier Island, weitertransportiert werden können. War das erste Mal seit Jahrtausenden, vielleicht sogar Jahrmillionen, daß irgendein Vertreter dieser Art geflogen ist.«
»Und was macht ein Kakapo-Spurenleser, wenn keine Kakapos aufgespürt werden müssen?«
»Er bringt Katzen um.«
»Aus Frustration?«
»Nein. Auf Codfish Island gab es eine regelrechte Wildkatzenplage. Mit anderen Worten, Katzen, die in die Wildnis zurückgekehrt sind.«
»Ich dachte immer, das sei eine künstliche Unterscheidung. Ich dachte, alle Katzen wären Wildkatzen. Sie verhalten sich nur zahm, wenn sie glauben, daß dabei eine milchgefüllte Untertasse für sie rausspringt. Auf Codfish Island bringen sie also Katzen um?«
»Sie haben sie umgebracht. Stück für Stück. Alle Opossums und Wiesel. Im großen und ganzen alles, was sich bewegt hat und kein Vogel war. Das ist nicht besonders nett, aber so sah die Insel nun mal ursprünglich aus, und nur so können die Kakapos überleben – in genau der Umgebung, die Neuseeland vor dem Eintreffen des Menschen war. Ohne Räuber. Hier auf Little Barrier Island haben sie das gleiche gemacht.«
Was in diesem Augenblick passierte, verblüffte mich einigermaßen, bis mir aufging, daß mir genau das gleiche an diesem Tag schon einmal passiert war, nur daß ich es in meinem benebelten, zeitverschobenen Zustand völlig vergessen hatte.
Vom Strand aus waren wir durch dichtes Unterholz, über schlechte, matschige Wege und an ein paar Feldern voller Schafe vorbeigestapft und plötzlich in einem Garten gelandet. Und zwar nicht in einem einfachen Garten, sondern in einem akribisch gemähten und manikürten Garten mit makellosen Blumenbeeten, penibel gestutzten Bäumchen und Büschen, Steingärten und einer kleinen, über einen ebenfalls kleinen Fluß führenden, schmucken Brücke. Es war, als betrete man einen leicht provinziellen Garten Eden, als hätte Gott am achten Tag plötzlich doch wieder losgelegt und begonnen, Rasenmäher, Heckenscheren und diese Dinger zu erfinden, deren Name mir nie einfällt, die aber im wesentlichen aus elektrisch angetriebenen Fäden bestehen.
Und da war auch Mike, die Frau des Wildhüters, und betrat den Rasen mit einem Tablett voller Teeutensilien, über das ich mit freudigen Ausrufen und großem Hallo herfiel.
Mark hatte ich inzwischen verloren. Er stand nur einen knappen Meter von mir entfernt, war aber in eine Volltrance gefallen, deren Untersuchung ich nach kurzem Überlegen auf später verschob, weil ich zuerst unbedingt dem Tee zu Leibe rücken wollte. Mark schien sich die Vögel anzusehen, von denen es in diesem Garten
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