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Die liebe Verwandtschaft

Die liebe Verwandtschaft

Titel: Die liebe Verwandtschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ephraim Kishon
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Nacht für Nacht jeden beliebigen Geist beschworen. Dadurch wäre er innerlich so gefestigt, dass die Welt, was ihn beträfe, getrost in Trümmer gehen könnte.
    Ich erkundigte mich bei den Mitgliedern des Cercles, ob sie schon einmal einen wirklichen, lebendigen Geist gesehen hätten. Sie lächelten nachsichtig, etwa so, wie ein milder Vater seinem zurückgebliebenen Kind zulächelt. Kunstetter verdunkelte das Zimmer und bedeckte den Tisch mit einem Wachstuch, auf dem sämtliche Buchstaben des Aleph-Beths, sämtliche Ziffern von 0 bis 9, einige gebräuchliche hebräische Abkürzungen, die Worte »Ja« und »Nein« sowie ein Fragezeichen aufgemalt waren. Dann stellte er ein leeres Glas auf den Tisch und sprach:
    »Wir werden uns jetzt um den Tisch setzen und mit unseren Fingerspitzen ganz leicht das Glas berühren. Drücken ist überflüssig, denn schon nach wenigen Minuten werden wir Kontakt mit einem Geist hergestellt haben und das Glas wird sich von selbst bewegen.«
    Minutenlang saßen wir reglos im geheimnisvollen Halbdunkel. Nur die Spitzen der glimmenden Zigaretten bewegten sich wie nervöse Glühwürmer. Dann begann mein rechter Arm einzuschlafen. Ich wechselte auf den linken.
    »Nun?«, fragte ich. »Nun?«
    Ein vielfaches »Pst!« zischte mich nieder und die Kontaktsuche ging weiter.
    Eine Viertelstunde später, als meine Nerven das Schweigen nicht länger ertrugen, kam mir ein großartiger Einfall: Ich stieß mit der Spitze meines Zeigefingers ganz leicht gegen das Glas. Wunder über Wunder! Es bewegte sich.
    »Kontakt!«, verkündete Kunstetter und wandte sich an den Geist. »Sei gegrüßt in unserer Mitte, teurer Bruder. Gib uns ein Zeichen deiner Freundschaft.«
    Das Glas begann zu wandern und hielt auf einer der hebräischen Abkürzungen inne. Höchste Spannung ergriff die Runde. Auch ich fühlte einen seltsamen Druck in der Magengrube.
    »Danke, teurer Bruder«, flüsterte Kunstetter. »Und nun sage uns, wo du bist und wie du heißt.«
    Wieder rutschte das Glas auf dem Wachstuch hin und her, um von Zeit zu Zeit auf einem bestimmten Buchstaben stehenzubleiben. Eine der Spiritistinnen setzte das Ergebnis zusammen. Es lautete:
    »M-R-4-K-?-L-L-L-.«
    »Komischer Name«, bemerkte ich. Kunstetter klärte mich auf.
    »Offenbar handelt es sich um einen Spion. Spione haben immer chiffrierte Namen, damit man sie nicht erkennt.«
    Sodann nahm er das Gespräch mit dem Geist des Spions wieder auf.
    »Aus welchem Land kommst du, teurer Bruder?«
    Das Glas zögerte einen Augenblick, dann entschloss es sich zu einer Art Pendelverkehr zwischen zwei Buchstaben:
    »B-L-B-L-B-L.«
    »Der arme Kerl scheint ein Stotterer zu sein«, stellte Kunstetter fest. »Aber es ist klar, dass er aus Belgien kommt.«
    »Wieso spricht er dann Hebräisch?«, fragte ich.
    »Teurer Bruder!« Aus Kunstetters Stimme zitterte unterdrückter Ärger. »Sprichst du Hebräisch?«
    Unverzüglich sprang das Glas auf »Nein«. Es war eine sehr peinliche Situation, die Kunstetter nur dadurch zu bereinigen wusste, dass er den Geist kurzerhand entließ.
    »Danke, teurer Bruder. Komm wieder, wenn du Hebräisch sprechen kannst. In der Zwischenzeit sende uns jemand anderen.«
    Der Geist machte sich eilends davon, und die Kontaktsuche nahm ihren grimmigen Fortgang. Kunstetter fragte, mit wem wir jetzt am liebsten sprechen würden. Ich beantragte Moses, vor allem deshalb, weil er des Hebräischen mächtig war. Mein Vorschlag wurde aus Gründen der Pietät abgelehnt.
    Schließlich einigten wir uns auf Moses’ Bruder Aaron, legten unsere Finger an den Rand des Glases und warteten. Um diese Zeit war ich bereits mit den wissenschaftlichen Grundlagen des Spiritismus vertraut. Blitzartig hatte mich die Erkenntnis über kommen, dass das Glas sich nur bewegte, wenn es geschoben wurde. Warum sollte sich auch ein ganz gewöhnliches Wasserglas ohne fremde Hilfe bewegen? Ein Glas und ein Ringelspiel. Um die ganze Wahrheit zu sagen: Das Eingeständnis des Spions, dass er nicht Hebräisch spräche, war mein Werk gewesen. Und? Gibt es vielleicht ein Gesetz gegen gute Medien?
    Als ich meinen rechten Arm kaum noch spürte, erschien Aaron. Er begrüßte uns regelrecht auf der entsprechenden hebräischen Abkürzung und erklärte sich zu jeder Mitarbeit bereit.
    »Woher kommst du, teurer Bruder?«, fragte Kunstetter mit begreiflicher Erregung (sprach er doch zu einem nahen Verwandten unseres Lehrers Moses).
    Das Glas vollzog die Antwort S-I-N-A-I. Es waren erhabene

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