Die Liebesgöttin in Höchstform (German Edition)
Wildbahn. Wenn sie gesättigt zurückkam, sah die Welt sicher wieder anders aus. Die Tigerin verwandelte sich für einige unkalkulierbare Zeit in ein Schmusekätzchen, zog die spitzen Krallen ein und schnurrte zur Abwechslung.
Dies waren definitiv die schönsten Momente, um die es bei dem Spielchen wirklich ging. Bis zum nächsten Ausfallversuch der Raubkatze.
Wort- und grußlos verließ Amanda an diesem Morgen das gemeinsame Hotelzimmer.
Jetzt saß sie hier und sah zu, wie das bunte Leben auf der kleinen Piazza vor dem Pantheon allmählich an Fahrt aufnahm.
Sie rührte ein wenig Zucker in ihren Espresso. Ich wollte, ich könnte den ganzen Tag hier sitzen und den Leuten zusehen, wie sie leben und lieben und flirten und streiten.
Das Buttercroissant war natürlich viel zu fett und kalorienhaltig, um als gesundes Vollwertfrühstück zu gelten. Na und, was machte das schon, es schmeckte köstlich!
Daheim auf der Inselfinca gab es solche Genüsse höchst selten. Außerdem hatte Peter erst gestern betont, wie gut ihm die beiden zusätzlichen Kilos gefielen, die Amanda sich in Paris zugelegt hatte.
»He, die kommen sofort runter, sobald ich wieder auf Teneriffa bin und normal arbeite und lebe, mein Lieber!«
»Mein Schatz, das wäre unklug. Wir Männer lieben Kurven!«
Voller Genuss biss Amanda in ihr Croissant, es war frisch und locker und zerging auf der Zunge. Ein fast schon erotisches Erlebnis. Es wäre ein Frevel, diesen Genuss durch eine banale Unterhaltung zu stören. Sogar ihr Handy hatte sie ausgeschaltet. Dermaßen heilig waren ihr diese Momente.
Aus solchen in der Erinnerung abgespeicherten Momentaufnahmen konnte eine Künstlerseele oft ewig schöpfen, immer wieder. Oder wenigstens bis zum Ende eines – dieses gegenwärtigen – Lebens.
Eine ewige Endlichkeit – gibt es so etwas?
Amandas Gedanken schweiften ab, wanderten weiter zu Rosalie: Ob die alte Dame den Umzug von Paris nach Rom schon hinter sich hat? Und ist der ersehnte Urenkel bereits geboren?
Ich muss sie unbedingt besuchen, ehe ich abreise. Der »Schwarze Magier«, von dem sie gesprochen hat, geht mir nicht mehr aus dem Kopf. Ebenso wenig die Marmorskulptur mit dem Titel »Liebesgöttin auf Abwegen«, die Rosalie in Trance gesehen haben will.
Bin tatsächlich ich selbst diese Liebesgöttin?
Habe ich einst diese Skulptur erschaffen, nach meinem eigenen Abbild? Oder meinen eigenen Wunschvorstellungen von mir selbst?
Ich muss Rosalie dazu bringen, tiefer zu schürfen, wenn sie mir nächstes Mal die Karten legt.
Wer ist der Schwarze Magier? Was hat er mit mir zu tun? Kenne ich ihn bereits, oder wird er mir bald begegnen?
Zum Teufel auch, ich kann mich nicht mehr an die Einzelheiten erinnern, die Rosalie an jenem Nachmittag in ihrer Pariser Wohnung aufgetischt hat.
Es schien alles so … unwirklich, ungreifbar, irgendwie glaubte ich ihr tief im Innern wohl nicht.
Und jetzt quälen mich diese Träume und mit ihnen die Erinnerungen, die eigentlich gar keine sind. Seit Tagen geht das jetzt schon wieder so … der arme Peter! Da hat er endlich mal Urlaub vom Fliegen, und dann muss ich ihm alles verderben mit meinen Launen.
Dabei gibt er sich solche Mühe: die besten Restaurants, Geschenke, Blumen, Parfüm, Champagner, heiße Liebesnächte!
Wieso geht mir das alles zunehmend auf die Nerven?
In den ersten Tagen konnte ich doch gar nicht genug kriegen davon. Ich war unersättlich, und jetzt scheine ich dafür nur noch gelangweilt zu sein.
Schwarzer Magier – wo steckst du? Erlöse mich.
1
P eter traf sich mit Karel und Dominique zum Frühstück und zur Lagebesprechung an der Hotelbar, der Einfachheit halber. Das Trio war mittlerweile an dieses Ritual gewöhnt, spätestens seit den gemeinsamen »Arbeitstagen« in Rio de Janeiro.
Die Zusammenarbeit klappte überraschend gut, was eigentlich ein kleines Wunder darstellte. Immerhin war jeder von ihnen ein ausgeprägter Individualist. Aber vielleicht lag es gerade daran: Die Artikelserie reizte sie alle drei gleichermaßen, wenn auch auf völlig unterschiedliche Weise.
Jeder von ihnen hatte natürlich seine eigenen Motive, bei der Sache mitzuwirken. Vom Geld einmal abgesehen.
Allerdings schien ausgerechnet der vierten im Bunde, und dummerweise auch noch Hauptperson, derzeit jegliche Motivation völlig abzugehen.
»Amanda ist momentan gereizt. Sie braucht eine Pause. All die Nächte mit zu wenig Schlaf, der Alkohol, die Partys …«
»… ja, und all die wilde Vögelei dabei!«, fiel
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