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Die Lilith Verheißung: Thriller (German Edition)

Die Lilith Verheißung: Thriller (German Edition)

Titel: Die Lilith Verheißung: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Calsow
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das Gesicht. »Es ist immer dasselbe, alles folgt einer vorgegebenen Dramaturgie. Die Demokratie ist in Deutschland und erst recht im übrigen Europa zum Ritual verkommen. Die Frau dort geht, ein Mann kommt. Doch es wird sich nichts ändern. Die da«, er zeigte fast angewidert auf den Fernseher, »die da wollen nur ihre Ruhe. Sie leben den faulen Kompromiss, meist sind sie selbst lebende Kompromisse. Damit sie wiedergewählt werden, in ihren kleinen, wohligen Pöstchenhöhlen weiter vor sich hin vegetieren und ein klein wenig mitbestimmen dürfen.«
    Regina war erstaunt über diesen Ausbruch von Abfälligkeit. Sie hatte ihn bisher als optimistischen, gut gelaunten Sportler und Unternehmer erlebt.
    Prompt bemerkte er ihre Überraschung. »Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich achte unsere Demokratie, aber ist sie auch demAusnahmezustand gewachsen?« Er trank aus einer feinen Porzellantasse und fuhr dann fort. »Jemand sagte einmal, dass der Ausnahmezustand interessanter sei als der Normalfall. Das Normale beweise nichts, die Ausnahme alles. Verstehen Sie mich? Wir hatten über 60 Jahre Ruhe, aber das war reines Glück. Was ist das System in der Krise wert? Das interessiert mich, und das macht mir Sorgen.«
    Er schaute zu Regina, die stumm auf das vor ihr liegende Dossier wies. Arwed Köhn wirkte angespannt.
    »Regina, darf ich Sie bitten, noch etwas länger unser Gast zu sein? Ich muss mich noch um etwas Geschäftliches kümmern, und mein Vater schätzt die seltene Anwesenheit willkommener Gäste.« Er lächelte.
    Sie war unentschlossen, aber hier oben fühlte sie sich auf eine gewisse Weise wohl. Jan hatte sich nicht gemeldet. Seine Ex schien ihn wohl mächtig in ihren Bann gezogen zu haben.
    »Ich denke, dass ich mich an die Arbeit machen sollte. Das ist doch auch in Ihrem Sinne, oder nicht?« Sie konnte es selber kaum glauben. Sie versuchte tatsächlich, ihn anzuflirten.
    Und Arwed Köhn reagierte darauf: »Wir haben hier oben eine schöne wilde Skistrecke, als Tirolerin sind Sie doch schwierige Pisten gewohnt. Vielleicht fahren wir zwei heute Nachmittag noch mal zusammen?«
    Plötzlich musste sie wieder an Jan denken. Er hasste Skifahren, wie er immer betonte. Der Gedanke an ihn ernüchterte sie. Regina schüttelte abermals den Kopf. »Ich möchte mich auf den Weg machen, ehe es dunkel wird.«
    Jemand hinter ihr hustete. Regina drehte sich um und sah in das verschlossene Gesicht Margot Köhns. Sie stand wie aus dem Erdboden geschossen neben ihnen und deutete stumm auf den großen Fernseher. Es waren Sondernachrichten, und rechts oben stand eine Dauerüberschrift. Regina konnte es nicht glauben. Das durfte nicht wahr sein. Sie las es noch einmal und noch einmal. Es war wahr.

Bad Bentheim, Deutschland, 13. 12., 15.12 Uhr
    Julika Krabbe war mächtig sauer. Sie hatte am frühen Morgen erfahren, dass ihre Kollegin sich krankgemeldet hatte. Somit musste sie nicht nur ihre zwei eigenen Gruppen betreuen, sondern auch noch die 25 Kinder ihrer Kollegin in ihre Gruppen mit aufnehmen. Es war sehr ärgerlich. Statt einer Weihnachtsfeier hatte sie vor wenigen Tagen alle Mitarbeiter der Einrichtung nach Köln zu einem Konzert eingeladen. Prompt waren danach zwei Mitarbeiter wegen Krankheit ausgefallen. Gerade in der Vorweihnachtszeit, wo die Eltern den eigenen Stress gern auf die Kinder übertrugen und diese sich wiederum kaum bändigen ließen, waren sie unterbesetzt. Aber auch sie selbst hatte sich eine Erkältung eingefangen.
    Am Morgen, als die Eltern ihre kostbaren Sprösslinge in ihren großräumigen Autos zu der privaten Kindertagesstätte brachten, hatte sie die Mütter und Väter mit einem heftigen Husten begrüßen müssen. Auch ihre Zwillinge schienen zu leiden. Die vierjährigen Mädchen durfte sie mitnehmen, da ihr Mann, als Feuerwehrmann bei der Stadt Bad Bentheim angestellt, keine Zeit für sie hatte.
    Sie war schon jetzt erschöpft. Aber als Leiterin der Einrichtung galten für sie andere Regeln, wie sie fand. Somit war sie trotz ihrer schweren Erkältung durch den mühsamen Morgenverkehr von Gronau, einer Stadt direkt an der niederländischen Grenze, gefahren. Sie hatte hustend und mit triefender Nase den Kindern das Frühstück zubereitet und dann versucht, des Chaos in der Kita einigermaßen Herr zu werden. Nur eine Praktikantin unterstützte sie. Nach dem Mittagessen wollte sie sich auf der Couch im Besprechungsraum ein wenig hinlegen. Die Zwillinge lagen mit roten Wangen auf einer kleinen Matratze, und auch

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