Die letzten ihrer Art
waren.
Der Wald war gammlig. Was heißen soll, daß er so feucht war, daß jeder umgestürzte Baum, über den wir klettern mußten, unter unseren Füßen zersplitterte und daß alle Äste, an denen wir uns festhielten, wenn wir keinen Stand mehr fanden, in unseren Händen abbrachen. Wir rutschten und schlitterten geräuschvoll durch den Matsch und das durchweichte Unterholz, während Arab uns mühelos und nur dank seiner blaukarierten Jacke zwischen den Bäumen erkennbar vorausstolzierte. Boss bewegte sich in einer chaotischen Umlaufbahn um ihn herum und war, außer als gelegentlich durch das Unterholz aufblitzender schwarzer Schatten, so gut wie nie zu sehen.
Dafür war er aber jederzeit zu hören. Arab hatte eine kleine Glocke an seinem Halsband befestigt, die so hell durch die klare feuchte Luft bimmelte, als albere ein unsichtbarer, geistesgestörter Nikolaus durch den Wald. Dank der Glocke war Arab ständig im Bild darüber, wo Boss herumschnüffelte und was er gerade veranstaltete. Ein aufgeregtes, von Stille gefolgtes Dauerbimmeln konnte darauf hindeuten, daß er einen Kakapo gefunden hatte und ihn nun in Schach hielt. Jedesmal, wenn die Glocke verstummte, hielten wir den Atem an, aber jedesmal hob das Geklingel wieder an, wenn Boss einen neuen Weg fand, auf dem er durch das Unterholz schnüffeln konnte. Hin und wieder bimmelte die Glocke lauter und deutlicher, und Arab rief Boss mit einem kurzen Befehl zu sich zurück. Daraufhin entstand dann eine kurze Unterbrechung, die Mark, Gaynor und ich in einem Fall nutzen konnten, um zu den beiden aufzuschließen.
Wir kamen atemlos und naß aus dem Wald auf eine kleine Lichtung getaumelt, wo wir Arab neben Boss hocken und ein kleines Moospolster in den Hohlraum der Glocke drücken sahen, um den Klang etwas zu dämpfen. Er schielte mit seinem trägen, schüchternen Grinsen hoch und erklärte uns, die Glocke dürfe nicht zu laut sein, weil sie die Kakapos sonst nur verscheuchen würde – falls überhaupt welche in diesem Gebiet seien.
Ob er glaube, daß welche in der Nähe seien, fragte Mark. »Oh, in der Nähe sind sie ganz bestimmt«, sagte Arab und fuhr sich mit den Fingern durch den klatschnassen Bart, um sie vom Matsch zu säubern, »zumindest waren sie heute hier in der Gegend. Gibt eine Menge Fährten. Boss wittert zwar dauernd irgendwas, aber die Witterungen verlieren sich. Hier hat's bis vor kurzem eine Menge Kakapo-Aktivität gegeben, aber eben nur bis vor kurzem. Trotzdem ist er sehr aufgeregt. Er weiß mit Sicherheit, daß sie hier irgendwo in der Nähe sind.«
Er spielte eine Zeitlang mit Boss herum und erklärte uns dann, es gebe ernstzunehmende Probleme, Hunde auf das Aufspüren von Kakapos abzurichten, weil die Kakapos, auf die man sie abrichten könne, leider sehr knapp seien. Letztlich, sagte er, laufe es darauf hinaus, die Hunde darauf abzurichten, nichts anderes aufzuspüren. Das Abrichten sei ein langer, anstrengender und für den Hund äußerst frustrierender Ausmerzungsprozeß.
Mit einem letzten Klaps ließ er Boss wieder frei, der zurück in den Busch sprang, um weiter nach Spuren des einzigen Vogels zu schnüffeln und zu stöbern, auf dessen Nichtverfolgung er nicht abgerichtet worden war. Binnen weniger Sekunden war er verschwunden, und das gedämpfte Glockengebimmel verhallte in der Ferne.
Eine Zeitlang folgten wir einem Pfad, der es uns für den Moment erlaubte, mit Arab Schritt zu halten, während er uns einiges über andere Hunde erzählte, die er als Jagdhunde abgerichtet hatte, um die Insel von Räubern zu befreien. Einen der Hunde hatte er besonders ins Herz geschlossen, nämlich ihren Spitzenjagdhund, einen unbarmherzigen Killer. Sie hatten ihn vor ein paar Jahren bis nach Round Island in der Nähe von Mauritius mitgenommen, um ihn bei einem großangelegten Programm zur Beseitigung von Hasen einzusetzen. Wie sich kurz nach der Ankunft unglücklicherweise herausstellte, hatte der Hund panische Angst vor Hasen und mußte wieder nach Hause gebracht werden.
Arab meinte, er habe den Großteil seines bisherigen Lebens auf Inseln zugebracht, und das war kein Zufall: Wegen der Anfälligkeit der ökologischen Systeme von Inseln sind zahlreiche auf Inseln lebende Arten gefährdet, und Inseln dienen zudem häufig als letzter Zufluchtsort für Tiere vom Festland. Arab hatte viele der fünfundzwanzig Kakapos, die auf Stewart Island gelebt hatten, selbst eingefangen und in schalldichten Boxen im Hubschrauber hierher, nach Codfish Island, geflogen.
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