Die Löwin aus Cinque Terre: Laura Gottbergs dritter Fall
Baumann.
«Genau!»
«Sag schon! Ich höre.»
«Eine Frau Dr. Denner hat vor fünf Minuten hier angerufen und gesagt, dass ihr Au-pair-Mädchen verschwunden sei. Seit gestern Nachmittag. Sie hätte heute Morgen die Kinder in die Schule und den Kindergarten bringen sollen, war aber nicht da. Hat auch die Nacht nicht in ihrem Zimmer verbracht. Das Mädchen hat sich bisher nicht gemeldet, und sie macht sich inzwischen große Sorgen.»
«Wie heißt das Mädchen?»
«Valeria Cabun. Eine Italienerin.»
«Was sagst du? Italienerin?»
«Ja … ist das so ungewöhnlich?»
«Nein, nein …» Kommissar Baumann waren die Worte seiner Vorgesetzten eingefallen, ihre Erschütterung angesichts der toten jungen Frau.
Zerstreut dankte Baumann seinem Kollegen, ließ sich die Adresse der Denners geben und machte sich auf den Weg in Laura Gottbergs Büro. Sie hatte sich erfolgreich geweigert, ein Großraumbüro mit ihm, der Sekretärin Claudia und ein paar Kollegen der Mordkommission zu teilen. Hinter der Milchglasscheibe ihrer Tür brannte noch Licht.
Baumann klopfte.
«Ja?»
«Sieht so aus, als hätten wir sie identifiziert!», sagte er beim Eintreten.
«So?» Laura Gottberg nahm die Lesebrille ab, die sie auf der Nasenspitze trug. Offensichtlich hatte sie nicht genau zugehört, denn ihre Augen wirkten abwesend.
«Ich hasse diesen Papierkrieg!», sagte sie. «Ich kämpfe gerade mit der schriftlichen Stellungnahme zum Mord im Eurocity. Der Prozess fängt in zwei Wochen an, und ich hab erst die Hälfte geschafft. Der Staatsanwalt ruft jeden zweiten Tag an, und der Rechtsanwalt ist noch schlimmer.»
«Aber wir haben doch damals wie immer ein Protokoll gemacht.»
«Das hat ihnen nicht gereicht. Sie wollen mehr wissen. Offensichtlich haben sie irgendwie gemerkt, dass wir ein paar Sachen ausgelassen haben.»
«Kriegst du’s hin?»
«Ich hoffe!» Vorsichtig massierte sie ihre Schläfen, fuhr dann auf. «Was! Schon fast halb sechs. Ich wollte heute früher gehen!» Laura klappte den Ordner zu, der vor ihr auf dem Schreibtisch lag, warf einen Blick in ihren Terminkalender, seufzte erleichtert und ließ sich in den Sessel zurücksinken. «Alles in Ordnung. Sofia und Luca werden nicht vor neun zu Hause sein. Er spielt Handball, sie hat Theatergruppe.»
«Also, wenn ich dir so Tag für Tag zusehe, dann muss ich mir gut überlegen, ob ich Kinder möchte!», murmelte Baumann. «Kannst du eigentlich irgendwann einfach nur an dich selbst denken? Also zum Beispiel: Was für ein wunderbarer Abend, die Sonne scheint. Ich treffe mich heute mit Freunden im Biergarten …?»
Laura Gottberg sah ihn nachdenklich an, faltete ihre Hände, legte das Kinn auf die Fingerspitzen und sagte: «Manchmal. Aber Kinder sind trotzdem besser als Biergarten, auch wenn du es nicht glaubst! Was willst du eigentlich?»
Baumann zuckte die Achseln. «Ich sagte es bereits. Könnte sein, dass wir die junge Frau identifiziert haben. Die von letzter Nacht.»
«Was?» Laura sprang auf.
«Ja! Und du hattest Recht, sie ist Italienerin. Vorausgesetzt, es handelt sich bei der Vermissten um die Person, die wir gefunden haben.»
«Sag mir, was du weißt, Peter.»
Kommissar Baumann runzelte die Stirn und wiederholte, was der Kollege vom Vermisstendezernat gesagt hatte.
«Hast du die Adresse dieser Leute?», fragte Laura.
Er nickte.
«Na, dann lass uns hinfahren.»
«Jetzt sofort? Reicht das nicht morgen früh? Ich meine, die junge Frau ist tot, und diese Frau Dr. Denner hat angeblich gesagt, dass ihr Au-pair bei einem Freund übernachten könnte … Man wüsste das nicht so genau. Vielleicht handelt es sich um eine ganz andere Person …»
«Sag mal, hast du sie noch alle? Vielleicht war das gar kein Selbstmord. Hast du nicht gehört, was Andreas rausgefunden hat?»
«Nein, ich war unterwegs, und er hat mir keinen Bericht auf den Schreibtisch gelegt.»
«Habt ihr Streit?»
«Was hat das mit dem Bericht zu tun?»
«Na, wenn ihr im Clinch liegt, klappt eure Zusammenarbeit immer ziemlich schlecht.»
Peter Baumann presste die Lippen zusammen, richtete die Augen zur Decke.
«Total genervt, was? Stimmt irgendwas nicht?» Laura musterte ihn prüfend.
«Ich hatte was vor, und das war mir wichtig. Aber in diesem Scheißjob kann man sich sein Privatleben abschminken, weil sich andauernd irgendwelche rücksichtsvollen Zeitgenossen gegenseitig umbringen oder aus dem Fenster stürzen.»
«Oh!», sagte Laura.
«Ja, oh!», wiederholte Baumann. «Lass uns
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