Die Liebe Und Wie Sich Leidenschaft Erklaert
Liebesforschern der Welt inzwischen legendär ist.
Der Versuch sieht folgendermaßen aus: Eine hübsche Mitarbeiterin der Forscher begibt sich in den Park, ausgerüstet mit einem belanglosen Fragebogen. Einmal stellt sich die Frau auf die wacklige Hängebrücke, ein anderes Mal auf die harmlose Holzbrücke. Dort bittet sie die männlichen Passanten, den Fragebogen auszufüllen, was die meisten Männer auch bereitwillig tun. Es handele sich um ein Projekt, sagt die Frau, mit dem sie versuche herauszufinden, wie sich Naturszenarien auf die kreative Ausdruckskraft auswirken. Dann, sobald der Bogen bearbeitet ist, reißt sie die Ecke eines Stück Papiers ab, notiert ihre Telefonnummer und bietet dem Mann an, ihre Arbeit näher zu erläutern, »wenn mal mehr Zeit dazu ist«.
Das Resultat ist verblüffend: Neun von 18 Männern, die den Fragebogen auf der Hängebrücke ausgefüllt haben, rufen an. Dagegen greifen nur zwei der 16 Passanten von der Holzbrücke zum Hörer, um sich angeblich nach dem Projekt zu erkundigen.
Wie es scheint, hatte Ovid Recht. Unsere Anziehungskraft hängt nicht nur von uns ab, sondern auch von den Umständen. Von dem Ort, an dem wir uns befinden. Von der Aufregung oder der Langeweile, die diesen Ort charakterisieren. Die Männer der Hängebrücke meldeten sich immerhin viermal häufiger bei der Frau als jene der Holzbrücke.
Aber vielleicht hatte die Aufregung nur ihr Interesse an dem Arbeitsprojekt der Frau geweckt? Oder an der Wackelbrücke waren neugierigere Leute als an der stabilen? Nicht ganz, wie ein Kontrollversuch der Psychologen nahe legt: Als sie einen Mann mit einem Stapel Fragebögen in den Capilano-Park schicken, der auf den beiden Brücken die männlichen Passanten anspricht, klingelt das Telefon so gut wie gar nicht. [37]
Fazit: Die Männer der Hängebrücke hatten nicht etwa eine plötzliche Faszination für das Thema Kreativität entwickelt, sondern für die Frau. Aus ihrer Aufregung war Erregung geworden.
Wir verlieben uns, weil wir Herzklopfen haben
Wie lässt sich dieser Effekt erklären? Eine hohe, wacklige Hängebrücke bedeutet für unser Gehirn: »Achtung, Gefahr!« Auf einer niedrigen, festen Holzbrücke kann man es sich leisten, geistesabwesend und entspannt vor sich hinzudämmern. Auf einer schmalen, schwankenden Hängebrücke jedoch nicht.
Das Gehirn reagiert auf die Gefahr und setzt den Körper in Alarmbereitschaft. Es sendet ein Warnsignal an die Nebennieren. Diese kapuzenförmigen Drüsen liegen oben auf den Nieren. In kleinen Bläschen speichern sie Adrenalin (aus dem Lateinischen: »ad« = zu + »renes« = Nieren). Auf Kommando des Nervensystems schütten die Bläschen das Aufputschhormon aus, und innerhalb von Millisekunden werden die Kräfte des Körpers mobilisiert.
Das Hirn registriert, wie sich der Körper aufregt, und versucht, sich einen Reim aus der Erregung zu machen. Es fahndet nach einem Grund. Und findet zwei Möglichkeiten: Die Brücke. Oder die Frau.
In dieser verwirrenden Lage kann es leicht zu Fehlinterpretationen kommen, und das Gehirn entscheidet sich für die falsche Ursache – die Frau. »Wenn aber diese Frau meine Knie zum Zittern bringt und mir ganz flau im Magen wird«, sagt sich das Hirn nun, »dann muss ich sie schon sehr anziehend finden!«
Die Überlegung geht also davon aus, dass körperlicher Stress unspezifisch ist und vom Gehirn erst das richtige Etikett bekommen muss, wie »Angst«, »Ärger« oder »Anziehung«. Nur trifft das Hirn mit der Wahl seiner Labels nicht immer ins Schwarze.
Wenn man diese Theorie zum ersten Mal hört, klingt sie vielleicht etwas befremdlich. Es gibt jedoch zahlreiche Versuche, die nahe legen, dass dieses Erklärungsmuster den Nagel auf den Kopf trifft.
Ein Beispiel: Lässt man Männer auf einem Laufband rennen (zwei Minuten reichen) und sie gleich im Anschluss die Videobilder von attraktiven und weniger attraktiven Frauen beurteilen, so kommt es zu einem bemerkenswerten, geradezu schizophrenen Effekt. Die Männer halten die attraktiven Frauen für noch attraktiver und die unattraktiven für noch weniger attraktiv als eine Kontrollgruppe. Es ist, als würden die bewegten Männer ihre körperliche Erregung entweder als besonders große Anziehung oder, umgekehrt, als tiefe Abneigung deuten. Ovids Tipp kann somit auch nach hinten losgehen. [38]
In einem anderen Experiment präsentierte ein Psychologe jungen Männern Dias halb nackter Schönheiten aus dem Playboy. Der Forscher hatte den
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