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Die Liebenden von Leningrad

Die Liebenden von Leningrad

Titel: Die Liebenden von Leningrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paullina Simons
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meine Ersparnisse. Die habe ich jetzt auch bei mir.«
    »Nun, dann kaufen Sie, kaufen Sie alles, was Sie können. Dosen sind besonders ...«
    Die ältere Frau schüttelte den Kopf. »Ich mag keine Dosennahrung.«
    »Nun, dann kaufen Sie eben Kaviar. Ich habe erlebt, wie eine Frau bei Elisey auf dem Newskij zehn Kilo Kaviar gekauft hat. Was macht sie mit dem ganzen Zeug? Aber es geht mich ja nichts an. Ich kaufe Öl. Und Streichhölzer.« »Kaufen Sie auch Salz«, riet ihr die ältere Frau umsichtig. »Sie können zwar Tee ohne Zucker trinken, aber Haferbrei ohne Salz können Sie nicht essen.«
    »Ich mag keinen Haferbrei«, entgegnete die jüngere Frau. »Hab ihn noch nie gemocht. Er ist so schleimig.« »Dann kaufen Sie Kaviar. Kaviar mögen Sie doch, oder?« »Nein. Vielleicht etwas Wurst«, entgegnete die junge Frau nachdenklich. »Eine schöne geräucherte kolbasa. Hören Sie, seit über zwanzig Jahren ist das Proletariat jetzt an der Macht. Ich weiß mittlerweile, was wir zu erwarten haben.«
    Die Frau vor Tatiana schnaubte so laut, dass sich die beiden Frauen vor ihr umdrehten, »Sie wissen überhaupt nicht, was Sie zu erwarten haben!«, sagte die Frau laut. »Wer hat Sie denn gefragt?«
    »Krieg, Genossinnen! Willkommen in der Wirklichkeit, die wir Hitler zu verdanken haben. Kaufen Sie sich Ihren Kaviar und Ihre Butter und essen Sie es heute Abend auf. Denken Sie an meine Worte, für Ihre zweihundert Rubel werden Sie im nächsten Januar noch nicht einmal mehr einen Laib Brot bekommen.«
    »Halten Sie doch den Mund!«
    Tatiana senkte den Kopf. Sie mochte keinen Streit, weder zu Hause in der Familie noch auf der Straße unter Fremden. Zwei Leute kamen mit Papiertüten beladen aus dem Geschäft. »Was ist da drin?«, fragte sie höflich.
    »Geräucherte kolbasa«, sagte der Mann mürrisch und eilte davon. Er machte den Eindruck, als habe er Angst, Tatiana könne hinter ihm herlaufen und ihn seiner dämlichen kolbasa berauben. Tatiana wartete weiter in der Schlange. Sie mochte überhaupt keine Wurst.
    Nach einer halben Stunde ging sie schließlich. Da sie ihren Vater nicht enttäuschen wollte, lief sie zur Bushaltestelle. Sie wollte zum Elisey am Newskij Prospekt fahren, da es dort zumindest Kaviar gab.
    Aber dann dachte sie: Kaviar? Wir müssen ihn bestimmt im Laufe der nächsten Woche aufessen. Kaviar hält doch nicht bis zum Winter. Aber war das überhaupt notwendig? Brauchten sie Essen für den Winter? Das konnte doch gar nicht sein, bis zum Winter dauerte es noch sehr lange. Die Rote Armee war unbesiegbar, das hatte Genosse Stalin selbst gesagt. Bis September würden die deutschen Schweine wieder fort sein. Als sie an der Ulitsa Saltykow-Schtschedrin um die Ecke bog, riss das Gummiband, mit dem sie ihre Haare zusammengebunden hatte.
    Die Bushaltestelle lag auf der anderen Straßenseite am Taurischen Garten. Für gewöhnlich fuhr Tatiana von hier aus mit dem Bus 136 zu ihrer Kusine Marina. Heute würde sie der Bus ii zum Elisey bringen, aber sie wusste, dass sie sich beeilen musste. So wie die Frauen geredet hatten, würde auch der Kaviar bald ausgehen.
    Direkt vor sich erspähte Tatiana auf einmal einen Kiosk, der Eis verkaufte.
    Eiscreme!
    Ein Mann saß auf einem Hocker unter einem kleinen Sonnenschirm und las die Zeitung. Tatiana beschleunigte ihre Schritte.
    Hinter sich hörte sie Motorengeräusche. Sie drehte sich um und sah in einiger Entfernung ihren Bus kommen. Wenn sie rannte, konnte sie ihn leicht erreichen. Sie schickte sich an, die Straße zu überqueren, doch dann blickte sie zum Kiosk hinüber, schaute erneut dem Bus entgegen und dann noch einmal zum Kiosk hinüber. Schließlich blieb sie stehen. Tatiana wollte wirklich gern ein Eis.
    Sie biss sich auf die Lippen und ließ den Bus vorbeifahren. Ist schon in Ordnung, dachte sie. Der nächste kommt ja bald, und in der Zwischenzeit kann ich an der Bushaltestelle sitzen und mein Eis essen.
    Sie trat zu dem Kiosk und fragte eifrig: »Hier gibt's doch Eis, oder?«
    »Hier steht Eis - oder etwa nicht? Und ich sitze schließlich hier. Was willst du?« Der Mann hob den Blick von seiner Zeitung und sein Gesichtsausdruck wurde freundlicher, als er Tatiana sah. »Was möchtest du denn, Liebes?«
    »Haben Sie ...« Sie zitterte ein wenig. »Haben Sie Karamell?« »Ja.« Er öffnete die Tiefkühltruhe. »Eine Waffel oder einen Becher?«
    »Eine Waffel, bitte«, erwiderte Tatiana aufgeregt. Überglücklich reichte sie ihm das Geld, sie hätte ihm auch die

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