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Die letzten Städte der Erde

Die letzten Städte der Erde

Titel: Die letzten Städte der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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sie anschaute, und ihre Augen leuchteten und waren weich. Draußen heulte noch immer der Sturm, aber die Menschen innen wärmten sich alle aneinander, während die Balken unter der Kälte hin und wieder laut knackten. Andreij erzählte von dem wilden Ritt nach Hause, von den Wölfen...
Wölfen
, denn etwas in ihm scheute davor zurück, von dem Wolf zu erzählen und dem verlorenen Pfeil. Die Augen des kleinen Iwan wurden so rund wie Knöpfe, und als Andreij zu der Stelle mit dem geschlossenen Tor kam und wie es sich geöffnet hatte, klatschten alle Kinder vor Vergnügen in die Hände, ausgenommen Iwan, der weiterhin mit runden Augen und weit offenem Mund dasaß.
    »Schäm dich!« sagte seine Großmutter und rieb das Kind an ihren mit Decken umwickelten Knien. »Du hast ihn erschreckt, Andreij.«

    »Ich habe keine Angst!« rief das Kind und machte sich frei, um einen Bogenschuß nachzuahmen. »Wenn ich groß bin, werde ich ein Jäger außerhalb der Mauern, wie Andreij.«
    »Was, kein Zimmermann?« fragte sein Großvater. »Nein, ich werde
tapfer
sein«, sagte der kleine Junge, und plötzlich war Schweigen im Raum, ein Schmerz, eine Einsamkeit, die Andreij bis ins Herz spürte – der letzte der Gorodins, der einzige Jäger dieses Hauses, und ein Gast, der hier durch die alte Freundschaft von Elterngenerationen lebte. Nie hatte er vorgehabt, eines Sohnes Herz zu stehlen. Da knackte ein Balken sehr laut, und vom Dach fielen ein paar Eiszapfen herab, und alle lachten über die Stille, um sie zu verscheuchen.
    »Das wirst du werden«, sagte Ilja, streckte die Hand aus und zerzauste dem kleinen Jungen das Haar. »Tapferer als ich. Ich werde dir einen Wolf schnitzen, wie würde dir das gefallen?«
    Die Augen des Kindes tanzten, und rasch lief er davon und hängte sich an Iljas Knie und schaute zu, wie Iljas flinke Klinge duftende Holzkringel von dem Kiefernstück schälte... Ilja, der Annas Gegenstück war, schön wie eine Frau, dessen zierliche Hände ebenfalls keine Begabung für die Arbeit des Vaters hatten, aber die aus Holz Schönheit machten, unnachahmlich in ganz Moskva. Andreij sah zu wie das Kind, und mit erstaunlicher Schnelligkeit nahm das Holz die schreckliche Gestalt eines Wolfes an. »Ich erinnere mich an Wölfe«, hob Großvater Orlow an zu erzählen, und die kindlichen Augen wurden wieder abgelenkt, wanderten zwischen Iljas Fingern und dem Gesicht des alten Mannes hin und her und zeigten einen Ausdruck reizenden Erschreckens.
    Andreij hielt Annas Hand fest und zog sie an sich, ein Bündel aus Pelzen und Röcken neben dem prasselnden Feuer. Er lauschte dieser Erzählung, die er schon früher gehört hatte, und Großvater Orlows Stimme wirkte wie aus der Ferne. Er beobachtete, wie Iljas rasiermesserscharfe Klinge im Licht des Feuers blitzte, und wie der Wolf immer deutlicher aus dem Holz hervor in Erscheinung trat. Er hörte den Schnee fallen; nie zuvor hatte er das wirklich
gehört
; Stille war dazu erforderlich und das Gefühl von der Nacht draußen, wie die Flocken in einer immer dichteren Schicht sich auf dem Dach niederließen, ähnlich einem Schwarm von Gänsen, und ihre Stimmen stiegen auf gegen den Wind und entflohen hinaus in die Kälte.
    Sie alle redeten an diesem Abend von Wölfen, und Andreij hörte nicht mit ganzem Herzen zu und zitterte jetzt auch nicht. Er blickte schließlich wieder auf, als die Geschichten zu Ende waren, und sah, wie Ilja dem jungen Iwan den Wolf überreichte, während sich die anderen Kinder eifersüchtig um ihn drängten, ein lärmender Auflauf, worauf sie rasch ins Bett geschickt wurden, mit Decken überhäufte Lager im hintersten Zimmer des oberen Stockwerks, in die Behaglichkeit tiefer Matratzen und geschützt vor dem Rütteln und Seufzen des Windes an den Fensterläden.
    »Gute Nacht«, wünschte Andreij Mutter Katja und Vater Iwan, und »Gute Nacht« wünschte er auch Anna mit einem Kuß; dann suchten er und Ilja ebenfalls ihr Zimmer im oberen Stockwerk auf, legten sich zusammen nieder, wie sie es schon immer getan hatten, seit sie kleine Jungen wie Iwan gewesen waren, tief eingekuschelt zwischen Haufen von Steppdecken und weichen Matratzen.
    »Ich hatte Angst«, gestand er Ilja, als sie schon einige Zeit Seite an Seite dalagen in der Dunkelheit. »Ich hätte es dem Jungen sagen sollen.«
    »Jungen werden erwachsen«, meinte Ilja. »Und sie werden dabei klüger. Trifft das nicht auf uns alle zu?«
    Andreij dachte darüber nach und blieb wach, starrte an die Balken und

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