Die Lilith Verheißung: Thriller (German Edition)
sie schlief sofort ein. Als sie eine Stunde später erwachte, schien ihr Kopf zu glühen. Ihr Mund war trocken, und ihre Glieder schmerzten unerträglich. Sie hielt noch zwei Stunden durch, bisdie letzten Kinder abgeholt wurden, dann packte sie ihre Sachen, setzte die Mädchen auf ihre Kindersitze im Wagen und fuhr zu einem Arzt für Allgemeinmedizin, der gerade erst seine Praxis in der Innenstadt eröffnet hatte. Sie war Kassenpatientin und hatte keinen Termin. Fast zwei Stunden saß sie in dem überfüllten, heißen Wartezimmer. Immer wieder wurde ihr schwarz vor Augen. Aber sie riss sich zusammen. Mittlerweile schmerzte sogar ihre Haut. Der junge Arzt diagnostizierte sowohl bei ihr als auch bei den Kindern eine grippale Infektion, riet ihr zur Bettruhe und gab ihr für die Kinder eine kostenlose Probe eines neuen fiebersenkenden Mittels. Draußen wartete ihr Mann Stefan, dem sie per SMS die Situation geschildert hatte. Er begleitete sie zu ihrem Auto, küsste sie zum Abschied und riet ihr, sich schnellstmöglich ins Bett zu legen. Es war eine schnelle Verabschiedung. Er wollte noch rechtzeitig über die Grenze nach Enschede fahren. Dort spielte Enschede gegen Eindhoven, und sein holländischer Freund Claas hatte ihm Karten besorgt. Er versprach ihr, rechtzeitig nach Hause zu kommen. Schließlich müsse er ja am nächsten Morgen zur Frühschicht halbwegs ausgeschlafen sein.
Seine Frau fuhr nicht direkt in die gemeinsame Wohnung. Sie hatten am letzten Wochenende nicht eingekauft, und somit schob sie einen Zwischenstopp in einem großen Supermarkt ein. Dort fiel eines der Mädchen mit dem Kopf vornüber aus dem Einkaufswagen. Das andere bekam in der langen Schlange an der Kasse einen nicht enden wollenden Hustenanfall und drohte zu ersticken. Der alarmierte Notarzt tippte auf eine Grippe, und ein Rettungswagen fuhr die Zwillinge mitsamt der Mutter in das nächstgelegene Krankenhaus nach Gronau. Ihr Zustand verbesserte sich nach der Verabreichung einiger Medikamente leicht. So konnte sie ihr Mann, der noch die Halbzeit abgewartet hatte, schon auf dem Flur in Empfang nehmen. Zu diesem Zeitpunkt hatte Julika Krabbe 67 Menschen, davon 31 Kinder, angesteckt.
München, Deutschland, 13. 12., 18.15 Uhr
Während draußen ein Schneesturm über den großen Platz fegte und die am Fenster sitzenden und vor sich hin mampfenden Teenager nicht einmal die aufgebaute Schlittschuhbahn, die nur wenige Meter entfernt war, sehen konnten, schufteten der Türke Mehmet und sein libanesischer Freund Said in der von Hektik erfüllten Küche. Beide hatten fast eine Doppelschicht hinter sich. Und beide waren krank. Seit sie am Morgen die Nachtschicht abgelöst hatten, niesten sie um die Wette. Für den Schichtleiter war dies eigentlich ein Grund, die beiden nach Hause zu schicken. So schrieb es die Hausordnung und das Gesundheitsamt vor. Doch draußen hatte der Weihnachtsmarkt Tausende von Touristen angelockt, und die aßen nicht nur Maronen. Er konnte sich keinen Personalausfall leisten. Am Ende des Monats mussten die Zahlen stimmen.
Die kleinen Pusteln auf ihrer Brust und in ihrem Gesicht bemerkten die jungen Männer in der heißen und lauten Umgebung nicht, zumal beide mit einer veritablen Akne geschlagen waren. Die umsatzstärkste deutsche Filiale der Fast-Food-Kette befand sich am Karlsplatz in München. Sie galt als die Filiale, die europaweit die meisten Besucher zu verzeichnen hatte. An diesem Tag waren bereits mehr als 10000 Menschen hereingeströmt. Bis zum Ende ihrer Schicht hatten die beiden Jungen mehr als 150 Personen, darunter Reisegruppen aus Italien, Spanien und Frankreich, infiziert.
Düsseldorf, Deutschland, 14. 12., 16.35 Uhr
Der Pfleger Georg Arnold hatte sich auf dem Hubschrauberlandeplatz der Uniklinik in eine windgeschützte Ecke gestellt und frierend eine Zigarette geraucht. Er hatte Angst. Zum ersten Mal in seinem Leben hatte er eine solche Erkrankung gesehen. Er hatte auch erstmals Panik und Angst in den Gesichtern dersonst so abgeklärten Ärzte bemerkt. Er wollte nicht so sterben. Und auch die Geheimnistuerei auf der Station machte ihn unsicher. Vielleicht sollte hier etwas vertuscht werden. Vielleicht ein Skandal in der Pharma-Industrie? Er musste etwas tun. Durch den dichten Schnee sah er die Positionslichter eines hereinfliegenden Hubschraubers. Er zog noch einmal kräftig an seiner Zigarette und dann mailte Georg Arnold seinem Freund und Liebhaber, der in der Online-Redaktion einer Boulevardzeitung
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