Die Lilith Verheißung: Thriller (German Edition)
Berater berufen. Er sollte die verkrusteten Geheimdienststrukturen des Lands am Nil analysieren und reformieren. Ein schwieriger und undankbarer Job. Und so war er gern der Aufforderung Elijahs gefolgt, nach Tel Aviv zu kommen. Ägypten versuchte trotz aller Vorbehalte der sehr starken Opposition, den Kontakt zu dem kleinen widerspenstigen Staat Israel aufrechtzuerhalten. Al-Ali hatte das direkte und geheime Go des ägyptischen Präsidenten, mit den Israelis zusammenzuarbeiten – und eben auch mit Elijah, mit dem ihn eine Hassliebe verband. Denn Faruk war nicht nur dank seines vornehmen Äußeren anders als der grobschlächtige Israeli. Seine Denkweise und seine Arbeit waren von Stille, Präzision und Akribie geprägt. Der hagere Mann mit der Falkennase hasste nichts mehr als Hauruckaktionen ohne Rückversicherung. Gleichzeitig wusste er um die Stärken Elijahs, schätzte sein schnelles Denken und seine profunde Kenntnis des arabischen Raums, die nicht wie bei so vielen seiner israelischen Landsleute von Vorurteilen geprägt war.
Und so standen an diesem frühen Morgen ein Araber und ein Jude einträchtig am Eingang des Hangars B vor dem deutschen Pockenflugzeug.
Elijah zündete sich zum Missfallen Faruks eine Zigarette an. Er war einfach noch nicht wach. Und Kaffee schien es hier nicht zu geben.
»Das ist ein Flugplatz. Die Luft ist von Kerosinschwaden durchzogen, und du rauchst.«
Elijah grinste. »Du möchtest nur nicht mit einem Juden vor Allah treten müssen. Stimmt’s?«
Faruk schloss die Augen und erwiderte müde: »Du vergisst das Adjektiv ›blöd‹, wie ›blöder Jude‹.«
»Faruk, dir fehlt die Liebe. Du musst eine Frau finden, die dich der Sünde wieder zuführt. Du bist so, wie soll ich sagen, trocken wie Pessachbrot.«
Al-Ali hatte viel Geduld mit seinem israelischen Kollegen,aber Frotzeleien dieser Art konnte der distinguierte Araber am frühen Morgen kaum ertragen.
»Deine Allegorien waren auch schon mal besser. Deinen Sinn für Sprache scheint der Alkohol weggeschwemmt zu haben. Trink besser mehr Tee. Also, magst du mir etwas über eure Terrorgruppe erzählen?«
Elijah zog lange an seiner Zigarette. »Großer Scheiß, es ist natürlich Unsinn, dass eine jüdische Terrorgruppe gegen deutsche Zivilisten vorgeht. Hier interessieren sich nur Politiker und sehr alte Menschen für Rache an den Deutschen. Das Thema hat bei uns kaum noch Relevanz. Einzig an den Gedenktagen kommt es noch mal hoch. Das sind Trittbrettfahrer, keine Frage.« Er schnippte den noch glühenden Stummel in eine vom Öl buntschimmernde Wasserlache. Zischend wurde die Glut gelöscht.
Faruk sah ihn an. »Und was ist mit den Pocken? Ich bin, was das Thema Viren angeht, nicht besonders bewandert. Auch wenn ihr uns, wie auch Saddam und überhaupt jedem Araber, immer böse Biowaffenproduktionen unterstellt habt. Meine Leute in Deutschland sagen, dass Spuren nach Ness Ziona führen?«
Der Araber spielte auf das mikrobiologische Forschungszentrum südlich von Tel Aviv an. Dort sollte Israel, den Gerüchten nach, sein geheimes Biowaffenlabor betreiben. Das Zentrum war mystischer Mittelpunkt aller Internet-Verschwörungstheoretiker weltweit. Und mit dem Bekennerbrief war es in jedem Artikel und Beitrag über die Hintergründe des Anschlags in Deutschland zu finden. Ob Ethno-Bomben, die nur Araber töten konnten, oder das Schweinegrippe-Virus – all das sollte dort in unterirdischen Labors entwickelt und eingesetzt worden sein.
Elijah stöhnte auf. »Weißt du was, mein arabischer Freund? Ehe ich jetzt lautstark dementiere, fahren wir dorthin. Bis dahin frische ich deine Kenntnisse über Biowaffen auf.«
Sie rannten durch den Regen zu Elijahs Auto, das rechts von dem großen Hangartor stand.
Während Elijah seine Jacke über den Kopf zog, spannte Faruk einen kleinen Taschenschirm auf und wartete auf der Beifahrerseite,bis Elijah ihm von innen die Tür gegen die Beine stieß. Sie fuhren erst westwärts auf der A1, ehe sie nach Süden auf die völlig verstopfte A4 bogen. Eigentlich war es eine Fahrt von maximal einer halben Stunde, doch der Dauerregen, der seit Tagen vom Mittelmeer auf das kleine Land hereinströmte, sowie das nahende Lichterfest sorgten für einen Dauerstau auf den wenigen, aber gut ausgebauten Autobahnen des Landes.
Die Israelis lernen schon früh, dass Regen kein Grund zum Jammern, sondern zur Freude ist. Landwirtschaft, die Hauptzutat im Gründungskuchen der Kibbuz-Erfinder, beinhaltet immer die Sehnsucht
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