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Die Loge der Nacht

Die Loge der Nacht

Titel: Die Loge der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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ist!«
    Landru musterte sie eine Weile abwesend stumm. Den Gedanken an den Kelch hatte er nicht aufgegeben, nur auf ein Wartegleis geschoben, von wo er ihn jederzeit wieder öffnen und beleben konnte.
    Den Gral vor Mißbrauch schützen ...
    Vorbereitungen treffen, die Betrügerin zu betrügen ...
    Die Weichen stellen, damit Creannas Tochter nie geboren werden kann ... und so auch nicht den Korridor von Uruk öffnen würde, um die Versöh-nung der Ur-Lilith mit Gott gelingen zu lassen ...
    Schließlich sagte er: »Gut. Ich werde mit dir gehen. Wir können sofort aufbrechen, unter der Bedingung, daß du mir unterwegs jedes Jota deines hiesigen Wirkens preisgibst und ich auch alles darüber erfahre, wie es zuging, daß ... Satan dir dein Kind stahl.«
    Beth nickte bereitwillig, ehe sie mit Nachdruck erklärte: »Vielleicht sollte ich dich warnen. Ich nenne ihn nicht nur so, er ist der Satan! Dessen bin ich mir nach all den Jahren und zwei Begegnungen sicher! Und vor einer Woche hatte ich kurz das Gefühl, als sollte es zu einer dritten Begegnung kommen. Er war mir - und dir - schon sehr nah. Aber dann machte er kehrt und ließ uns ziehen. Warum, weiß ich nicht, aber vielleicht .«
    »Vielleicht?«
    »War er der Überzeugung, daß ich mich deiner ohnehin und in seinem Sinn annehmen würde.«
    »Fast hättest du es getan.«
    »Was macht dich sicher, daß ich es nicht erneut versuchen werde?«
    »Sicher?« Sein Lächeln verbog das Kreuz auf der Wange, das nicht sie, sondern die Kraft ihm zugefügt hatte, die in den Kirchenmauern über ihn hereingebrochen war. »Sicher bin ich mir noch längst nicht. Wie gelang es dir eigentlich, mich solange vor den Gefahren der Kirche zu schützen, bis es dir gefiel, mich in ihren Gewalten braten zu lassen?«
    Auch auf Beth' strahlenden Zügen entstand jetzt ein Lächeln, das keines war.
    »Gehorcht dir die Zeit, läßt sich vieles nach deinem Gusto formen«, sagte sie. »Es war nur eine Frage der Balance. Deinen Zeitablauf rührte ich nicht an. Aber die Kirche und alles, was sich darin aufhielt, entrückte ich dir, solange es nötig war, für den Bruchteil einer Sekunde. So mußte sie wie tot auf dich wirken. Bis ich sie auf deinen Stand zurückholte.«
    Landru dachte darüber nach. Dann schüttelte er den Kopf. »Laß uns aufbrechen.« Sein Blick ruckte zu Eucharius, und auf seinen Wink hin löste sich die Dienerkreatur hinkend von der Hauswand.
    Sie sah erbärmlich aus. Jedes Härchen am Körper war verbrannt, auch die Haut selbst. Nicht nur von Feuer, sondern auch von jenen Gluten, die Beth entfesselt hatte.
    Ein solcher Diener war nur noch Ballast, denn die Gabe, seinen geschundenen Leib zu regenerieren, war ihm nicht gegeben. Nur im Durst war er einem Kelchgetauften gleichgestellt .
    »Komm her!« sagte Landru und trat ihm zugleich entgegen.
    »Meister?«
    Landrus Worte waren ein Urteil, und sie zeichneten auch sofort ein Gemälde aus Schmerz auf das entstellte Gesicht des Untoten: »Ich habe keine Verwendung mehr für dich.«
    Beth trat interessiert zu ihnen.
    »Aber ich will dich nicht ganz und gar fallenlassen, nur freigeben«, fuhr Landru fort, ohne sich seiner eigenen Beweggründe für die Gnade, die er Eucharius anbot, vollends bewußt zu sein.
    Niemand hätte besser vorhersagen können als Landru, welchem Wahnsinn eine Dienerkreatur anheimfiel, sobald sie der Nähe ihres Herrn dauerhaft beraubt wurde.
    Und so versenkte er sich in die flackernden Gedanken seines Dieners, schnitt schon jetzt das unsichtbare Band durch, das Diener und Herrn miteinander verband.
    Eucharius' Blick hatte sich nicht merklich verändert, als er sich grußlos von Landru abwandte und die Straße hinunterstapfte.
    »Das hätte ich nicht gedacht«, sagte Beth.
    »Was?«
    »Daß du ihn schonen würdest. Wohin wird er gehen?«
    Landru zuckte die Achseln. Er schritt hinter Eucharius her, aber nicht, um ihm zu folgen, sondern um ihn bald zu überholen.
    Hinter sich hörte er die Schritte einer unmöglichen Frau, die ir-gendwann ihr Versprechen einlöste und zu erzählen begann
    *
    Das Gewissen ist die Wunde,
    die nie heilt
    und an der keiner stirbt.
    Hebbel
    Beth 1618/19
    Flucht und Niederkunft
    Mein Amsterdam, wie ich es in Wochen kennenlernte, bleibt hinter mir zurück. Hinter Deichen, von Menschenhand erbaut, um dem Meer eine Handvoll Land mit jedem Schlag erschöpfter Herzen abzuringen.
    Ein unbedeutender Kampf, verglichen mit dem, der von den allermeisten Menschen unbemerkt geschlagen wird und aus dem

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