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Die Liste der vergessenen Wünsche: Roman (German Edition)

Die Liste der vergessenen Wünsche: Roman (German Edition)

Titel: Die Liste der vergessenen Wünsche: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Gold
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kleines Mädchen war und getröstet werden musste, weil sie hingefallen war.
    »Du ahnst nicht, wie sehr ich dich liebe«, flüsterte Libby und wischte sich rasch eine Träne weg.

2
    Als sie ihr barbierosa Kinderzimmer betrat, stieß sie einen unwilligen Seufzer aus und stellte ihren Koffer ab. Ihr fiel auf, dass sich der Raum, abgesehen von einem nagelneuen Fitnessfahrrad in der Ecke, nicht verändert zu haben schien, seit sie nach Boston an die Uni gegangen war. Ihre komplette Sammlung von »Sweet Valley High«-Bänden lag als säuberlicher Stapel im Bücherregal, neben ihren Medaillen fürs Stabdrehen, und die kristallene Taschentuchbox stand auch an ihrem angestammten Ort auf dem Nachttisch. Und mitten auf ihrem Bett, an ein paar Rüschenkissen gelehnt, saß Natalie Marissa, ihre geliebte Puppe aus der Cabbage-Patch-Kids-Kollektion. Auch Natalie Marissa sah aus, als hätte es das Leben nicht allzu gut mit ihr gemeint – müde und ramponiert –, genauso wie Clara sich fühlte und vermutlich auch aussah (mit dem Unterschied, dass Claras Kopf glücklicherweise nicht lose herunterhing, weil er ihr aus Versehen einmal von einem übereifrigen Pfadfinder abgerissen worden war).
    Ihrem natürlichen Instinkt folgend, nahm Clara Natalie Marissa hoch und drückte sie liebevoll an sich. »Hallo, altes Haus. Lange nicht gesehen. Wie lief’s so?«, erkundigte sie sich. Erst dann dämmerte ihr, dass sie gerade einem leblosen Ding mit einem katastrophalen orangen Irokesen eine ernsthafte Frage gestellt hatte. »Oh, Mann«, murmelte Clara, setzte Natalie Marissa schnell zurück aufs Bett und fragte sich, ob sie vielleicht doch ein bisschen näher am sprichwörtlichen Abgrund stand, als sie gedacht hatte. »Ist nicht böse gemeint«, sagte sie entschuldigend zu ihrer Puppe. »Oh, Gott, jetzt mache ich’s schon wieder.«
    Clara hängte wahllos ein paar Kleidungsstücke aus ihrem Koffer in den Schrank, das Kleid, das sie bei der großen Thanksgiving-Feier tragen wollte, mit eingeschlossen, und stopfte noch ein paar andere Dinge in eine leere Kommodenschublade. Dann schlenderte sie ins Bad, das ihr Zimmer mit Leos verband. Nachdem sie sich eine Handvoll Wasser ins Gesicht gespritzt hatte, fiel ihr Blick auf die elektronische Waage, und sie entschloss sich, einfach so zum Spaß, einmal draufzusteigen. Sie sah zu, wie die roten Ziffern ihren wilden kleinen Tanz aufführten, bis sie schließlich bei zweiundfünfzig Kilo innehielten, genau wie es »die menschliche Waage« vorhergesagt hatte. Clara war schockiert.
    Mit ihren gut eins zweiundsiebzig und gesegnet mit einem Stoffwechsel, für den die meisten Menschen töten würden, war sie immer rank und schlank gewesen, und ihr Gewicht hatte meist zwischen einundsechzig und zweiundsechzig Kilo gelegen – auch wenn Clara nicht der Typ war, der besonders viel Wert auf diese genetische Disposition legte, die sie offenbar von ihrem verstorbenen Vater geerbt hatte. Clara hatte oft gewitzelt, sie könne essen wie ein großer, bulliger Türsteher namens Biff, ohne auch nur ein Gramm zuzunehmen. Aber wenn sie darüber nachdachte, hatten ihre Hosen in letzter Zeit um die Taille tatsächlich ein bisschen lockerer gesessen als gewöhnlich. Aber Clara hatte einfach den Gürtel ein paar Löcher enger geschnallt. Nie wäre ihr in den Sinn gekommen, dass sie knapp zehn Kilo verloren haben könnte. Vielleicht hatte Tabitha – die eigentlich ihre Trauzeugin hätte sein sollen und von der sie sich in letzter Zeit mehr und mehr entfernt hatte – doch recht. Vielleicht hatte sie wirklich aufgehört, auf sich zu achten, seit »dem Verlust«, wie Tabitha behutsam formuliert hatte. Vielleicht hätte sie Tabitha daraufhin nicht so anschnauzen und sie auch nicht eine »streitsüchtige Hexe, die sich in Dinge einmischt, die sie nichts angehen« nennen sollen – ein Schlag in die Magengrube, denn Clara wusste genau, dass ihre beste Freundin, oder besser gesagt womöglich ihre ehemalige beste Freundin, es hasste, dass sie denselben Namen hatte wie die klugscheißernde, nasewackelnde kleine Hexentochter aus der Fernsehserie »Verliebt in eine Hexe«.
    Clara wollte sich gerade nach unten schleppen, um Libby und Leo auf einen Schlummertrunk zu treffen, als ihr Blick auf eine in leicht zerfleddertes braunes Packpapier eingewickelte quadratische Schachtel fiel, die auf ihrer Kommode stand, gleich neben dem Foto von Patrick Swayze in einer ziemlich versonnenen Pose aus »Dirty Dancing«. Es fiel ihr schwer, sich

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