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Die Lieder der Erde - Cooper, E: Lieder der Erde - Songs of the Earth 1

Die Lieder der Erde - Cooper, E: Lieder der Erde - Songs of the Earth 1

Titel: Die Lieder der Erde - Cooper, E: Lieder der Erde - Songs of the Earth 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elspeth Cooper
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schärfer heraus, als er beabsichtigt hatte. »Die Verwalterin hat mich mit einem Zauberlicht gesehen, und daher konnte mich die Familie nicht mehr bei sich behalten. Da ihnen nichts Besseres eingefallen ist, haben sie mich in die Kirche gesteckt. Eine gute Wahl, nicht wahr?«
    »Wie alt warst du damals?«
    »Elf.« Mit den Fingerspitzen nahm Gair einige Käsekrümel vom Teller auf und schob sie sich in den Mund. »Auch damit habt Ihr recht gehabt.«
    »Und es ist dir gelungen, dein Geheimnis zehn weitere Jahre für dich zu behalten?«
    »Bis mich jemand beobachtet hat, als ich der Meinung war, allein zu sein. Ich glaube, es war einer der anderen Novizen. Er ist zum Ältesten Goran gelaufen, und Goran hat mich angeklagt. An jenem Abend, während des Essens, kamen die Marschälle.« Sie hatten ihn aus dem Refektorium geschleppt, vorbei an den entsetzten Gesichtern und fallen gelassenen Löffeln sämtlicher Novizen, so dass jeder sehen konnte, was für ein Wesen unter ihnen gelebt hatte. Er hatte gespürt, wie die Blicke seiner Freunde auf ihm ruhten, als er an ihnen vorbeigeschleift wurde, aber niemand hatte etwas gesagt.
    Der Kopfschmerz war schlimmer geworden. Er nagte an seinem Hirn und verhinderte, dass er klar denken konnte. »Ich glaube, den Rest kennt Ihr.«
    »Zumindest genug davon. Fühlst du dich wohl?«
    »Ich habe bloß Kopfschmerzen. Alles in Ordnung.«
    »Ist die Musik jetzt da?«
    »Nein, seit heute Morgen nicht mehr.« Er rieb sich den Nasenrücken und drückte die Finger fest gegen die Stirn. »Bei allen Heiligen, das fühlt sich wie Wespen an.«
    Alderan sah ihn finster an. »Was?«
    »Der Kopfschmerz. Er ist wie Wespen unter der Haut.«
    »Wie lange spürst du das schon?«
    »Noch nicht lange, vielleicht zehn Minuten. Warum?«
    Der ältere Mann schob seinen Teller beiseite und stand auf. »Wir müssen anderswohin gehen. Komm.«
    »Was ist los?«
    »Es geht das Gerücht um, dass Goran sich einen Hexenjäger hält«, sagte Alderan grimmig. »Ich glaube, er hat sich soeben seinen Lohn verdient.«

3
    Panik flatterte in Gairs Brust. »Ich brauche etwas zum Anziehen.«
    »Schon erledigt.« Alderan zeigte hinüber zu einem Bündel, das auf einer Bank neben dem Kamin lag. Eingewickelt in einen dicken Wintermantel fand Gair mehrere einfache Hemden, ein Paar Stiefel und ein Wams aus Schafsfell. Das alles war zwar nicht neu, aber sauber. Überdies war es seine eigene Kleidung.
    »Woher habt Ihr das?«, rief er aus. Alles war da, von der Unterwäsche bis zum Mantel. Sogar seine Stiefel.
    »Aus der Armentruhe des Kaplans. Ich bin der Meinung, der Orden schuldet dir ein wenig Milde. Ich glaube, das hier gehört dir ebenfalls.« Von der Rückenlehne seines Stuhls nahm Alderan ein breites Wehrgehänge, in dem ein Langschwert in einer einfachen Lederscheide hing. Er legte es zwischen die Teller.
    Gair ließ seine Kleidung fallen und rannte zum Tisch zurück. Das Schwert war eine schmucklose Soldatenwaffe; sie war nicht vergoldet und besaß nur knotenartige Ornamente am Griff sowie einen Mondstein, der in dessen Mitte eingelassen war. Das dunkle Ledergehänge war geschmeidig vom Gebrauch und glänzte unter der Schnalle. Von allen Dingen, die die Marschälle des Hohen Vorstehers ihm abgenommen hatten, war dies das Einzige, was er wirklich hatte zurückhaben wollen, auch wenn es genauso schäbig war wie der ganze Rest. Er fuhr mit den Fingern über den Schwertgriff. »Ich hätte es nie für möglich gehalten, dass ich das hier noch einmal wiedersehe.«
    »Ist es so wertvoll für dich?«
    »Es ist das Einzige, das wirklich mir gehört. Alles andere stammt von der Kirche.«
    »Du kannst mir später danken. Wir müssen aufbrechen.« Alderan holte Satteltaschen und Schlafsäcke aus einem Schrank und stapelte alles auf dem Boden. »Beeil dich, Leahner!«
    Gair zog das Schwert ein Stück weit aus der Scheide. Der schwere, beidseitig geschliffene Stahl glänzte unter einer dünnen Ölschicht. Er hörte wieder die harsche und bittere Stimme seines Pflegevaters. Nimm es. Vielleicht wirst du es einmal brauchen. Wenn die Göttin dir den nötigen Mut verleiht, kannst du dich hineinstürzen . Langsam schob er die Klinge wieder zurück. »Danke, Alderan. Ich weiß nicht, wie ich Euch Eure Freundlichkeit je vergelten soll.«
    Der alte Mann machte eine abwehrende Handbewegung und zuckte die Schultern. »Das ist nicht nötig. Ich konnte dich einfach nicht dort zurücklassen, und ich bin sicher, dass du dasselbe für mich tun würdest,

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