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Die Loge der Nacht

Die Loge der Nacht

Titel: Die Loge der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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sie Tag für Tag als Verlierer hervorgehen. Der Mensch, scheint es, merkt nicht, wie fremdbestimmt er ist - welch ein Spielball in den Händen wahrhaft Mächtiger.
    Ich habe sie kennengelernt. In Amsterdam. In dem Bordell, in dem ich eine Zeitlang Zuflucht fand.
    Und wenn ich's recht bedenke, stehe ich wohl irgendwo zwischen diesen blutdürstenden Unsterblichen und ihren Opfern, deren warmes Blut für jeden Vampir ein Born nie versiegender Vitalität und immerwährender Jugend ist .
    Meine Nacht ist anderer Natur.
    Und auch mein Durst.
    Nie rann ein Tropfen Blut durch meine Kehle - zumindest erinnere ich mich dessen nicht.
    Aber ich stehle.
    Ich bin eine Diebin, die es auf die Jahre anderer abgesehen hat -und sie ihnen mit einem einzigen Gedanken zu entreißen vermag.
    Ich gebiete über die Zeit.
    Ihre und meine.
    Nur einen Vampir, so habe ich es in der Herengracht 13 von Amsterdam erlebt, ficht solche Magie nicht an. Weil er keine eigene Zeit in seinem Körper trägt. Sein Leben, so wirklich es scheint, ist auf den Leben anderer aufgebaut. Auf dem Zauber, den das Elixier in ihren Adern enthält. Deshalb stehlen sie es. Ohne je darin innehalten zu können - glaube ich.
    Wie sollte ich es genau wissen? Ich begegnete ihnen erst einmal -und doch war es ein Scheidepunkt meines eigenen Lebens.
    Ein Geist, der niemals Ruhe finden wird.
    Ein Geist ohne Erinnerung.
    Eine Verlorene.
    Wie verloren, ahne ich noch nicht, als Amsterdam hinter mir entschwindet.
    Anfangs hinterlasse ich Fußstapfen im Schnee. Doch bald schon besitze ich Pferd und Wagen, eine Kutsche, die mich geschwind durch die winterliche Landschaft trägt.
    Ich fühle mich stark wie selten. Den Rest bewirkt die Angst, die mir trotz dieser Stärke im Nacken sitzt. Und die Trauer. Ja, ein wenig Trauer mischt sich als Wermutstropfen in die Erleichterung, entkommen zu sein.
    Ich habe Dianne auf dem Gewissen.
    Noch gestern hätte ich gezweifelt, ein Gewissen zu besitzen.
    Gestern ist Dianne auch noch ein wunderschöne, taufrische Blume gewesen. Eine Geliebte, die mir beigebracht hat, was Frau und Frau einander schenken können.
    Ich habe es ihr schlecht gelohnt.
    Durch mich welkte die schöne Blume lange vor ihrer Zeit - und mit ihr alle, die den Vampiren zu Willen waren. Camille, die ande-ren Huren, unsere Gäste .
    Ich weidete sie alle aus, ließ die Federn, die ihre Lebensuhren in Gang hielten, erlahmen. Nicht ich selbst tat dies, sondern mein Instinkt, der mich schützen wollte, denn zu diesem Zeitpunkt war ich selbst schon so gut wie tot. Aufgespießt von den Klauen einer Vampirin, die gerade ihre Zähne in meinen Hals schlagen wollte!
    Der einzige Weg, es zu verhindern, war, die Zeit anzuhalten. So schien es mir zumindest, angesichts der wie eingefroren stehenden Gestalten.
    In Wahrheit war es aber wohl meine Zeit, die ich beschleunigte. Ich bewegte mich plötzlich tausendmal schneller als Freund und Feind!
    Und so entkam ich.
    Entkomme ich noch, denn während meiner Flucht entdeckte ich, wie ich das Rasen der Zeit auch auf meine unmittelbare Umgebung ausdehnen kann. Und seither fliege ich im Hufschlag dahin. Meine Reise muß Stürme entfesseln, für jene fühlbar, die mich weder kommen noch gehen sehen, weil ihr Blick mich nicht festhalten kann.
    Nicht einmal als spukhaften Schemen.
    *
    Morlaix erinnert an einen gigantischen Adlerhorst, und als ich das Dorf aus der Ferne sehe, denke ich tatsächlich, daß nur Geschöpfe, die des Fliegens mächtig sind, es erbaut haben können, so unzugänglich klebt es dort an der Steilküste inmitten bretonischer Einsamkeit.
    Aber im Näherkommen entdecke ich dann doch die schmalen Pfade und in den Fels gehauenen Stufen, die sich wie das Skelett einer Schlange hinauf zu den kleinen Häusern winden. Die Kutsche opfere ich der Brandung, die sich tosend bedankt, dann setze ich meinen Weg zu Fuß fort, das treue Pferd am Zügel hinter mir her führend.
    Eine unglaublich weite Reise habe ich zurückgelegt. Von Amster-dam bis ins Frankenreich.
    Ich weiß nicht, ob für die Welt Wochen und für mich nur Tage vergangen waren, seit ich den Ungeheuern im Bordell entfloh - oder ob es sich umgekehrt verhält. Ob die Flucht mich Wochen gekostet hatte, die Welt aber nur ein paar Wimpernschläge .
    Aber als ich hier ankomme, ist mir alles fremd. Und am meisten fremd bin ich mir selbst.
    Die Reise, so flüchtig sie auch in meiner Wahrnehmung haftet, hat mich Kraft gekostet. Beinahe alles, was ich an »Proviant« mit auf den Weg nehmen konnte

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